Victor Bockris - Lou Reed - Transformer

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Lou Reed war der Rockmusik seiner Zeit weit voraus. Er war ein führender Kopf der Gegenkultur, des «Undergrounds». Gemeinsam mit John Cale, Sterling Morrison und Moe Tucker gründete er 1965 The Velvet Underground. Das erste Album der Band, The Velvet Underground & Nico, dessen Cover mit der berühmten Banane Andy Warhol gestaltete, gilt als Meilenstein der Rockgeschichte. 1972 startete Lou Reed seine Solokarriere, mit Songs wie Walk on the Wild Side wurde er weltberühmt. Dabei war er immer schwer einzuordnen, eine starke Künstlerpersönlichkeit, die sich selten dem herrschenden Zeitgeist angepasst hat. Als Mitglied von The Velvet Underground wurde Reed 1996 in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen, die Laudatio hielt Patti Smith. Zuletzt arbeitete er mit Freunden aus anderen Bereichen wie z. B. Paul Auster, Julian Schnabel, Philip Glass, Jim Jarmusch, Robert Wilson oder Wim Wenders. Am 27. Oktober 2013 starb Lou Reed im Alter von 71 Jahren in seinem Haus auf Long Island. Für die aktualisierte und erweiterte Neuauflage dieses Buches hat der Autor Victor Bockris mit der Witwe gesprochen, dazu mit vielen langjährigen Wegbegleitern. Er erzählt vom Werdegang Lou Reeds, beginnend in dessen Zeit als Heranwachsender, der dem Leben kaum positive Seiten abgewinnen konnte. Seine Familie wird vorgestellt, sein wachsendes Interesse für die Schattenseiten des Lebens analysiert. Ausführlich werden die Factory-Jahre und die einzelnen Alben und Songs mit ihrer Vorgeschichte beschrieben. Ein langes Kapitel informiert über sein erfolgreichstes Album Transformer. Die Entstehung des Albums Metal Machine Music, mit dem er das die Plattenfirma RCA brüskierte, schildert Bockris ebenfalls mit viel Liebe zum Details in einem lockeren, gut lesbaren Schreibstil. Das Buch zeigt nicht nur den Rockstar, sondern auch den ganz privaten Menschen Lou Reed und gibt viele interessante Einblicke in die Welt des Rockbusiness und der Drogen.

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Victor Bockris

LOU REED

Transformer

Die exklusive Biografie

Aus dem Amerikanischen von Sabine Reinhards,

Gerald Jung und Paul Fleischmann

Lou Reed Transformer - изображение 1

www.hannibal-verlag.de

Impressum

Der Autor: Victor Bockris

Deutsche Erstausgabe 2015

Englische Originalausgabe by HarperCollins Publishers Ltd. mit dem Titel

„Transformer – The Complete Lou Reed Story“

ISBN: 978-0-00-758189-4

© 1994, 2014 by Victor Bockris

Coverfoto: Alexandre De Brabant / Rex Features

Lektorat: Albert Koch und Hollow Skai (Kapitel 22–27 und Anhang)

Übersetzung: Sabine Reinhards, Gerald Jung und Paul Fleischmann (zweite Hälfte von Kapitel 22 und die Kapitel 22–27 und Anhang)

E-Book: Thomas Auer, www.buchsatz.com

© 2015 by Hannibal

Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

www.hannibal-verlag.de

ISBN 978-3-85445-464-9

Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-463-2

Hinweis für den Leser:

Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Der Autor hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Es kann jedoch keinerlei Gewähr dafür übernommen werden, dass die Informationen in diesem Buch vollständig, wirksam und zutreffend sind. Der Verlag und der Autor übernehmen weder die Garantie noch die juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für Schäden jeglicher Art, die durch den Gebrauch von in diesem Buch enthaltenen Informationen verursacht werden können. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

Inhalt

Widmung Widmung Für Barney Hoskyns, Gerard Malanga, Bob Gruen und Legs McNeil

Zitat Zitat „Wenn ich an Lou denke, dann vor allem daran, wie romantisch er war; und wie lustig. Wenn er dich mit seinem Charme bezaubert hatte, zerstörte er dich, um zu überleben. Er war eben ein richtiger Jäger. Er hat sein Opfer aber immer gewarnt, teils, um die Jagd noch spannender zu machen, teils, um später nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Interessant daran war, dass dabei ein intellektueller, künstlerischer Prozess ablief – eine Performance.“ — Ein Bekannter

Töte deinen Sohn

Elektroschock: 1959–1960

Der Horizont erweitert sich

Syracuse University: 1960–1962

Komm doch zurück, Shelley

Syracuse University: 1962–1964

Die Pickwick-Periode

Bei Pickwick International: 1964–1965

Die Gründung der Velvet Underground

Lower East Side: 1965

Bildstrecke 1

Spaß in der Factory

1966

Exit Warhol

1966–1967

Bildstrecke 2

Exit Cale

1967–1968

Die Auflösung der Velvet Underground

1968–1970

Der gefallene Ritter

1970–1971

Die große Metamorphose: Vom Freeport-Lou zum Frankenstein

1971–1973

Keine Oberfläche, keine Tiefe

Von Berlin zu Rock ’n’ Roll Animal, 1973–1974

Bildstrecke 3

Die nervösen Jahre

Elektrizität und Zellenstruktur, 1974–1976

Der Meister der Unverschämtheiten

1977–1978

Mister Reed

1978–1979

Ladybug

1978–1983

Der neue, der positive Lou (The Blue Lou)

1981–1984

Der kommerzielle, der politische Lou

1984–1986

Bildstrecke 4

Eine Imitation von Andy

Die Schlacht der Lou Reeds, 1987–1989

Und der Tod macht drei

1990–1992

Die Velvet-Hose passt nicht mehr

1990–1993

Die Transformation von Lou und Laurie

1994–2000

Bildstrecke 5

Ecstasy

1999–2001

Lou Reed trifft Edgar Allan Poe

2001–2004

Lou Reeds Klassiker

2006–2010

Bildstrecke 6

Lou und Lulu

2011–2012

Abschied von Lou Reed

2013

Anhang A – Diskografie und Werkschau

Anhang B – Interviews mit Lou Reed

Quellenangaben

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Widmung

Für Barney Hoskyns, Gerard Malanga, Bob Gruen und Legs McNeil

Zitat

„Wenn ich an Lou denke, dann vor allem daran, wie romantisch er war; und wie lustig. Wenn er dich mit seinem Charme bezaubert hatte, zerstörte er dich, um zu überleben. Er war eben ein richtiger Jäger. Er hat sein Opfer aber immer gewarnt, teils, um die Jagd noch spannender zu machen, teils, um später nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Interessant daran war, dass dabei ein intellektueller, künstlerischer Prozess ablief – eine Performance.“

— Ein Bekannter

Töte deinen Sohn

Elektroschock: 1959–1960

„Ich habe keine Persönlichkeit.“

— Lou Reed

1959 war ein schlechtes Jahr für Lou. Mit seinen siebzehn Jahren hatte er die Rolle des bösen Jungen bereits einstudiert. Das ging schon seit 1954 so, als Lou am Tag, nachdem sich der Bluesgitarrist Johnny Ace erschossen hatte, mit einer schwarzen Trauerbinde in der Schule aufkreuzte. Seither ließ er keine Gelegenheit aus, um die ganze Familie zum Wahnsinn zu treiben.

Wie ein Tyrann herrschte er über das gutbürgerliche Haus; er fetzte kreischende Akkorde aus seiner elektrischen Gitarre heraus, gewöhnte sich an, wie eine Frau zu gehen, nahm seine Schwester zu verschwörerischen Zwiegesprächen beiseite und drohte mit launischen Ausfällen der übelsten Sorte, falls ihm nicht alle ständig ihre totale Aufmerksamkeit zuwandten. In diesem Frühling sandten Sidney und Toby Reed, Lous eher altmodische Eltern, ihren Sohn zu einem Psychiater. Sie wollten Lou von seinen homo­sexuellen Gefühlen und seinen beunruhigenden, plötzlichen Stimmungsumschwüngen kurieren lassen. Daraufhin verschrieb der Arzt eine zu jener Zeit sehr populäre Therapie, der sich unter anderem Jacqueline Kennedy und der Schriftsteller Delmore Schwartz kurz zuvor unterzogen hatten.

Der Arzt erklärte, Lou würden einige Besuche im Creedmore Psychiatric Hospital gut tun. Dort würde er, über einen Zeitraum von acht Wochen, dreimal pro Woche mit Elektroschocks behandelt werden, und anschließend benötige er eine intensive therapeutische Nachbehandlung.

1959 stellte man ärztliche Diagnosen nicht infrage. „Seine Eltern wollten ihn nicht quälen“, erklärte ein Freund der Familie. „Sie wollten nur, dass er gesund wird. Sie versuchten eben einfach, Eltern zu sein, und deswegen wollten sie, dass er sich anständig aufführte.“ Erschrocken akzeptierten die Reeds die Diagnose.

Das Creedmore State Psychiatric Hospital lag an einem besonders häss­lichen Fleck der öden Insel Long Island.

Sechstausend Patienten konnten in dieser großen, staatlichen Einrichtung untergebracht und behandelt werden. Das Gebäude Nummer sechzig war auf majestätische Weise unheimlich. Es hatte vierundzwanzig Stockwerke, war an die zweihundert Meter lang und brütete drohend, wie ein monströser Vogel aus der Urzeit, über der Landschaft. Hunderte von verschiedenen Gängen führten zu den Aufsehern, den Büroräumen, den Hörsälen. Sämtliche Türen waren mit Vorhängeschlössern gesichert und in einem beruhigenden, unwirklichen Kremweiß gestrichen. Die Fens­ter waren von innen vergittert, außen war Stacheldraht angebracht. Eine der schaurigsten Abteilungen war die für Elektroschockbehandlung.

Dorthin begab sich, an einem frühen Sommertag, ein aufgekratzter, etwas verwirrter Lou. Er wurde durch das Labyrinth der Gänge geführt und behauptete später, er habe nicht gewusst, dass seine erste psychiatrische Behandlung ausschließlich aus Stromstößen bestehen würde, die man durch sein Gehirn jagte. Jede Tür, durch die er hindurchging, wurde von einem Wächter erst auf- und dann hinter ihm wieder zugeschlossen. Zuletzt wurde er in der Elektroschockabteilung eingeschlossen, wo man ihm ein viel zu kleines Krankenhaushemd gab. Als er da im Warteraum saß, gemeinsam mit den anderen Patienten, die seiner Ansicht nach eher wie Gemüse aussahen, sah er das erste Mal den Behandlungsraum. Eine massive, milchig weiße, mit Nieten gespickte Metalltür schwang auf, und man konnte das bewusstlose, wie tot daliegende Opfer sehen. Dann rollte eine Krankenschwester mit steinernem Gesicht den Körper auf einer Trage in den Aufwachraum. Plötzlich wurde Lou klar, dass er der Nächste sein würde.

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