Copyright © Claudius Verlag, München 2019
www.claudius.de
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt München
Umschlagabbildung: © shutterstock/ Alexander_Evgenyevich
Layout: Mario Moths, Marl
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, 2019
ISBN: 978-3-532-60052-8
Cover
Titel
Impressum Copyright © Claudius Verlag, München 2019 www.claudius.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden. Umschlaggestaltung: Weiss Werkstatt München Umschlagabbildung: © shutterstock/ Alexander_Evgenyevich Layout: Mario Moths, Marl E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, 2019 ISBN: 978-3-532-60052-8
Einleitung
Willkommen auf dem Friedhof der Konzepte
Herdfeuer und Geschichten
Anfänge
Ein ganz eigener Weg
Die Prozesstheologie des Grünen Mannes
Irischer Dauerregen und die Weisen aus der Wüste
Von Grund auf gut
Segnen und gesegnet werden
Jesus – der nette Kerl von nebenan und der ganze Kosmos
Irische Wandersandalen und ihre Spuren
Dem Himmel sei Dank, bin ich kein Profi …
Tá mo Dhia saor – mein Gott ist frei
Wasser zu Wein
Am Sonntag geht Gott angeln
Schlusswort
Literatur
Anmerkungen
Es gibt eine Menge Dinge in der menschlichen Geschichte, die in Vergessenheit geraten sind. Bei einigen davon ist das nicht weiter schlimm, denn niemand vermisst wohl ernsthaft das ptolemäische Weltbild, die Phrenologie oder so bahnbrechende Erfindungen wie mit Blei verlötete Konservendosen. Wir sehnen uns nicht nach der Medizin des Mittelalters zurück und jenseits von romantischen Vorstellungen ist auch die Dampflok für die meisten Zeitgenossen eher unattraktiv. Manches, was eine Zeit lang das Nonplusultra zu sein schien, wird irgendwann von etwas Sinnvollerem, Nachhaltigerem, Vernünftigerem oder schlicht Effektiverem abgelöst, während anderes sich ganz einfach als Irrweg entpuppt.
Bei einigen geistesgeschichtlichen Strömungen sieht die Lage allerdings anders aus. Obwohl scheinbar ausradiert, blieben von ihnen noch Fragmente und einzelne, leicht verloren wirkende Puzzleteile übrig, die wir heute mühsam zusammensetzen und dabei staunend entdecken, dass dieser oder jener Aspekt einer bestimmten Weltsicht uns heute ganz gut zu Gesicht stehen würde. Das ist so bei der Naturverbundenheit der nordamerikanischen Indianer und wird vielleicht ebenso irgendwann tragischerweise bei der im Untergang begriffenen Kultur Tibets so sein.
Auch das Thema dieses Buches betrifft eine solch untergegangene Geisteshaltung, deren Inhalte uns heute noch viel sagen und uns auf eine neue Spur in Richtung lebenswerter Zukunft setzen können.
Das keltische Christentum 1mitsamt seiner aus heidnischer Zeit stammenden Naturverehrung zeigt uns Wege auf, sowohl die Schöpfung mit all ihren verschiedenen Wesen wertzuschätzen als auch ein Gefühl für die grundlegende Quelle dieser Vielfalt zu bekommen, die wir in unserer Kultur Gott nennen und der wir uns mit einem gänzlich neu geerdeten Vertrauen zuwenden können.
Diese Weltsicht, deren Blütezeit genau genommen nur knapp zwei Jahrhunderte dauerte, ist wie dafür geschaffen, die Herzen der Menschen in unserer westlichen Leistungsgesellschaft zu weiten und in ihnen Platz für all das zu schaffen, was existiert: Platz für alle Menschen gleich welcher Herkunft, Hautfarbe, sozialer Stellung und sexueller Orientierung; Platz für diejenigen, deren Meinung uns nicht behagt, und auch für die, deren Glaube uns persönlich nicht anspricht; Platz auch für alle Wesen dieser Welt, die so verschieden von uns sind, die jedoch ihre je eigene wichtige Aufgabe in einem riesigen Kreislauf des Lebens erfüllen, und deren Lebensraum unseren Lebensraum auf natürliche Weise begrenzt; Platz letztlich für etwas, das größer ist als wir selbst und das unseren Blick von den Befindlichkeiten und Bedürfnissen unseres Ego auf die wirklich wesentlichen Dinge lenkt: Liebe, Mitgefühl, Humor, Freiheit und Gemeinschaft ... und Poesie.
Natürlich besteht bei solchen Rückgriffen auf längst verschüttete Vorstellungen immer die Gefahr, zu sehr auf die eigenen romantischen Impulse zu setzen und sich zu einer kritikfreien Lobhudelei hinreißen zu lassen. Doch ich gelobe feierlich, die Kelten nicht zu den Winnetous Europas hochstilisieren oder Ihnen den heiligen Patrick als Idealbild gelingenden Lebens unterjubeln zu wollen. Worum es mir geht, ist vielmehr, eine uralte und fast vergessene Tradition zu präsentieren, die durchaus ihren Platz in unserer modernen Welt verdient, und Ihnen auf mehreren Ebenen einen persönlichen Zugang zu dieser „grünen Spiritualität“ des keltischen Christentums zu verschaffen. Zu diesem Zweck erscheint es mir sinnvoller, davon zu berichten, was mich tatsächlich berührt hat, was eine wirkliche Veränderung in mir anstieß, was mich auch in Momenten großen Zweifels oder tiefer Traurigkeit aufatmen ließ und wie dies mit den Glaubensinhalten dieser besonderen Form der Spiritualität zusammenhängt, anstatt einen historischen Abriss zu schreiben. Worauf es letztlich ankommt, ist die Frage, was all dies heute für uns ganz konkret bedeuten kann und wie uns dieser uralte Schatz an Weisheit, der sich in der keltisch-christlichen Tradition offenbart, zu einem neuen Blick auf die Welt verhilft und uns für das Reich Gottes öffnet, das schon mitten unter uns ist.
Für mich war das keltische Christentum während einer Zeit großen Zweifels ein Weg, meine Verbindung zum Wunder der Schöpfung zu stärken und den eigenen Glauben, den ich nur noch als Theorie fassen konnte, wieder zu einer spürbaren Wirklichkeit werden zu lassen. Schritt für Schritt führte mich diese Form der Spiritualität zu einem lebendigen und tief empfundenen Christentum zurück. Die Segenswünsche, der Blick auf die Schöpfung, die Idee von Jesus als Freund und nicht als Herrscher, die erfrischende Alltäglichkeit der Spiritualität, die Gleichzeitigkeit von Bodenständigem und Mystischem, die Offenheit und das erzählerische Element, die Fokussierung auf das überall zugrunde liegende Gutsein – all dies ließ meine Seele wieder frei atmen, nachdem sie sich lange Zeit so angefühlt hatte, als wäre sie irgendwo zwischen Zweifeln, einer gewissen Resignation und bloßen Vorstellungen eingesperrt gewesen. Auf diesem Weg zurück zur Lebendigkeit und zum Vertrauen hat mir vor allem ein sehr ungewöhnlicher irischer Priester geholfen, der nicht nur wie eine Mischung aus Gandalf, Dumbledore, dem Mann aus den Bergen und einem in die Jahre gekommenen Jesus aussieht, sondern der sich auch mindestens so unkonventionell verhält, wie es die erwähnte Mischung vermuten lässt. Voller Mitgefühl und Humor ließ er mich an seinem Schatz keltischer Weisheit teilhaben, sodass ich nicht nur davon lesen und gewisse Dinge intellektuell verstehen, sondern sie vor allem wirklich erfahren konnte. Wie er immer sagt, ist Wahrheit für ihn vor allem das, was uns transformiert, was uns innerlich verwandelt und zu anderen Menschen macht. Alles andere sind nur schnöde Fakten, mit denen man sich vielleicht die Zeit vertreiben kann, die aber nicht sonderlich entscheidend sind. Die Erlebnisse, die ich mit diesem Priester hatte, und die Dinge, die er mir erzählte, waren für mich der Ausgangsort einer Reise in das keltische Christentum, die mich jeden Tag ein Stückchen weiter in die Tiefe führt. Ich habe längst nicht alles entdeckt, was es auf dieser Reise zu entdecken gibt, längst nicht alles durchdrungen, längst nicht alles wahrhaft gelebt. Doch in mir herrscht eine große und freudige Bereitschaft, mich auf diesem Weg weiter vom großen Geheimnis selbst führen zu lassen, mich fallen zu lassen, loszulassen, um letztlich getragen zu werden.
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