Victor Bockris
LOU REED
Transformer
Die exklusive Biografie
Aus dem Amerikanischen von Sabine Reinhards,
Gerald Jung und Paul Fleischmann
www.hannibal-verlag.de
Impressum
Der Autor: Victor Bockris
Deutsche Erstausgabe 2015
Englische Originalausgabe by HarperCollins Publishers Ltd. mit dem Titel
„Transformer – The Complete Lou Reed Story“
ISBN: 978-0-00-758189-4
© 1994, 2014 by Victor Bockris
Coverfoto: Alexandre De Brabant / Rex Features
Lektorat: Albert Koch und Hollow Skai (Kapitel 22–27 und Anhang)
Übersetzung: Sabine Reinhards, Gerald Jung und Paul Fleischmann (zweite Hälfte von Kapitel 22 und die Kapitel 22–27 und Anhang)
E-Book: Thomas Auer, www.buchsatz.com
© 2015 by Hannibal
Hannibal Verlag, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen
www.hannibal-verlag.de
ISBN 978-3-85445-464-9
Auch als Paperback erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-463-2
Hinweis für den Leser:
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Inhalt
Widmung Widmung Für Barney Hoskyns, Gerard Malanga, Bob Gruen und Legs McNeil
Zitat Zitat „Wenn ich an Lou denke, dann vor allem daran, wie romantisch er war; und wie lustig. Wenn er dich mit seinem Charme bezaubert hatte, zerstörte er dich, um zu überleben. Er war eben ein richtiger Jäger. Er hat sein Opfer aber immer gewarnt, teils, um die Jagd noch spannender zu machen, teils, um später nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Interessant daran war, dass dabei ein intellektueller, künstlerischer Prozess ablief – eine Performance.“ — Ein Bekannter
Töte deinen Sohn
Elektroschock: 1959–1960
Der Horizont erweitert sich
Syracuse University: 1960–1962
Komm doch zurück, Shelley
Syracuse University: 1962–1964
Die Pickwick-Periode
Bei Pickwick International: 1964–1965
Die Gründung der Velvet Underground
Lower East Side: 1965
Bildstrecke 1
Spaß in der Factory
1966
Exit Warhol
1966–1967
Bildstrecke 2
Exit Cale
1967–1968
Die Auflösung der Velvet Underground
1968–1970
Der gefallene Ritter
1970–1971
Die große Metamorphose: Vom Freeport-Lou zum Frankenstein
1971–1973
Keine Oberfläche, keine Tiefe
Von Berlin zu Rock ’n’ Roll Animal, 1973–1974
Bildstrecke 3
Die nervösen Jahre
Elektrizität und Zellenstruktur, 1974–1976
Der Meister der Unverschämtheiten
1977–1978
Mister Reed
1978–1979
Ladybug
1978–1983
Der neue, der positive Lou (The Blue Lou)
1981–1984
Der kommerzielle, der politische Lou
1984–1986
Bildstrecke 4
Eine Imitation von Andy
Die Schlacht der Lou Reeds, 1987–1989
Und der Tod macht drei
1990–1992
Die Velvet-Hose passt nicht mehr
1990–1993
Die Transformation von Lou und Laurie
1994–2000
Bildstrecke 5
Ecstasy
1999–2001
Lou Reed trifft Edgar Allan Poe
2001–2004
Lou Reeds Klassiker
2006–2010
Bildstrecke 6
Lou und Lulu
2011–2012
Abschied von Lou Reed
2013
Anhang A – Diskografie und Werkschau
Anhang B – Interviews mit Lou Reed
Quellenangaben
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Widmung
Für Barney Hoskyns, Gerard Malanga, Bob Gruen und Legs McNeil
Zitat
„Wenn ich an Lou denke, dann vor allem daran, wie romantisch er war; und wie lustig. Wenn er dich mit seinem Charme bezaubert hatte, zerstörte er dich, um zu überleben. Er war eben ein richtiger Jäger. Er hat sein Opfer aber immer gewarnt, teils, um die Jagd noch spannender zu machen, teils, um später nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Interessant daran war, dass dabei ein intellektueller, künstlerischer Prozess ablief – eine Performance.“
— Ein Bekannter
Töte deinen Sohn
Elektroschock: 1959–1960
„Ich habe keine Persönlichkeit.“
— Lou Reed
1959 war ein schlechtes Jahr für Lou. Mit seinen siebzehn Jahren hatte er die Rolle des bösen Jungen bereits einstudiert. Das ging schon seit 1954 so, als Lou am Tag, nachdem sich der Bluesgitarrist Johnny Ace erschossen hatte, mit einer schwarzen Trauerbinde in der Schule aufkreuzte. Seither ließ er keine Gelegenheit aus, um die ganze Familie zum Wahnsinn zu treiben.
Wie ein Tyrann herrschte er über das gutbürgerliche Haus; er fetzte kreischende Akkorde aus seiner elektrischen Gitarre heraus, gewöhnte sich an, wie eine Frau zu gehen, nahm seine Schwester zu verschwörerischen Zwiegesprächen beiseite und drohte mit launischen Ausfällen der übelsten Sorte, falls ihm nicht alle ständig ihre totale Aufmerksamkeit zuwandten. In diesem Frühling sandten Sidney und Toby Reed, Lous eher altmodische Eltern, ihren Sohn zu einem Psychiater. Sie wollten Lou von seinen homosexuellen Gefühlen und seinen beunruhigenden, plötzlichen Stimmungsumschwüngen kurieren lassen. Daraufhin verschrieb der Arzt eine zu jener Zeit sehr populäre Therapie, der sich unter anderem Jacqueline Kennedy und der Schriftsteller Delmore Schwartz kurz zuvor unterzogen hatten.
Der Arzt erklärte, Lou würden einige Besuche im Creedmore Psychiatric Hospital gut tun. Dort würde er, über einen Zeitraum von acht Wochen, dreimal pro Woche mit Elektroschocks behandelt werden, und anschließend benötige er eine intensive therapeutische Nachbehandlung.
1959 stellte man ärztliche Diagnosen nicht infrage. „Seine Eltern wollten ihn nicht quälen“, erklärte ein Freund der Familie. „Sie wollten nur, dass er gesund wird. Sie versuchten eben einfach, Eltern zu sein, und deswegen wollten sie, dass er sich anständig aufführte.“ Erschrocken akzeptierten die Reeds die Diagnose.
Das Creedmore State Psychiatric Hospital lag an einem besonders hässlichen Fleck der öden Insel Long Island.
Sechstausend Patienten konnten in dieser großen, staatlichen Einrichtung untergebracht und behandelt werden. Das Gebäude Nummer sechzig war auf majestätische Weise unheimlich. Es hatte vierundzwanzig Stockwerke, war an die zweihundert Meter lang und brütete drohend, wie ein monströser Vogel aus der Urzeit, über der Landschaft. Hunderte von verschiedenen Gängen führten zu den Aufsehern, den Büroräumen, den Hörsälen. Sämtliche Türen waren mit Vorhängeschlössern gesichert und in einem beruhigenden, unwirklichen Kremweiß gestrichen. Die Fenster waren von innen vergittert, außen war Stacheldraht angebracht. Eine der schaurigsten Abteilungen war die für Elektroschockbehandlung.
Dorthin begab sich, an einem frühen Sommertag, ein aufgekratzter, etwas verwirrter Lou. Er wurde durch das Labyrinth der Gänge geführt und behauptete später, er habe nicht gewusst, dass seine erste psychiatrische Behandlung ausschließlich aus Stromstößen bestehen würde, die man durch sein Gehirn jagte. Jede Tür, durch die er hindurchging, wurde von einem Wächter erst auf- und dann hinter ihm wieder zugeschlossen. Zuletzt wurde er in der Elektroschockabteilung eingeschlossen, wo man ihm ein viel zu kleines Krankenhaushemd gab. Als er da im Warteraum saß, gemeinsam mit den anderen Patienten, die seiner Ansicht nach eher wie Gemüse aussahen, sah er das erste Mal den Behandlungsraum. Eine massive, milchig weiße, mit Nieten gespickte Metalltür schwang auf, und man konnte das bewusstlose, wie tot daliegende Opfer sehen. Dann rollte eine Krankenschwester mit steinernem Gesicht den Körper auf einer Trage in den Aufwachraum. Plötzlich wurde Lou klar, dass er der Nächste sein würde.
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