Billo Heinzpeter Studer - fair-fish

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Billo Heinzpeter Studer widmet sich seit über 20 Jahren ganz den Fischen: «Fische hatten mich immer fasziniert und zugleich erbarmt, weil sie geringgeachtet und nur als Masse wahrgenommen werden – doch Fisch ist kein Gemüse!»
Weil Fische uns ferner sind als andere (Nutz-)tiere, wissen wir sehr wenig über sie und ihre Bedürfnisse. Was ist ein gutes Fischleben? Die meisten haben keine Ahnung. Billo Heinzpeter Studers zentrales Anliegen ist es, das zu ändern. Er erzählt in seinem Buch, warum ihm gerade die Fische am Herzen liegen, warum er sie schützen möchte und welche Projekte, Strategien und Lösungen er konkret verfolgt, um seine Vision zu realisieren.
Das Buch setzt mitten im Geschehen ein und erzählt, wie Billo Heinzpeter Studer im Senegal mit lokalen Fischern aufs Meer fährt und sich so ein Bild macht, wie die Realität auf See aussieht und wie man sie tierfreundlicher und ökologischer gestalten könnte. Das käme auch den Fischern zugute, von denen viele so wenig verdienen, dass sie sich überlegen, den Beruf oder gar die Heimat hinter sich zu lassen. Sie könnten für faire Fische auch fairere Preise verlangen und so langfristig ihre Existenz sichern. «C'est intéressant, ça», sagen sie zu Billo Heinzpeter Studer, der sich – im doppelten Sinn – zu ihnen ins Boot gesetzt hat.
Nach der Schilderung seiner Erlebnisse und Abenteuer im Senegal wird die Geschichte von fair-fish und weiteren Projekten chronologisch erzählt und mit zahlreichen Fotos illustriert.
Billo Heinzpeter Studer hofft, dass wir als Gesellschaft unseren Umgang mit Fischen überdenken und uns endlich den ethischen Fragen, die Fischfang, -zucht und -konsum aufwerfen, stellen werden. Nicht zuletzt legt er dar, was Konsumentinnen und Konsumenten tun können, damit Fischfang und -zucht tiergerechter, umweltbewusster und ethisch vertretbarer werden.

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Erste Auflage 2020

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2020 by rüffer&rub Sachbuchverlag GmbH, Zürich

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Design E-Book: Clara Cendrós

ISBN Book: 978-3-906304-67-0

ISBN E-Book: 978-3-906304-77-9

Vorwort | Anne Rüffer

Damit Fische weniger leiden und Fischer nicht auswandern müssen

Zurück zum Anfang: Von Hühnern zu Fischen

Faire Fische aus Schweizer Seen

Exkurs 1 – Richtlinien 2000 fair-fish für die Fischzucht

Exkurs 2 – Richtlinien 2000 fair-fish für den Fischfang

Exkurs 3 – Zwischenspiel mit Zierfischen?

Faire Fische aus Afrika

Exkurs 4 – fair-fish zu Senegals Fischereipolitik

Exkurs 5 – Warum nicht Dosenfisch per Schiff?

Exkurs 6 – Warum nicht in Europa fair fischen?

Exkurs 7 – Kampagnen statt Projekte

Zurück zur Aquakultur: Wann ist es Fischen wohl?

Exkurs 8 – Tut es den Fischen denn weh?

Exkurs 9 – Wie fair-fish fast eine Musterfischzucht bekam

Übergabe an die nächste Generation

Welchen Fisch kann ich noch essen?

Anhang

Glossar

Anmerkungen

Bildnachweis

Biografie des Autors

Dank

Vorwort

Anne Rüffer, Verlegerin

2. Dezember 2015, Genf. Im voll besetzten »Auditorium Ivan Pictet« hat sich ein hochrangiges Publikum versammelt, um die aktuellen PreisträgerInnen des Alternativen Nobelpreises zu ehren. Selten stimmt die Adresse eines Ortes so unmissverständlich mit den Inhalten der Veranstaltung überein wie an diesem Abend: »Maison de la paix«. Deutschlands Umweltministerin Barbara Hendriks und UN-Generaldirektor Michael Møller eröffnen den Anlass, der unter dem Titel steht: »On the Frontlines and in the Courtrooms: Forging Human Security.«

In der darauf folgenden Diskussion der vier PreisträgerInnen von 2015 fällt auf einmal die Aussage, die mich elektrisiert: »Die UN wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um nachfolgende Generationen vor der Geisel des Kriegs zu bewahren. Seither hat es über 170 Konflikte gegeben – und ihr habt die Möglichkeit einer Abschaffung von Kriegen nie diskutiert? Come on, guys, das ist doch unglaublich!« Verlegenes Gelächter und ungläubiges Staunen im Publikum, doch Dr. Gino Strada, Gründer der internationalen Hilfsorganisation »Emergency« weiß nur zu gut, wovon er spricht: Seit den frühen 1990er-Jahren baut er Kliniken in Kriegsregionen und kümmert sich um die zivilen Opfer – 10% sind KämpferInnen der verschiedenen Kriegsparteien, 90% ZivilistInnen. Er beendete sein Statement mit der Feststellung: »Nennt mich ruhig einen Utopisten, denn alles ist eine Utopie, bis jemand seine Idee in die Tat umsetzt.«

Einer der wohl meistzitierten Sätze der letzten Jahrzehnte lautet: »I have a dream.« Nicht nur Martin Luther King hatte einen Traum – viele Menschen träumen von einer gerechteren Welt für alle. Und es sind einige darunter – mehr als wir wissen und noch lange nicht genug –, die ihren Traum mit Engagement, Herz und Verstand realisieren. Es sind PionierInnen in ihren Bereichen, man mag sie – wie Gino Strada, Martin Luther King, Mutter Teresa oder Jody Williams – durchaus UtopistInnen nennen. Doch: Jede große Errungenschaft begann mit einer Idee, einer Hoffnung, einer Vision.

Den Funken einer Idee, einer Hoffnung, einer Vision weiterzutragen und damit ein Feuer des persönlichen Engagements zu entzünden, das ist die Absicht, die wir mit unserer Reihe »rüffer&rub visionär« verfolgen. Im Mittelpunkt steht die persönliche Auseinandersetzung der AutorInnen mit ihrem jeweiligen Thema. In packenden Worten berichten sie, wie sie auf die wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Frage aufmerksam geworden sind, und was sie dazu veranlasste, sich der Suche nach fundierten Antworten und nachhaltigen Lösungen zu verpflichten. Es sind engagierte Texte, die darlegen, was es heißt, eine persönliche Verpflichtung zu entwickeln und zu leben. Ob es sich um politische, gesellschaftliche, wissenschaftliche oder spirituelle Visionen handelt – allen AutorInnen gemeinsam ist die Sehnsucht nach einer besseren Welt und die Bereitschaft, sich mit aller Kraft dafür zu engagieren.

So vielfältig ihre Themen und Aktivitäten auch sein mögen – ihr Handeln geschieht aus der tiefen Überzeugung, dass eine bessere Zukunft auf einem gesunden Planeten für alle möglich ist. Und: Wir sind davon überzeugt, dass jeder und jede von uns durch eigenes Handeln ein Teil der Lösung werden kann.

Kayar einer der größten Fischereihäfen Senegals morgens um fünf Mitte Januar - фото 3

Kayar, einer der größten Fischereihäfen Senegals, morgens um fünf Mitte Januar 2005. Ein alter Fischer, der Chef der Handleiner [→], holt mich in der nachtdunklen Medina ab, unafrikanisch eine halbe Stunde vor der gestern vereinbarten Zeit. Hastig schlappt er zwischen den dicht nebeneinanderliegenden Pirogen [→] über den Sand, schaut sich immer wieder nach mir um, treibt mich zur Eile an. Am Strand angekommen, heißt er eine der Gestalten, die wartend um ein Boot versammelt stehen, sein Ölzeug auszuziehen. An seiner Stelle soll ich in die klamme Kluft schlüpfen, an der Bootskante mit anfassen, hauruck, bis die Piroge vom Strand geschoben ist und schwimmt, und nix wie reinspringen und ab. Banda Diouf, der Capitaine dicht hinter mir, dreht den Motor auf und jagt die faltbootenge Piroge mit Höchstgeschwindigkeit aufs Meer hinaus. Als die hellen Scheinwerfer von Kayars großem Fischerhafen entschwinden, herrscht reine Nacht. Mit wem hock’ ich eigentlich im selben Boot?

Ich klammere mich mit beiden Händen an Kanten, verkeile mich mit beiden Füßen gegen Spanten und bin vollauf damit beschäftigt, die heftigen Schläge der Wellen, die das Boot auf und ab und hin und her schütteln und, so fürchte ich, zum Kentern zu bringen drohen, durch ständiges Verlagern meines Gewichts auszugleichen. Bloß nicht rumrutschen! Was tut der Wahnsinnige da vor mir? Stellt sich aufrecht hin und … pinkelt, tatsächlich, seelenruhig und ohne über Bord zu kippen. Ich bin schon froh, dass mir keine Zeit fürs Frühstück geblieben war; ich weiß ja nicht mal, ob mein Magen seetüchtig ist.

Der Tag bricht an, der Capitaine hinter mir drosselt den Motor, sucht die richtige Stelle über einem Riff, dann wirft sein Kollege vorn im Bug einen Anker aus. Hier liegen wir in hoher Dünung, es schaukelt nicht minder, ich halte mich verkeilt und schaue den drei Jungen zu, die ihre Handleinen auswerfen, sie prüfend mit heftpflasterbewehrten Fingern führen und immer wieder einziehen, um die Köder an den Angeln zu ersetzen, Stücke von Fischen von gestern. Selten beißt einer an. »Marée haut«, sagt Banda, der mir gegenübersitzt, und zuckt die Achseln, als möchte er sich von vornherein entschuldigen: Bei Flut ist nicht gut fischen.

Tatsächlich tut sich auch bei den zwei anderen Fischern wenig. Nur Banda hat heute Glück; an seiner Leine mit acht Haken zappelt hin und wieder ein Fisch. »Tu veux essayer?«, fragt er mich und hält mir seine Leine hin. Ich winke ab. »Erklär mir lieber genau, wie du’s machst.« Er lässt die Leine über seinen Finger weggleiten, wartet, wartet, zieht kurz an – »Siehst du?«, sagt er mehr mit den Fingern als mit seiner Stimme. »Bei manchen Fischen musst du die Leine gehen lassen, wenn sie anbeißen, bei anderen hingegen musst du sogleich anziehen, damit sie hängen bleiben.« – »Und woher weißt du, welche Art von Fisch du an der Angel hast?« Er zuckt bloß wegwerfend die Achseln, soll wohl heißen: »Ist doch klar, Mann, ich mach ja nichts andres seit meiner Kindheit!« Und seit Generationen suchen sie täglich dieselben Plätze auf, kennen ihre Riffe genau, auch wenn sie sich heutzutage mittels GPS versichern, dass sie am rechten Ort angelangt sind.

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