Islam in europäischer Kultur
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Mit Beiträgen von Rifa’at Lenzin, Richard Nennstiel, Ulrich Rebstock und Milad Karimi.
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Cornelius Borck, Christoph Rehmann-Sutter, Birgit Stammberger (Hg.)
Islam in europäischer Kultur
© 2017 zu Klampen Verlag · Röse 21 · 31832 Springe www.zuklampen.de
Umschlaggestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH · Hamburg
Satz: Germano Wallmann · Gronau · www.geisterwort.de
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017
ISBN 978-3-86674-686-2
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.dnb.de›abrufbar.
Inhalt
Cover
Titel Cornelius Borck, Christoph Rehmann-Sutter, Birgit Stammberger (Hg.) Islam in europäischer Kultur
Impressum © 2017 zu Klampen Verlag · Röse 21 · 31832 Springe www.zuklampen.de Umschlaggestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH · Hamburg Satz: Germano Wallmann · Gronau · www.geisterwort.de E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017 ISBN 978-3-86674-686-2 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹ http://dnb.dnb.de› abrufbar.
Einleitung der Herausgeber
Rifa’at Lenzin
Wie öffentlich darf Religion sein?
Richard Nennstiel
Christlich-islamischer Dialog im Wandel von Geschichte und Politik
Ulrich Rebstock
Zahlenwanderungen – und wie die Christen arabisch zählen lernten
Ahmad Milad Karimi
Islamisches Denken in der Gegenwart
Die Autoren
Anmerkungen
Einleitung
Der Islam gehört seit Jahrhunderten zur Vielfalt von Strömungen in Europa. Unzweifelhaft ist der Islam deshalb Teil europäischer Kultur. Dieses Offensichtliche gerät aber in den gegenwärtigen identitätspolitischen Auseinandersetzungen um Europa aus dem Blick. Im Kontext einer »neuen Islamophobie« (Vincent Geisser1), in den Reden und politischen Programmen der neopopulistischen Bewegungen ist umstritten, wie und ob der Islam zu Europa gehören soll. Einige wollen Europa als öffentlichen Raum ohne Islam definieren. Es geht um Ein- und Ausschluss, um die Sichtbarkeit von Religion, um das Verständnis von Zugehörigkeit, um Laizität, um kulturelle Leitbilder. Die Beiträge des Buches nehmen diese Debatte zum Anlass, um auf verschiedenen Ebenen und von verschiedenen Seiten der Frage nachzugehen, wie der Islam Teil europäischer Kultur ist.
Der Titel des Buches ist mit Bedacht gesetzt. Er verbindet den Islam nicht nur mit europäischer Kultur, sondern denkt diese auch dynamisch und plural, sowohl was die Vergangenheit und die Gegenwart als auch was die Zukunft anbelangt. Europäische Kultur ist das, was zwischen den Menschen, die in Europa im Kontext unterschiedlicher Religionen und Konfessionen leben, geschah und geschieht. Sie ist auch das, wie sich europäische Gesellschaften zu Gesellschaften außerhalb Europas verhalten. Insofern sind die Missionen, die Eroberungen, der Kolonialismus und die beiden Weltkriege auch ein Teil der europäischen Geschichte. Zu ihr gehören aber auch die kritische Aufarbeitung und die Auseinandersetzung mit schwierigen Erinnerungen als Vergegenwärtigung von Vergangenheit. Europa ist nicht nur ein Territorium, sondern eine aus ihren inneren Differenzen und Widersprüchen heraus lebendige Kultur, die nicht fertig vorliegt, sondern die vor allem das ist, was sie wird. Und das bedeutet auch, dass die europäische Kultur das ist, was wir aus ihr machen.
Die Auseinandersetzung mit dem Thema Islam schreibt sich in die jeweiligen speziellen Geschichten der Länder Europas unterschiedlich ein. Die Pariser Soziologin Nilüfer Göle und ihr Team beobachteten in dem transnationalen Befragungsprojekt »Euro-PublicIslam« die höchst unterschiedlichen Erscheinungsweisen des Islam in Europa.2 Verschiedene muslimische Lebensformen in verschiedenen historischen und politischen Kontexten stoßen auf unterschiedliche Logiken von Islamophobie. Es haben sich Modelle herausgebildet: etwa das britische Modell der Multikulturalität, das mit der Brexit-Abstimmung 2016 an die Grenzen der realpolitischen Wirklichkeit gestoßen ist; das aus den innerchristlichen Konfessionskriegen zur Befriedung des Staates entstandene französische Modell der Laizität, mit dem Kruzifixe in Schulzimmern verboten sind, in dem nun aber nicht deutlich ist, ob an einem südfranzösischen Badestrand Burkinis getragen werden dürfen; oder die im deutschen Kontext behauptete christliche Leitkultur des Abendlandes, die deutliche Zeichen des Anachronismus mit sich führt.
Trotz dieser Unterschiede wird die Angst vor ›dem Islam‹ und das Zerrbild einer ›Islamisierung‹ politisch transnational bewirtschaftet, um Allianzen zu finden. Vorurteile werden aktiv geschürt. Dabei wird der Islam als fremd und nichteuropäisch konstruiert. Wie der Soziologe Vincent Geisser argumentiert, ist die neue Islamophobie nicht eine Reaktualisierung eines zum Teil älteren antiarabischen, antimaghrebinischen und flüchtlingsfeindlichen Rassismus. Der Begriff bezeichnet das Phänomen deshalb genauer, weil er die Spaltung eines ›wir‹ von ›denen‹ und damit die Angst vor ›jenen‹ klar zu Tage bringt und weil seine Referenz nicht ethnisch, sondern religiös ist. Diese Religion darf nicht (oder zumindest nicht zu deutlich) sichtbar sein. Das Verrichten von Freitagsgebeten auf öffentlichen Plätzen beispielsweise ist in europäischen Ländern ein Ärgernis, das von Muslim_innen deshalb meist vermieden wird. Der Begriff der Islamophobie ist präziser als der einer Xenophobie, die sich auf alles Fremde richten könnte. Islam in europäischer Kultur will dieser Islamophobie entgegentreten und betont die tiefe Verwobenheit von europäischer Kultur und Islam. Dazu soll den Verflechtungen in der Vielzahl ihrer Bedeutungen als Geschichte von Gemeinsamkeiten und Differenzen nachgegangen werden.
Grundlage dieses Buches bilden vier Vorträge, die im Sommersemester 2016 im Studium generale der Universität zu Lübeck gehalten wurden. In dieser Zeit wurde in Deutschland von einer Flüchtlingskrise und von Obergrenzen gesprochen, zugleich war das öffentliche Klima aber auch von einem enormen bürgerlichen Engagement geprägt. Die Veranstaltung wurde getragen vom Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL) und verstand sich als das Engagement einer der Religion gegenüber aufgeschlossenen Bürger_innengruppe auf einer säkular-universitären Plattform. Es war weder eine Veranstaltung von Islam-Anhänger_innen noch ein Projekt im christlich-islamischen Dialog. In den Diskussionen ging es vielmehr darum, das Verhältnis von Religion und Gesellschaft genauer auszuloten und den Islam im Verhältnis der verschiedenen europäischen Kulturen näher anzuschauen. Weil die Veranstaltung auf außerordentlich großes Interesse stieß und rasch die Nachfrage nach den Texten entstand, vor allem aber auch deshalb, weil wir die Vorträge für nachlesenswert halten, haben wir uns entschlossen, aus den Beiträgen ein Buch zu machen.
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Wir und der Islam, die Deutschen und die Muslime, wir und die anderen – solche Formulierungen finden sich derzeit in Talksendungen, Feuilletons und auch in der Alltagssprache. Doch was heißt es eigentlich, das Verhältnis zwischen Deutschen und Muslimen in einem ›Wir Deutsche‹ und ›Die Muslime‹ zu bestimmen, und wer ist gemeint, wenn ›wir‹ von einem ›wir‹ sprechen? In seiner Betrachtung über Muslim_innen in Deutschland problematisiert Navid Kermani Identitätskonzepte, die uns zunächst vertraut erscheinen.3 Die Einordnung, sich über ein ›Wir‹ mit diesem oder jenem zu identifizieren, ist zunächst ein normaler, alltäglicher Akt, den wir beständig ausführen.
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