»Kommen wir voran?«, fragte mein Vater und kratzte an den Eigelbspuren auf seinem Revers herum.
»Nicht wirklich«, gestand ich und wedelte mit der Daisy vor seiner Nase herum. »Lasse hat mir das hier gegeben. Es soll eine Nachricht von Katalie enthalten, aber ich kann sie nicht finden.«
»An wen würde Katalie ihre Worte denn richten?« Die Augen meines Vaters blickten listig.
»Na, an mich. Oder etwa nicht?« Verwirrt sah ich zu ihm herüber und beobachtete ihn dabei, wie er die Situation ganz offensichtlich genoss.
»An dich? Kennt sie dich denn? Wo du sie doch überhaupt nicht kennst, wie du mir gesagt hast.«
Ich hasste es, wenn er mehr zu wissen glaubte als ich und mich das auch noch spüren ließ. Musste mich denn alle Welt heute Morgen wie einen kompletten Idioten behandeln?
»Würde Katalie ihre Nachricht nicht eher an einen Ritter, einen Bruder oder Zahnarzt richten? Oder vielleicht an einen Geheimagenten?«
Er hatte natürlich Recht. Warum nur gelang es ihm scheinbar so mühelos, sich in Katalies Gedankenwelt zurechtzufinden, wohingegen ich wie ein Elefant darin herumtrampelte? Noch einmal nahm ich mir die letzte Seite der Daisy vor und studierte die persönlichen Nachrichten. Etwa auf der Hälfte der kurzen Texte blieb mein Blick hängen.
»Frechheit«, entfuhr es mir. »Sie hat an den Milchbubi geschrieben.«
Dicht an meiner linken Wange fühlte ich jetzt den Atem meines Vaters, der mir über die Schulter blickte. Er roch nach Eiern und Senf. » Liebes Jungchen, triff mich bei Miss Melange zur fünften Stunde «, las er laut vor. »Ja, das passt. Jungchen und Melange klingen sehr nach Milchbubi. Gratuliere, mein Sohn. Du hast deine Nachricht gefunden.«
Ich warf die Daisy auf den Boden und hackte auf die Tastatur meines Laptops ein. Endlich hatte ich die Spur, die ich brauchte.
Derweil dachte mein Vater laut nach und wanderte dabei im Zimmer herum. »Bei Miss Melange muss es sich um eine Ausländerin handeln. Eine Engländerin oder Französin, vielleicht? Sie ist noch sehr jung, denn sie ist eine Miss. Es könnte sich um ein Au-pair-Mädchen handeln. Kennst du ein Au-pair-Mädchen in der Gammelgade, Smiljan?«
Ich blickte vom Bildschirm auf und sah meinen Vater lange an. Diesmal war ich es, der eine überhebliche Miene aufsetzen konnte. »Tja, Vater, dieses Mal liegst du leider total daneben. Überzeug dich selbst.« Ich deutete auf den Laptop. »Bei der Miss Melange handelt es sich um ein Café in Esbjerg. In einer Seitenstraße zwischen den Hafenanlagen und der Innenstadt. Keine Toplage, aber für Touristen gerade noch interessant.«
»Wie klug unsere kleine Katalie doch ist.« Mein Vater schmunzelte. »Und dort wird sie sich also heute um fünf mit dir treffen.«
»Irrtum«, erwiderte ich. »Sie wird mich früher treffen. Ich werde jetzt gleich dorthin gehen. Ich werde nicht tun, was sie von mir erwartet, ich kann eigenständig denken und handeln. Und das werde ich ihr jetzt auch beweisen.«
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