Darüber hinaus nimmt der Energiebedarf pro Person immer weiter zu. Speziell in Zeiten der Globalisierung, in denen der Wunsch nach mehr Mobilität die Kilometerleistung der Fahrzeuge in die Höhe treibt und den Bewegungsradius jedes Einzelnen erweitert, wird immer mehr Energie von jeder Person benötigt. Weltweit schreitet die Industrialisierung immer weiter voran. Die Milliardenbevölkerung Indiens und Chinas fordert ebenso ihr Recht auf mehr Mobilität ein wie die Bewohner der Industriestaaten. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der Amerikaner und Europäer für sich in Anspruch nehmen, frei und unabhängig zu sein, steht auch jedem anderen Erdbewohner das Recht auf Mobilität und damit auf ein Fortbewegungsmittel seiner Wahl inklusive der benötigten Energie zu.
Aktuelle Lage:
· Der gesamte Verkehrssektor (inkl. Gütertransport, Flugzeug- und Schiffsverkehr) verbraucht fast die Hälfte des weltweit geförderten Erdöls; Tendenz steigend.
· Die Gesamtzahl aller Kraftfahrzeuge weltweit wird sich voraussichtlich von derzeit über 900 Mio. bis zum Jahr 2030 mehr als verdoppeln (BRD, 2009: 49,6 Mio. Kfz).
· Die globale Autoflotte wächst doppelt so schnell wie die Weltbevölkerung.
Diese alarmierenden Zahlen belegen den unweigerlichen weiteren Anstieg des weltweiten Energiebedarfes. Im Jahr 2030 wird er voraussichtlich um 50 % über dem Wert von 2007 liegen. Noch ist es zwar so, dass ein Inder im Durchschnitt nur ein Zehntel der CO 2-Emissionen eines Deutschen verursacht. Mit fortschreitender Industrialisierung und Mobilität wird die persönliche Bilanz aber bald auch dort auf westlichem Niveau angekommen sein.
Diesem Trend wirkt – zumindest teilweise – die technische Weiterentwicklung entgegen. Indem die Wirkungsgrade der Energieverbraucher verbessert werden, können beträchtliche Energiemengen eingespart werden. Hier anzusetzen ist ein lohnenswertes Unterfangen, da die Gesamteffizienz im Energiesektor noch nicht sonderlich hoch liegt. Weltweit gehen rund neun von zehn Kohlen ungenutzt zum Schornstein hinaus. In Deutschland ist die Effizienz zwar etwas höher, aber auch hier gehen sieben von zehn Litern Öl in Form von heißer Luft verloren.
ABB. 3: FRÜHESTE GEWÖHNUNG ANS AUTOMOBIL
Aber trotz Wirkungsgradanhebungen steigt der Gesamtenergiebedarf weltweit drastisch weiter an. Über die vergangenen Jahre gesehen hat sich der gesamte Mineralölverbrauch seit 1960
· in den USA mehr als verdoppelt,
· in Europa mehr als vervierfacht,
· im pazifischen Raum versechsfacht.
Dabei gibt es ein krasses Missverhältnis zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern bezüglich des Energieverbrauches und des Anteils der Weltbevölkerung (s. Abb. 4).
Die westliche Welt verbraucht mehr als die Hälfte der weltweiten Energievorkommen, obwohl sie lediglich ein Siebtel der Weltbevölkerung stellt. In den USA leben lediglich fünf Prozent der Weltbevölkerung. Diese konsumieren aber rund 26 % des gesamten Rohöls. Beim gesamten Energieverbrauch sind die USA ebenfalls mit 21,4 % führend. Auf Platz 2 steht mit 15,6 % mittlerweile China.
Es stellt sich daher die entscheidende Frage, wie heute und auch in den kommenden Jahren der Weltenergiebedarf auf eine nachhaltige Art gedeckt werden kann. Zunächst aber noch einige weitere Details zum aktuellen Stand bei der Energieversorgung.
ABB. 4: UNTERSCHIED ZWISCHEN INDUSTRIE- & ENTWICKLUNGSLÄNDERN
Bei der Betrachtung des heutigen Energieverbrauches muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass sich der Primärenergieverbrauch zusammensetzt aus den Bereichen Strom-, Wärme- und Kraftstoffbedarf.
2.2.1 Primärenergieverbrauch in Deutschland
In Deutschland nehmen die fossilen Primärenergieträger den größten Teil bei der Deckung des Energiebedarfes ein (s. Abb. 5). Im Jahr 1990 lag ihr Anteil bei rund 88 %, 2009 waren es noch 79 %. Der größte prozentuale Anteil am Primärenergieverbrauch wird in Form von Mineralöl bereitgestellt. An zweiter Stelle folgt Kohle (Braun- und Steinkohle zusammen 22,5 %), dicht dahinter kommt Erdgas und mit weiterem Abstand die Kernenergie.
ABB. 5: ENTWICKLUNG DES PRIMÄRENERGIEVERBRAUCHS IN DEUTSCHLAND (IN %)
ABB. 6: AUFTEILUNG DER ERNEUERBAREN ENERGIEN 2007
In den vergangenen Jahren hat es deutliche Veränderungen beim Energiemix gegeben. Erdgas konnte seinen Anteil innerhalb von 15 Jahren um mehr als 40 % vergrößern, während der Anteil von Steinkohle um über 20 % abgenommen hat. Braunkohle bleibt nach einem 50%igen Einbruch im vorigen Jahrzehnt bei etwa 11 %. Die Bereiche Mineralöl und Kernenergie haben von 1990 bis 2000 einige Prozentpunkte gewonnen, mittlerweile ist ihr Anteil aber wieder auf das Niveau von 1990 zurückgegangen.
Insgesamt werden in Deutschland zunehmend gasförmige Energieträger eingesetzt. Diese Entwicklung ist vor allem durch die voranschreitende Substitution der Kohle durch Erdgas zu erklären, die unter anderem auf den fortschreitenden Umbau der Industrie und modernere Heiztechnik in den neuen Bundesländern zurückzuführen ist.
Trotz eines geringfügig reduzierten Gesamtprimärenergieverbrauchs (PEV) nimmt der Anteil erneuerbarer Energien (EE) seit mehreren Jahren zu. Dieser stetige Aufwärtstrend, der lediglich im Jahr 1996 (Liberalisierung des deutschen Strommarktes) einen Aussetzer verbuchen musste, dauert mittlerweile über 20 Jahre an. Zunächst verlief dieser Anstieg infolge der Einführung des Stromeinspeisegesetzes (im Jahr 1991) eher langsam, seit 1999 jedoch recht zügig. Dies liegt unter anderem an der Einführung des 100.000-Dächer-Solarstrom-programms (1999) sowie des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG, 2000).
Ursprünglich hatte sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch von 2,1 % im Jahr 2000 auf 4,2 % 2010 zu verdoppeln. Diese Marke wurde aber bereits 2004 (4,5 %) überschritten. 2009 lag der Anteil der erneuerbaren Energien über alle Sparten hinweg bei rund 9 %.
2.2.2 Weltweite Energieversorgung
Der gesamte Weltenergiebedarf nahm in den vergangenen Jahren stetig zu, insbesondere durch das rasante Wirtschaftswachstum in bevölkerungsstarken Regionen. Der größte Beitrag zur weltweiten Primärenergieversorgung wird nach wie vor vom Erdöl geleistet (2005: 36 %), auch wenn einzelne Länder wie beispielsweise China rund 72 % mit Kohle und Frankreich 41 % mit Kernenergie abdecken. An zweiter Stelle folgt Kohle, deren weltweiter Anteil bedingt durch das Wirtschaftswachstum in Asien mittlerweile auf mehr als ein Viertel des Weltenergieverbrauchs angewachsen ist. Nach Erdgas (25 % am PEV) folgt Wasserkraft, die die Kernenergie auf Platz 5 abgedrängt hat.
Auch in Zukunft wird Mineralöl weltweit noch lange Zeit der Hauptenergieträger bleiben. Der zwischenzeitlich drastische Anstieg des Rohölpreises sowie die folgende weltweite Rezension haben aber zunächst eine Verlangsamung des Verbrauchsanstiegs bewirkt. In den Jahren 2005 bis 2008 konnte man erstmals eine Stagnation der Ölfördermenge feststellen. Die Raffineriekapazitäten gelangten in dieser Zeit an ihren Grenzen. Außerdem entwickelten sich leicht erreichbare Der anschließende Absturz des Ölpreises war vornehmlich durch die weltweiten Rezensionsängste geprägt. Innerhalb von nur sechs Monaten rutschte der Barrelpreis wieder auf unter 40 US-Dollar hinunter. 2009 und 2010 pendelte er sich dann bei 70 bis 80 US-Dollar ein.
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