Impressum
© 1976/2019 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
eISBN: 978-3-95439-987-1
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Davis J. Harbord
In den Katakomben von Palermo
Überall Mumien – da packt die beiden Arwenacks das Grausen …
Das Bürschchen mit den langen seidigen Wimpern und den sanften braunen Rehaugen – es hieß Silvio – hatte nicht zuviel versprochen, als es gesagt hatte, es werde die beiden ehrenwerten Signori zum Tanz der Nymphen führen .
Die tanzten tatsächlich, und zwar einen bunten Reigen um einen Brunnen. Und sie waren hübsch durchsichtig gewandet, so daß an nackter Deutlichkeit alles geboten wurde, was ein Männerherz erfreut .
Die beiden spanischen Seeleute stierten sich die Augen aus – im übrigen waren sie sturzbetrunken. Und als die beiden Spanier auf den Hof torkelten, um mit den Nymphen zu scherzen, stoben diese kichernd in ein Gemäuer, wo sie verschwanden. Die beiden Kerle faßten das als Einladung auf und stolperten hinterher .
Im Kellergewölbe des Gemäuers war ihr Traum zu Ende – für immer. Hinter den Pfeilern tauchten wüste Gestalten auf und schmetterten ihnen Hartholzprügel auf die Köpfe. Und dann wurden die beiden Toten gefleddert …
Die Hauptpersonen des Romans:
Mauro– der „Padrone“ hat mit seinen sechs Kerlen eine hübsche Möglichkeit gefunden, Tote zu fleddern und für immer verschwinden zu lassen.
Silvio– das muntere Bürschchen aus Palermo leistet dazu gute Vorarbeit.
Edwin Carberry– der Profos verliert eine Wette und muß eine Menge Talerchen springen lassen.
Old Donegal O’Flynn– als Gewinner der Wette geht er mächtig ran, um den Profos ordentlich zu melken.
Philip Hasard Killigrew– ohne den Seewolf wäre es um seine beiden wettsüchtigen Arwenacks schlecht bestellt gewesen.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Ende Januar 1598. Die Schebecke segelte mit Westkurs entlang der Küste Nord-Siziliens. Messina lag hinter den Arwenacks – und ebenso die Auseinandersetzung mit jenen wüsten Kerlen, die gemeint hatten, „Schutzgebühren“ kassieren zu können.
Der Wind meinte es gut. Er wehte, ohne ruppig zu sein, aus Nordosten und bescherte den Arwenacks eine rauschende Raumschotsfahrt über Backbordbug. Da brauchte nicht viel „gefummelt“ zu werden, wie der Profos neuerdings das Trimmen der Segel zu bezeichnen pflegte.
Das hatte natürlich zu Verständigungsschwierigkeiten geführt.
„Großschot anfummeln!“ hatte der Profos befohlen. Der Befehl galt dem Trio Matt Davies, Jack Finnegan und Paddy Rogers, die für das Trimmen des Großsegels verantwortlich waren.
„Hä?“ fragte Matt Davies stirnrunzelnd.
„Großschot anfummeln“, wiederholte der Profos mit einem ernsten Grollen in der Stimme. „Wohl schwerhörig, was?“
„Nein, aber vielleicht verklarst du uns mal, was du mit ‚Großschot anfummeln‘ meinst.“
„Anfummeln heißt dichter holen, klar?“
Matt Davies starrte den Profos an und fragte sich, ob den vielleicht heute was gepiekt hatte.
Der Profos stierte zurück und fauchte: „Was glotzt du mich so blöde an, Mister, Davies? Hast du immer noch nicht kapiert, daß die Großschot angefummelt werden muß?“
„Soll hier ’ne neue seemännische Befehlssprache eingeführt werden?“ fragte Matt Davies zurück. „Was heißt denn dann Lose geben?“
„Wegfummeln, ist doch logisch“, knurrte der Profos.
„Und fieren?“
„Abfummeln!“
„Aha!“ Matt Davies wiederholte und hakte dabei an den Fingern der linken Hand mit dem Eisenhaken der Rechten die Begriffe ab: „Anfummeln heißt dichter holen, wegfummeln Lose geben und abfummeln fieren. Richtig?“
„Stimmt.“
„Weißt du was, Mister Carberry“, sagte Matt Davies freundlich, „du kannst mich mal am Arsch fummeln – nur wenn du’s tust, fummele ich dir was mit meinem Haken, und zwar an, weg oder ab. Das darfst du dir ausfummeln, wie’s beliebt.“ Und er grinste dazu höllisch, der Hakenmann mit dem kantigen, furchtlosen Gesicht, das die Farbe von Mahagoniholz hatte, was durch das Silbergrau der Haare noch betont wurde.
Edwin Carberry, der Profos, schwoll an, und sein Brustkorb, der den Umfang einer Tonne hatte, blähte sich, daß sein weißes Leinenhemd zu platzen drohte.
Aber er flüsterte nur. Er flüsterte: „Mister Davies, ich verwarnige dich!“
„Verwarne, heißt das, Mister Carberry“, sagte Matt Davies, „nicht verwarnige. Und dann würde mich interessieren, ob diese neuen Fummelausdrücke Befehl vom Kapitän oder auf deinem Mist gewachsen sind. Sollte letzteres zutreffen, dann sieh selbst zu, wie du die Großschot gefummelt kriegst, aber ohne mich!“
„Befehlsverweigerung, was, wie?“
Matt Davies grinste wieder. „Das ist keine Antwort auf meine Frage, wer diesen Fummelkram angeordnet hat – der Kapitän oder du?“
„Ich bestimmt nicht“, tönte Philip Hasard Killigrews Stimme über das Kuhldeck. Er stand an der Vorkante des Achterdecks, etwas breitbeinig, die Arme vor der Brust verschränkt. Und er lächelte.
„Na bitte“, sagte Matt zufrieden, „hätte mich auch schwer gewundert, wenn du diesen Quatsch erfunden hättest, Sir.“
„Sir!“ dröhnte Carberrys Stimme. „Versuche gerade, diesen Nachteulen eine Geheimsprache beizubringen. Kleine Idee von mir, verstehst du?“
„Bis jetzt noch nicht, Ed, aber du wirst uns das sicher erklären“, erwiderte Hasard, immer noch lächelnd.
„Aye, Sir“, sagte der Profos eifrig. „Die Sache ist nämlich so: angenommen, fremde Lümmel haben unser Schiff besetzt, dann wäre es gut, wenn wir uns in einer Geheimsprache verständigen können, und zwar in der Fummelsprache, mit der vieles auszudrücken ist.“
„Na, ich weiß nicht“, sagte Hasard. „Ist das nicht ein bißchen schwierig, mein lieber Ed? Außerdem können wir uns notfalls auf englisch verständigen – oder in einer Sprache, von der wir wissen, daß sie den ‚fremden Lümmeln‘, wie du sie nennst, unbekannt ist.“
„Trotzdem muß eine Geheimsprache her“, beharrte der Profos.
Hasard seufzte, und um den Profos, der so Feuer und Flamme war, nicht zu kränken, sagte er: „Du könntest ja mal deine Geheimsprache niederschreiben, Ed, damit wir alle wissen, was du meinst – also alphabetisch geordnet die uns bekannten Begriffe und daneben deine – äh – Fummelausdrücke.“
Wenn Hasard gedacht hatte, den Profos mit einer solchen Schreibarbeit verschrecken zu können, dann sah er sich getäuscht. Der Kerl stieg voll ein.
„Wird gemacht, Sir!“ dröhnte der Profos.
Bei den Arwenacks ging das große Grinsen um. Sie stellten sich ihren Profos vor, wie er, einen Federkiel in der mächtigen Pranke, vor einem Pult hockte und am Pinseln von Buchstaben war, das Narbengesicht zerfurcht, das wüste Rammkinn vorgeschoben.
Nein, es war eben nicht vorstellbar – eher spielte ein Walroß auf der Flöte Hirtenlieder.
Daß Matt Davies in keiner Weise von den Schreibkünsten des Profos’ überzeugt war und Ferris Tucker stark bezweifelte, daß „der liebe Ed“ jemals einen Federkiel angespitzt hatte, perlte an Carberry ab wie Tau von Gräsern.
Leider war es Old Donegal, der die Wette vorschlug. Hier muß gesagt werden, daß es bei irgendwelchen Wetten der Arwenacks bisher immer hoch hergegangen war. In zwei Fällen hatte der Gewinner dem Verlierer eine Glatze schneiden dürfen. Zuletzt hatte der Profos vor Abu Dhabi im Persischen Golf dem Decksältesten Smoky den Kopf kahlgeschoren.
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