„Management handelt von Menschen. Seine Aufgabe ist es, Menschen zu ermöglichen, gemeinsam Leistung zu erbringen, Stärken zu nutzen und Schwächen zu kompensieren …” 11)So beginnt Peter Drucker, der Begründer der modernen Managementlehre, seine Definition des Begriffs „Management”.
3. Wer ist wichtiger – Mandanten oder Mitarbeiter?
16Zwei Menschengruppen sind für den Erfolg einer Steuerberatungskanzlei entscheidend: Mandantenund Mitarbeiter.Alle anderen mit der Kanzlei verbundenen Menschen, wie Lieferanten, Kooperationspartner, Behörden etc. spielen – langfristig betrachtet – eine untergeordnete Rolle 12).
17Bevor wir der Frage nachgehen, wer für den Erfolg der Kanzlei wichtiger ist, der Mandant oder der Mitarbeiter, möchte ich noch kurz auf die Bedeutung koordinierten Handelns in solchen Steuerberatungspraxen eingehen, die partnerschaftlich von mehreren Berufsträgerngeführt werden. Die erste Konsequenz der Ausgangsthese „Quelle Mensch” 13)lautet für solche Konstellationen: Wenn wir (Partner) im Leben „mehr” (von was auch immer) erhalten möchten, müssen wir (Partner) anderen Menschen mehr von dem geben, was sie wollen, damit sie uns – freiwillig – mehr von dem geben, was wir wollen.
Gibt es in einem beruflichen Zusammenschluss mehrerer Berufsträger bei den Kanzleizielen keine gemeinsame Grundüberzeugungder Partner, 14)sondern nur mehrere „ich’s”, aber kein „wir”, werden nach den Erfahrungen meiner beruflichen Beratungspraxis alle Initiativen und Maßnahmen zu Mitarbeiterführung, Mandantenbegeisterung, Qualitätssicherung etc. wirkungslos verpuffen. Unstimmigkeiten über die Kanzleistrategie, versteckte und offene Rivalitäten, unterschiedliches Führungsverständnis sowie mangelnde Kommunikation zwischen Partnern bedeuten, dass die positiven Effekte der „Quelle Mensch” nicht realisierbar sind. Denn es fehlt ein entscheidender Erfolgsfaktor: Wissen, was man will. 15)Die Folge sind unausgeschöpfte Potenziale. Die Defizite werden – meist noch über Jahre – durch passable Betriebsergebnisse verdeckt. Die Langzeitwirkung eines fehlenden Grundkonsenses ist jedoch verheerend: Die Symptome der bestehende Probleme können zwar behandelt werden, die Probleme selbst bleiben jedoch ungelöst. Die Klärung der gegenseitigen Erwartungen, das Finden gemeinsamer Ziele und die Übereinkunft aller Partner, hart an der Umsetzung der gemeinsam gefundenen Ziele zu arbeiten, sind die Grundvoraussetzungen für alles andere. Erst dann, wenn diese gemeinsame Basis geschaffen ist, stellt sich die Frage: Wer ist wichtiger, der Mandant oder der Mitarbeiter?
18Rufen Sie sich bitte folgende Situationenins Gedächtnis, die Ihnen aus dem Kanzleialltag vertraut sind: Ein Mitarbeiter möchte ein Gespräch mit Ihnen. Zum gleichen Termin wünscht ein Mandant eine Besprechung. Eine wichtige Fortbildungsveranstaltung für einen Mitarbeiter steht an. In derselben Woche läuft die Frist für die Fertigstellung eines wichtigen Mandantenprojekts ab, das dieser Mitarbeiter bearbeitet hat. Genau zum Zeitpunkt des geplanten Kanzleimeetings mit dem Team besteht ein Mandant auf einem Gesprächstermin mit Ihnen. Wie entscheiden Sie sich in diesen drei Alltagssituationen?
Ich beobachte hierzu immer wieder, dass bei TerminkollisionenMandantenbelange über die Mitarbeiteranliegen gestellt werden. Das hat natürlich gute Gründe. Da ist zum einen der Honoraraspekt, zum anderen der Gesichtspunkt der Mandantenzufriedenheit. Vor diesem Hintergrund, so wird unterstellt, habe auch der Mitarbeiter für eine Priorisierungder MandanteninteressenVerständnis. Kurzfristig betrachtet mag diese Sicht auch zutreffend sein, langfristig allerdings nicht. Jene Menschen, die die Kanzlei bezahlt (Mitarbeiter), sind perspektivisch betrachtet wichtiger, als jene Menschen, die die Kanzlei bezahlen (Mandanten).
Mitarbeiterorientierungkommt also vor Mandantenorientierung.Denn durch die Mitarbeiterorientierung schafft die Kanzlei erst die Voraussetzungen für eine Mandantenorientierung. Wie können Mitarbeiter dauerhaft Mandanten begeistern, wenn Sie nicht von der eigenen Kanzlei (ihrem Vorgesetzten, dem Inhaber, den Partnern) und deren Leistungen restlos überzeugt sind? Erst der radikale Fokus auf die Mitarbeiterentwicklung schafft die Voraussetzungen dafür, weitere und vor allem attraktive Mandanten zu gewinnen. Ohne Mitarbeiterentwicklung läuft jegliche Kanzleientwicklung ins Leere.
19Sie zweifeln? Sie sind unsicher? Bisher waren die Mandanten Ihre Top-Priorität? Machen Sie mit mir bitte ein Gedankenexperiment:Bevor Sie nun weiter lesen, nehmen Sie sich eine Minute Zeit, um darüber nachzudenken, wer Ihr Top-Mandant, also die echte Nummer eins ist, und was Sie für ihn jetzt schon tun bzw. in Zukunft noch tun könnten.
Zum zweiten Teil der Frage, also den derzeitigen und möglichen Maßnahmen,könnten Ihnen spontan die folgenden Überlegungen in den Sinn kommen:
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Sich regelmäßig Zeit für den Mandanten reservieren |
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Sofort reagieren, wenn ein Problem auftaucht |
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Alle betroffenen Mitarbeiter über wichtige Änderungen beim Mandanten informieren |
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Aktiv auf den Mandanten zugehen |
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Den Jahresabschluss unmittelbar nach dem Bilanzstichtag erstellen |
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Nicht nur steuerliche Bereiche abdecken, sondern umfassend beraten |
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Kontinuierliche Begleitung und Unterstützung des Mandanten durch Planung und Abweichungsanalysen |
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Besprechungen schriftlich dokumentieren und immer wieder wegen der Umsetzung nachfragen |
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Vereinbarte Termine und besprochene Maßnahmen hundertprozentig einhalten |
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Besondere Umgangsform bzw. Kommunikation pflegen |
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Erfolge gemeinsam feiern |
Ihnen werden sicher noch eine Reihe weiterer Maßnahmen eingefallen sein. Würde man ein paar Minuten Zeit investieren, dann ließe sich die Liste um dutzende Punkte verlängern.
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