Seneca
Von der Kürze des Lebens
Mit einem einleitenden Essay
Impressum
ISBN 978-3-86408-036-4 (epub) // 978-3-86408-037-1 (pdf)
Digitalisat basiert auf der Ausgabe von 1946 aus der Bibliothek des Vergangenheitsverlags; bibliografische Angaben:
Seneca, Vom glückseligen Leben. Von der Kürze des Lebens, Heidelberg 1946.
Digitalisierung: Vergangenheitsverlag. Bearbeitung: Wolf-Rüdiger Knoll
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Einleitendes Essay
Von der Kürze des Lebens
Seneca ist einer der wichtigsten Autoren der Antike und ältester Vertreter der stoischen Philosophie, die sich in den Schriften Senecas niederschlägt. Oberstes Ziel war die Suche nach der richtigen Lebenskunst, um vernünftiger zu leben, am Ende auch um glücklicher zu sein.
Lucius Annaeus Seneca wurde 4 v. Chr. im spanischen Córdoba als Sohn eines Römers geboren. Seine Jugend verbrachte Seneca in Rom, wo er eine privilegierte Ausbildung genoss und so bereits während seiner Jugend die Grundsätze der stoischen Philosophie erlernte. Da Senecas Gesundheitszustand in jenen Jahren von körperlichen Gebrechen gezeichnet war, zog es den begnadeten Redner nach seiner Ausbildung an den Nil nach Ägypten. Er kurierte seine Atembeschwerden und studierte zeitgleich die Philosophie der Pythagoreer. Zentraler Bestandteil der pythagoreischen Philosophie ist die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele, der Seelenwanderung.
Nach seiner Rückkehr ins Römische Reich strebte Seneca eine politische Karriere an. Er stieg in den Rang eines Quästors auf und machte sich zusätzlich als Anwalt und Schriftsteller einen Namen. Seneca war damit eine der schillernden Figuren seiner Zeit. Er war nicht nur Gelehrter, sondern agierte mitten im Machtzentrum seiner Zeit. Unter Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) fiel Seneca aufgrund machtpolitischer Intrigen in Ungnade und wurde für acht Jahre auf die Insel Korsika verbannt. Dort widmete er sich intensiven philosophischen Studien und verfasste als Trauerbewältigung Trostschriften, von denen heute lediglich zwei erhalten sind. 49 n. Chr. kehrte Seneca auf Geheiß Agrippinas, der neuen Frau Kaiser Claudius‘, nach Rom zurück und übernahm die Erziehung und Ausbildung des noch jungen Thronfolgers Nero. Fortan musste Seneca keine materielle Not mehr leiden, lebte aus stoischer Überzeugung jedoch weiter ein asketisches Leben. Nachdem die ersten Regierungsjahre des neuen Kaisers Nero (54-68 n. Chr.) noch von Senecas Morallehre geprägt waren, entwickelte Nero in den Folgejahren eine Machtbesessenheit, die psychopathische Züge trug. Nach dem Mord an seiner eigenen Mutter Agrippina wandte sich Nero auch gegen seinen einstigen Mentor Seneca. Unter dem Vorwurf an einer Verschwörung gegen den Kaiser beteiligt gewesen zu sein, befahl Nero 65 n. Chr. dem bereits aus dem politischen Leben ausgeschiedenen Seneca die Selbsttötung. Dieser Aufforderung kam der römische Philosoph ohne großes Zögern nach. Als Stoiker und Anhänger der Seelenwanderung war Seneca mental auf den Tod vorbereitet und sah diesem ohne Furcht entgegen.
Von der Kürze des Lebens, circa 55 n. Chr. entstanden, thematisiert eine zeitlose Frage, die auch heute noch hochaktuell ist: Wie kann Leben in einer subjektiv unterschiedlich empfundenen Zeitspanne gelingen? Wie kann ein Mensch glücklich werden?
Zentral ist die Frage, wie Menschen ihre Zeit nutzen, ob sie sie verschwenden oder sinnvoll einsetzen?
Um seine Antworten deutlich zu machen, wendet sich Seneca in dem Text an den namentlich angesprochenen Paulinus, der offenbar Senecas Hilfe gesucht hatte und sich über die Kürze des Lebens beschwert hatte. Seneca weist dieses Gefühl zurück und brandmarkt es als Ausdruck eines Lebens, das nur von Ehrgeiz getrieben war. Die Geschäftemacher, wie Seneca sie nennt, entwerten ihre Gegenwart durch ständige Suche nach neuem Erfolg, mehr Geld, beruflichem Fortkommen. Sie registrieren den Moment nicht mehr, erleben die Gegenwart als langweilig, was zu Genusssucht, Oberflächlichkeit und Hetze führt.
Die Antwort auf ein solches Leben ist, die richtige Lebenskunst zu finden, etwas, das laut Seneca schwieriger zu erlernen sei als alles andere und das ganze Leben brauche. Was „die richtige Lebenskunst“ ausmacht, lässt sich aus diesem Text nicht wie ein Lehrplan herauslesen. Von der Kürze des Lebens gibt aber Hinweise und Denkanstöße, die auch heutigen Leserinnen und Lesern Impulse geben können…
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