William Shakespeare
Übersezt von Wolf Heinrich Graf von Baudissin
Saga
Antonius und Cleopatra
Übersezt von Wolf Heinrich Graf von Baudissin
Titel der Originalausgabe: Antony and Cleopatra
Originalsprache: dem Englischen
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 1831, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726886054
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
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unter der Redaktion von Ludwig Tieck
Erster Aufzug
Alexandria. Ein Zimmer in Cleopatras Palast
Demetrius und Philo treten auf
Philo.
Nein, dieser Liebeswahnsinn unsres Feldherrn
Steigt übers Maß. Die tapfern, edlen Augen,
Die über Kriegsreihn und Legionen glühten,
Wie die des erznen Mars, sie heften sich
Und wenden ihrer Blicke Dienst und Andacht
Auf eine braune Stirn; sein Heldenherz,
Das im Gewühl der Schlachten sonst gesprengt
Die Spangen seiner Brust, verleugnet sich
Und ist zum Fächer worden und zum Blasbalg,
Einer Zigeunrin Wollust abzukühlen.
Seht, da, sie kommen!
Trompetenstoß. Antonius und Cleopatra mit ihrem Gefolge und Verschnittnen, die ihr Luft zufächeln, treten auf.
Bemerkt ihn recht; so seht ihr dann in ihm
Des Weltalls dritte Säule umgewandelt
Zum Narren einer Buhlerin; schaut hin und seht! –
Cleopatra.
Ist's wirklich Liebe, sag mir denn, wieviel?
Antonius.
Armselge Liebe, die sich zählen ließe! –
Cleopatra.
Ich will den Grenzstein setzen deiner Liebe!
Antonius.
So mußt du neue Erd und Himmel schaffen.
Ein Bote tritt auf.
Bote.
Zeitung aus Rom, Herr!
Antonius.
O Verdruß! Mach's kurz.
Cleopatra.
Nein, höre sie, Antonius.
Fulvia vielleicht ist zornig? Oder hat –
– Wer weiß es? – der dünnbärtge Cäsar
Sein Machtgebot gesandt: « Tu dies und das!
Dies Reich erobre! Jenes mache frei!
Tu's gleich, sonst zürnen wir! »
Antonius.
Wie nun, Geliebte!
Cleopatra.
Vielleicht – nein doch, gewiß
Darfst du nicht länger bleiben: Cäsar weigert
Dir fernern Urlaub! Drum, Antonius, hör ihn. –
Wo ist Fulvias Aufruf? Cäsars meint ich – beider?
– Die Boten ruft. – So wahr ich Königin,
Antonius, du errötst: dies Blut erkennt
Cäsarn als Herrn; wo nicht, zahlt Scham die Wange,
Wenn Fulvia gellend zankt. – Die Abgesandten! –
Antonius.
Schmilz in die Tiber, Rom! Der weite Bogen
Des festen Reichs zerbrech! Hier ist die Welt,
Throne sind Staub: – die kotge Erde nährt
Wie Mensch so Tier: der Adel nur des Lebens
Ist, so zu tun, wenn solch ein liebend Paar (umarmt sie)
Und solche zwei es können: und worin
(Bei schwerer Ahndung wisse das die Welt)
Wir unerreichbar sind.
Cleopatra.
Erhabne Lüge!
Wie ward Fulvia sein Weib, liebt' er sie nicht? –
So will ich Törin scheinen und nicht sein;
Anton bleibt stets er selbst.
Antonius.
Nur nicht, reizt ihn Cleopatra. Wohlan,
Zu Liebe unsrer Lieb und süßen Stunden,
Nicht sei durch herb Gespräch die Zeit verschwendet.
Kein Punkt in unserm Leben, den nicht dehne
Noch neue Lust. Welch Zeitvertreib zu Nacht? –
Cleopatra.
Hör die Gesandten.
Antonius.
Pfui, zanksüchtge Königin!
Der alles zierlich steht, Schelten und Lachen
Und Weinen; jede Regung strebt, daß sie
An dir zur Schönheit und Bewundrung werde. –
Kein Bote! Einzig dein und ganz allein! –
Zu Nacht durchwandern wir die Stadt und merken
Des Volkes Launen. Komm, o Königin,
Noch gestern wünschtest du's. – Sprecht nicht zu uns.
(Antonius mit Cleopatra und Gefolge ab.)
Demetrius.
Wie! Schätzt Antonius Cäsarn so gering?
Philo.
Zuzeiten, wenn er nicht Antonius ist,
Entzieht sich ihm die große, würdge Haltung,
Die stets ihn sollte schmücken.
Demetrius.
Mich bekümmert's,
Daß er bekräftigt den gemeinen Lügner,
Der so von ihm in Rom erzählt. Doch hoff ich
Morgen auf ein verständger Tun. – Schlaft wohl! –
(Beide ab.)
Daselbst. Ein andres Zimmer
Es treten auf Charmion, Iras, Alexas und ein Wahrsager
Charmion.
Herzens-Alexas, süßer Alexas, ausbündigster Alexas, du allersublimiertester Alexas, wo ist der Wahrsager, den du der Königin so gerühmt? O kennte ich doch diesen Ehemann, der, wie du sagst, seine Hörner für Kränze ansieht!
Alexas.
Wahrsager! –
Wahrsager.
Was wollt ihr? –
Charmion.
Ist dies der Mann? Seid Ihr's, der alles weiß?
Wahrsager.
In der Natur unendlichem Geheimnis
Les ich ein wenig.
Alexas.
Zeig ihm deine Hand.
Enobarbus tritt auf.
Enobarbus.
Bringt das Bankett sogleich und Wein genug,
Aufs Wohl Cleopatras zu trinken.
Charmion.
Freund, schenk mir gutes Glück.
Wahrsager.
Ich mach es nicht, ich seh es nur voraus.
Charmion.
Ersieh mir eins.
Wahrsager.
Ihr werdet noch an Schönheit zunehmen.
Charmion.
Er meint an Umfang.
Iras.
Nein, wenn du alt geworden bist, wirst du dich schminken.
Charmion.
Nur keine Runzeln!
Alexas.
Stört den Propheten nicht! gebt Achtung!
Charmion.
Mum! –
Wahrsager.
Ihr werdet mehr verliebt sein als geliebt.
Charmion.
Nein, lieber mag mir Wein die Leber wärmen.
Alexas.
So hört ihn doch!
Charmion.
Nun ein recht schönes Glück: laß mich an einem Vormittage drei Könige heiraten und sie alle begraben; laß mich im fünfzigsten Jahr ein Kind bekommen, dem Herodes, der Judenkönig, huldigt; sieh zu, daß du mich mit dem Octavius Cäsar verheiratest und meiner Gebieterin gleichstellst.
Wahrsager.
Ihr überlebt die Fürstin, der Ihr dient.
Charmion.
O trefflich! Langes Leben ist mir lieber als Feigen.
Wahrsager.
Ihr habt bisher ein beßres Glück erfahren,
Als Euch bevorsteht.
Charmion.
So werden meine Kinder wohl ohne Namen bleiben: – sage doch, wieviel Buben und Mädchen bekomme ich noch? –
Wahrsager.
Wenn jeder deiner Wünsche wär ein Schoß,
Und fruchtbar jeder Wunsch –'ne Million.
Charmion.
Geh, Narr, ich vergebe dir, weil du ein Hexenmeister bist.
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