Wilhelm Filchner
(1877-1957) schlug zunächst die Offizierslaufbahn ein. Mit 23 Jahren führte er auf eigene Faust und mit dürftigen finanziellen Mitteln versehen einen spektakulären Ritt über Das Dach der Welt durch. 1911-1912 leitete er während der heroischen Ära der Polarforschung die zweite deutsche Antarktisexpedition zum Weddell-Meer, bei der er das Filchner-Schelfeis entdeckte.
Über seine Expeditionen veröffentlichte er zahlreiche Bücher und Reiseberichte.
Dr. habil. Cornelia Liidecke
(geb. 1954) ist korrespondierendes Mitglied der Académie International d‘Historie des Sciences in Paris und leitet die Expertengruppe für Geschichte der Antarktisforschung des Scientific Committee on Antarctic Research . Als Privatdozentin der Universität Hamburg lehrt sie Geschichte der Geowissenschaften und hält zahlreiche Vorträge im In- und Ausland. Ihre Bücher beschäftigen sich hauptsächlich mit der Geschichte der Polarforschung.
»Wer in Asien vorwärts kommen will, muss sich zu ganz anderer Denkungsart bequemen, als sie dem Europäer geläufig ist. In Asien heißt die Parole sonderbar genug: ›Schnell, aber langsam!‹ Das erste und wichtigste für mich war, mich innerlich darauf umzustellen.« Wilhelm Filchner
Auf seiner zweijährigen Reise durch Zentralasien 1926-1928 durchquert Filchner die Wüste Gobi und Tibet. Dabei legt er 6.000 km zurück und führt an 160 Stationen geophysikalische Messungen durch. Präzise beschreibt er seine Erfahrungen und Schwierigkeiten bei der Reise durch Sumpf, Steppe, Treibsand und über schnee-bedeckte Pässe im Hochgebirge. Beim Kontakt mit anderen Kulturen ist er immer auf eins bedacht: die Verständigung und Freundschaft unter den Völkern und Frieden in der Welt aufzubauen.
Der bayerische Offizier, Forschungsreisende und Reiseschriftsteller Wilhelm Filchner, wurde durch seine Antarktisexpedition von 1911-1912 bekannt, doch entwickelte er schon zuvor ein besonderes Interesse für die Gebiete Zentralasiens. So zieht es ihn 1926 nach seinem Ritt über den Pamir (1900) und der Reise durch China und Tibet (1903-1905) erneut in das Innere Asiens. Mit begrenzten finanziellen Mitteln – vonseiten der Regierung kam keine Unterstützung – erforscht Filchner das Gebiet um den Qinghai-See, führt unterwegs erdmagnetische Messungen durch und macht im tibetischen Kloster Kumbum zahlreiche Foto- und Filmaufnahmen. Zuhause hält man ihn bereits für tot – doch Filchner kehrt 1928 wohlbehalten von der Reise wieder zurück.
DIE 100 BEDEUTENDSTEN ENTDECKER
Wilhelm Filchner
Wilhelm Filchner
Meine China- und
Tibetexpedition
1926–1928
Eingeleitet von Cornelia Lüdecke
Mit 103 Abbildungen und Skizzen
sowie einer Übersichtskarte
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Der Text wurde behutsam revidiert
nach der Ausgabe Leipzig, 1941, 20. Auflage
Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
nach der Gestaltung von Nele Schütz Design, München
Bildnachweis: culture-images GmbH, Köln
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0396-0
www.marixverlag.de
Einleitungvon Cornelia Lüdecke
Vorwort zur 12. Auflage
»Om mani padme hum«
1.Von Moskau bis Chorgos
2.Nach Kuldscha
3.Zum Sairam-nor. Mein wissenschaftliches Programm
4.Tihwa (Urumtschi), der Hauptstadt Sinkiangs entgegen
5.Der Kampf um den Reisepass
6.Zwischen feindlichen Brüdern
7.Lussar. Tage der Krankheit und Not
8.Unprogrammgemäßer Abstecher nach Lantschou
9.Und dennoch ... westwärts. Marsch durch Kriegsgebiet
10.Tankar. Junri-gomba
11.Zum Kuku-nor. Bei den Dogpas
12.Von Pass zu Pass
13.Verlust der Karawane. Nach Dsundja
14.In und um Dsundja
15.Durch das Räubergebiet
16.Zum Dri-tschü
17.Tibetische Vorposten. Über den Dang-la
18.Das Verhör
19.Nach Nga-tschu-ka befohlen
20.Botschaft vom Dalai-Lama
21.Aufregende Verhandlungen
22.Nga-tschu-ka
23.Der Freiheit entgegen
24.Westmarsch. Im Schnee versunken
25.Harte Tage
26.Nach Tschang-ling-körr
27.Hinüber zum Selling-tso
28.Eine kritische Nacht. Schen-tsa-Dsong
29.Im Gebiet der großen Seen
30.Auf Sven Hedins Spuren
31.Auf neuen Wegen zum Teri-nam-tso
32.Nach Se-li-pu
33.Unter Räubern
34.Im Quellgebiet des Indus
35.In Eilmärschen nach Gartok
36.Bange Stunden. In Leh
37.Kaschmir. Srinagar. Am Ziel
38.Über den Himalaja heimwärts
Mein Dank
Literaturverzeichnis
Register
Ende des 19. Jahrhunderts konnte sich noch niemand vorstellen, dass Wilhelm Filchner einmal als Forschungsreisender bekannt würde, dessen Routenaufnahmen und erdmagnetische Vermessung einen bedeutenden Beitrag für die Erschließung noch weitgehend unbekannter Regionen Innerasiens lieferten. Wilhelm, der am 13. September 1877 in München auf die Welt kam, verlor im Alter von vier Jahren seinen Vater Eduard Filchner, einen Mitgründer des Bayerischen Roten Kreuzes. Nachdem sich der Halbwaise in der Schule als ausgesprochener Lausbub erwies und nicht mehr zu bändigen war, wurde Onkel Tambosi aus Südtirol zum Vormund des nunmehr zehnjährigen Knaben bestellt. Der schickte ihn zunächst in ein Pensionat und anschließend in das Bayerische Kadettenkorps. Diese Institution war dem Realgymnasium gleichgestellt und zeichnete sich durch eine straffe Erziehung aus. In dieser Zeit kümmerten sich Thomas Knorr, ein anderer Onkel und Inhaber der Münchner Neuesten Nachrichten (seit 1945 Süddeutsche Zeitung), und dessen Freund und Mitinhaber Georg Hirth um den Jungen. Damals waren das Knorrsche und das Hirthsche Haus beliebte Treffpunkte des Münchner Künstlerlebens, sodass Filchner schon früh mit den renommiertesten Kunstmalern wie Lenbach und Stuck in engen persönlichen Kontakt kam. Obwohl er sich für die Malerei begeisterte und ihm ein unverkennbares Talent attestiert wurde, folgte Filchner dem Wunsch seines Vormunds und schloss als Fünfzehnjähriger mit seinen künstlerischen Ambitionen vollständig ab. Stattdessen konzentrierte er sich nunmehr ganz auf die Militärlaufbahn. Mit dem Reifezeugnis des Kadettenkorps trat er in die Kriegsschule ein, wurde dem 1. bayerischen Infanterieregiment »König« zugeteilt und sechs Monate später zum Degenfähnrich befördert.
Neben dem Militärdrill gab es in München auch angenehme Zeiten, insbesondere den Fasching in der sechswöchigen Fastenzeit zwischen Heilige Drei Könige und Aschermittwoch. Da ging man verkleidet auf äußerst vergnügliche Tanzveranstaltungen in Bierhallen, Hotels oder Kunstmuseen. Auf einem solchen Münchner Faschingsball lernte er die russische Pianistin Pia Müller kennen, die ihn einlud, sie daheim im Kirchspieldorf Poelwe bei Dorpat (heute: Tartu) in Estland für ein Studium der russischen Sprache zu besuchen. Daraufhin belegte er in der Kriegsschule prompt einen Grundkurs in Russisch. Tatsächlich bekam er dann einige Wochen Urlaub, um in der russischen Ostseeprovinz seine Sprachkenntnisse zu vertiefen. Die Gelegenheit nutzend dehnte er seine Reise über St. Petersburg, Moskau, Nishni-Nowgorod, Kasan und die Wolga abwärts bis nach Samara aus. In Sewastopol auf der Krim war seine Reisekasse soweit reduziert, dass er über Konstantinopel (heute: Istanbul), Sofia, Belgrad und Warschau nach Berlin zurückkehren musste, wo er schließlich völlig mittellos ankam. Das während der Reise erlebte »sorgenarme Landfahrerleben« gefiel Filchner so gut, dass er künftig immer ausgedehntere Reisen unternehmen würde. Die damit verbundene Geldknappheit sollte ihn meistens dabei begleiten.
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