Sieghard Wilm - St. Pauli, meine Freiheit

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St. Pauli ist dreckig, laut und herzlich. Der Junge vom Dorf hätte nie geträumt, dort einmal Pastor zu werden. Fromm erzogen, strandet der Gottessucher auf dem Kiez. Dort erlebt er sein Coming Out, findet seine große Liebe und gründet eine Regenbogenfamilie. Mitten im Rotlicht und Blaulicht wird die St. Pauli Kirche sein Ort für Glaube, Liebe und Hoffnung. Menschen aller sozialen Schichten füllen seine Kirche und spiegeln die Vielfalt des Viertels wieder: Promis, Akademiker, Obdachlose und Prostituierte. Eine fromme und freche Freiheitserklärung.

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Einen anderen Wunsch hörte ich von vielen Presseleuten: Sie hofften, dass ich mich als Gottesmann empöre über den Sündenpfuhl St. Pauli. Das wäre eine feine Schlagzeile! Schön zugespitzt, schön Kontrastreich: Der Kiezboss und der Friedensstifter, der Gottesmann und die Sünderin, der Jesusjünger und der Totschläger.

Manche Pressewünsche gingen in eine entgegengesetzte Richtung: Ich sollte als Pastor möglichst distanzlos mitmachen, was man so auf dem Kiez macht. Gemeinsamer Nenner ist das Saufen. Wissen wir doch alle: Der Kiez ist erst nach dem dritten Bier so richtig schön. Dann liegen sich alle, alle in den Armen: Der Gottesmann mit dem Kiezboss, mit der Sünderin, mit dem Totschläger. Das finden dann alle gut oder auch empörend. Aber eine gute Story wäre es doch allemal.

Die dritte Art der Anfragen war von der Idee getrieben, ich sei als Pastor die beste Adresse für Bekehrungen. Ich sollte Lebenswenden erzählen. Also: Der Kiezboss, der von Reue geschüttelt wird, die Sünderin, die jetzt glücklich verheiratet und stolze Mutter ist. Der Totschläger, der nach seiner Läuterung jetzt anderen schweren Jungs das Evangelium verkündet. Ach, wie schön wäre das, wie anrührend und wie unterhaltsam.

Ich gebe zu, manchmal habe ich mich auf solche Anfragen eingelassen, auch in der Hoffnung, das Klischee nicht zu bedienen, sondern zu brechen. Manchmal war ich mit dem Ergebnis zufrieden. Aber oft habe ich gemerkt, dass mir in Interviews die Sätze, die mir wirklich was bedeutet haben, weggeschnitten wurden und am Ende doch wieder das erzählt wurde, was alle vorher schon an Bildern im Kopf hatten, wenn sie St. Pauli hören. Ich erzähle hier abseits vom Klischee meine Geschichte mit Gott, die meine Geschichte der Freiheit ist.

Ich erzähle, wer ich bin und wo ich herkomme, was ich hier mache und was dieses St. Pauli mit mir gemacht hat. Ich erzähle über die Menschen, die mein St. Pauli sind. Und ich teile meine Fragen, die mich wachhalten. Ich halte sie für wichtiger als alle Antworten, deren Richtigkeit mich einschläfert.

Ich halte mich für keinen irgendwie besonderen Typen, nur weil ich St.-Pauli-Pastor bin. So wurde ich nicht erzogen, mich für etwas Besonderes zu halten. Ich finde, dass die Pastorinnen in Billstedt, in Wilhelmsburg oder Steilshoop mindestens genauso viele interessante Geschichten erzählen können. Sie haben es auch verdient, dass ihnen zugehört wird. Aber für mich ist es jetzt nach 18 Jahren dran, meine Geschichte aufzuschreiben. Schreiben heißt für mich, hineinzuhören in mein Leben. Es ist ein Aufräumen und Sortieren, es ist ein Aufspüren von Zusammenhängen. Das kostet Kraft, wenn alter Schmerz wach wird und manchmal ist es auch wunderbar schön und befreiend für mich.

Jenseits von Friedhof und Fluss

Von dem Bauerndorf an der Bundesstraße nach Hamburg trennten uns der Friedhof und der Fluss. Östlich der Brücke über den Fluss lagen die Siedlungen. Hier wohnten die Flüchtlinge und ihre Kinder. Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten, die seit 1945 in Schleswig-Holstein hängen geblieben waren – so wie die Familien meiner Eltern. 1969 bauten sie ein Haus auf einem sandigen Hügel, billiges Kirchenland oberhalb einer nassen Wiese. Irgendwie hatten sie die 5000 Mark Mindestkapital zusammengekratzt, um sich an diesem sozialen Siedlungsbauprojekt zu beteiligen. Was an Geld fehlte, wurde mit Eigenleistung wettgemacht. Die Nachbarn waren ja ebenfalls Flüchtlinge und alle hielten zusammen. Mein Vater war nach Feierabend im Sommer immer auf dem Bau, sonnengebräunt im Unterhemd, mal bei den Nachbarhäusern, mal auf unserer Baustelle. Ein Haus nach dem anderen wurde so in Gemeinschaftsarbeit hochgezogen. Bescheidene Häuser, aber für eine ganze Generation von sogenannten „Siedlern“, wie man im Dorf sagte, waren sie das Symbol für ein besseres Leben.

Wir Kinder mussten die Erwachsenen auf der Straße als erstes grüßen, wenn wir uns nicht den Schimpf von Mutter anhören wollten, dass ihr zu Ohren gekommen war: „Ihre Kinder grüßen ja gar nicht!“ Wer in der Siedlung lebte, musste sich besonders gut benehmen, weil zu beweisen war, dass diejenigen, die sich nicht zu den Alteingesessenen zählen dürfen, etwas taugen.

Damals war ich vier Jahre alt und mächtig stolz auf unser Haus. Um den Westwind auf dem Sandhügel zu bremsen, pflanzte mein Vater ein Fichtenwäldchen aus Setzlingen, die groß waren wie seine Hand. Ich durfte die Jahre meiner Kindheit zusehen, wie die Bäume wuchsen, bis man den Friedhof auf der anderen Seite des Flusses nicht mehr sah. Dort lagen meine Großeltern und meine Urgroßmutter in einer Erde, die sie nicht ihre Heimat nannten. Ich habe schwache Erinnerungen an meine väterlichen Großeltern, die sich 1970 in derselben Woche von der Erde verabschiedeten. Opa roch nach Jägermeister und Juno-Zigaretten und stand mit seiner schwarzen Arbeitermütze stolz an der Bundesstraße, die er mitgebaut hatte. Oma trank mit rasselnder Lunge ihren Hustensaft aus der Flasche und hatte noch den Geruch von Brathering mit Zwiebeln in der Strickjacke.

Großgeworden bin ich unter Menschen, die den Krieg und die Flucht als Erwachsene oder als Kinder erlebt hatten. „Ihr wisst ja gar nicht, wie gut es ihr habt“ – wie oft habe ich das gehört, so auch aus dem Mund meines Vaters. Als mein Bruder, meine Schwester und ich nur das weiße Fleisch des Hühnchens essen wollten, nicht aber den Knorpel und die fette Haut, übernahm er unsere Reste und brach auch noch die Knochen des Vogels auseinander, um das Mark auszusaugen. Das Kinn meines Vaters glänzte vor Fett. In diesen Momenten war mein Vater wieder der neunjährige Junge Kurt, 1936 in einer Danziger Arbeiterfamilie geboren, der Kartoffeln und Eier beim Bauern klaute, um zu überleben. Der im Sommer barfuß die vier Kilometer zur Schule lief und sich im frostigen Winter an eine Kuh anschmiegte, um sich aufzuwärmen. Die Familie meines Vaters lebte nach der Flucht zunächst in einem Kuhstall. Dafür mussten der Neunjährige und seine Brüder auf den Bauernhöfen arbeiten: Die Wiese mit der Sense mähen, mit Pferdegespann den steinigen Acker pflügen. Sieben Jahre hat mein Vater diese harte Arbeit nach dem Unterricht in der Volksschule gemacht. Dafür zahlte der Bauer den Anzug zur Konfirmation. Mit den Flüchtlingen gingen die Bauern mal besser, mal schlechter um. Billige Arbeitskräfte waren die jungen Männer, die sich nach der Feldarbeit abends auf die Bratkartoffeln stürzten. Aber der feine Schinken blieb für den Bauern und seine Familie, erzählte mein Vater. Eigentlich wollte Kurt weiter zur Schule gehen und studieren. Doch dafür fehlte das Geld.

In den 1950er-Jahren gab es zu wenig Ausbildungsplätze. Da mein Vater mit Pferden gut konnte und sie zu beruhigen wusste, wenn der Schmied die glühenden Eisen auf die Hufe schlug, überlegte er, Schmied zu werden. Aber die Pferde wurden durch Maschinen ersetzt und weil es nichts anderes gab, wurde mein Vater Lehrling bei einem Tankwart. In den 50ern war das ein Ausbildungsberuf, die Bezahlung war mies.

Während Kurts ältere Brüder sich einen Ruf im Dorf erarbeiteten – Wer kann am meisten Eier essen oder eine Flasche Oldesloer Doppelkorn am schnellsten trinken – entschied sich mein Vater für einen anderen Weg. Als junger Mann fand er eine Art Ersatzfamilie im Nachbardorf, deren Bedeutung ich erst viel später verstanden habe. Sein bester Freund war der Sohn des Hauses – fromme Ostpreußen, die den jungen Mann Ende der 50er wie einen Sohn aufnahmen. Bei ihnen hatte mein Vater gelernt, was Familie bedeutet. Da gab es gutes Essen auf dem Tisch. Aber genauso wichtig war das Gebet. Eine Nähe und Warmherzigkeit und ein Glaube, der das Leben „umbetet“, so wie ein Gemüseacker umgegraben wird, mit Geduld und Hoffnung. Diese Ostpreußen wollten Seelen retten. Und mein Vater wollte sein haltloses Leben retten lassen. Dass er dabei meine Mutter kennenlernte, ist die Gründungslegende unserer Familie. Es geschah durch einen schrecklichen Unfall. Mein Vater hatte mir als Kind die Narbe in der Rinde eines Baumstamms an der Landstraße gezeigt, wo es passiert ist. Damals, Anfang der 60er, fuhr er gerne Motorrad und genoss die Geschwindigkeit in der baumgesäumten Allee. Mit einem der Bäume hatte er einen Frontalzusammenstoß. Das kostete ihn seine vier Schneidezähne und mehrere Knochenbrüche. Im Krankenhaus hatte Kurt Besuch von seinem besten Freund. Dessen Schwester war dort Krankenschwester, und deren Mitschwester und Freundin wiederum war Gismara. Was für ein ungewöhnlicher Name! Ich frage mich, was meine Mutter an diesem Mann fand, dem die vier Schneidezähne fehlten. Vielleicht hatte Gismara erkannt, dass es Kurt genauso ging wie ihr. Beide hatten in ihren kaputten Familien nichts zu lachen.

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