Mausi bat den Besucher noch kurz Platz zu nehmen. Dann ging sie zu Steve Marlow und schaute vorsichtig nach, wie weit ihr Chef war. Steve hatte bereits sein Hemd und seine Hose angezogen, ebenso seine Socken und Schuhe und war soeben noch damit beschäftigt, seine kurzhaarige Frisur zu ordnen. Natürlich gab es nicht viel zu ordnen. Aber die kurzen Härchen konnten auch ganz schön schräg in die Landschaft hineinragen, wenn er seine sexuellen Gelüste auslebte.
Als er fand, dass nun alles seine Ordnung hätte, ging er mit Mausi gemeinsam in den Flur, um den Besucher zu begrüßen. Er nahm den Mann sofort mit in sein Büro und forderte ihn auf, ihm sein Anliegen zu schildern. Nach anfänglichem Stottern brachte der Mann heraus, was ihn beschäftigte.
Seine Frau, um mindestens zwanzig Jahre jünger, bestens aussehend, in mehreren Schönheitsoperationen zu einer äußerst attraktiven Frau gestaltet, schien sich auf Abwegen zu befinden. Der Banker erklärte nunmehr, warum er und welchen Verdacht er hegte.
Er war Kunstsammler. Neulich besuchte er mal wieder eine seiner Lieblingsgalerien. Dort kaufte er in regelmäßigen Abständen zeitgenössische Kunstwerke. Dabei hieß zeitgenössisch nicht, dass man dem Kunstwerk seinen Titel nicht mehr ansah. Sondern bisweilen gehörten dazu auch Aktbilder oder gar die Abbildungen von zwei Menschen im Liebeskampf. - So zumindest drückte sich der Banker aus, wenn er ‚vögeln’ meinte. - Naja, und da war es eben passiert.
An einer Wand, ziemlich auffällig, fand er das Bild seiner Frau. Das Problem daran: sie befand sich ganz offensichtlich im Liebeskampf mit einer anderen Person. Die befand sich aber perspektivisch genau an der Stelle, von der aus der Maler sein Bild malte. Und ganz offensichtlich war seine Frau mitten in einem Orgasmus verhangen, als der Künstler sein Bild malte.
Seit der Banker dieses Bild von seiner Frau gesehen hatte konnte er nicht mehr schlafen, sagte er. Und er müsste nun unbedingt wissen, ob seine Frau Verhältnisse mit anderen Männern pflegte, eventuell sogar mit dem Künstler. Und dazu würde er hier und jetzt und sofort den Privatdetektiv beauftragen wollen.
Solche Aufträge gehörten zum üblichen Geschäft des Privatdetektivs. Marlow nannte seine Konditionen. Der Banker stellte umgehend einen Scheck aus. Das Bild, das der Banker natürlich gekauft hatte, hinterließ er zu Ermittlungszwecken bei Steve Marlow.
Privatdetektiv Steve Marlow ermittelt
Dann drehte sich der Herr Bankdirektor plötzlich um, verabschiedete sich mit einem raschen Händedruck und war schon wieder zur Tür hinaus, bevor Steve Marlow die Notizen zu dem Fall vollständig notiert hatte. Der Galerist hatte dem Banker leider nicht verraten, welcher Künstler das Bild erstellt hatte. Genauso wenig wusste der Galerist, wo der Künstler wohnte. Noch kannte er das Aktmodell, das auf dem Bild abgebildet war.
Der Galerist hatte dieses Bild, und etliche andere, von einem Kunst-Scout erhalten, der draußen herum reiste und stets nach neuen Talenten Ausschau hielt. Den Namen oder gar die Adresse des Scouts hatte der Banker ebenfalls nicht erfahren. Das gab nun wiederum der Galerist nicht Preis. Aber immerhin waren dies schon mal eine nicht unwichtige Informationen, bei denen es viele Ermittlungsansätze gab.
Steve Marlow rief umgehend bei der Galerie an und gab vor, sich für Kunst zu interessieren, vor allem für Bilder von neuen Talenten. Und, wenn er das so äußern dürfe, insbesondere für Abbildungen junger Frauen, möglichst ohne Bekleidung. Der Galerist meinte, da hätte er sicherlich etwas da. Und sie machten sofort einen Termin aus.
Noch am selben Nachmittag saß Steve Marlow in einem dunkelroten Plüsch-Sofa. Um ihn herum hingen viele Bilder, mit denen er nichts anfangen konnte. Zwei jedoch stachen heraus. Es handelte sich um nackte Frauen, mitten in ihren Lustkrämpfen gemalt. Und vom Stil her genauso, wie die Frau des Bankers.
“Das wäre es schon gleich!“, meinte Steve Marlow und deutete auf die beiden Bilder. „Große Klasse, das. Ganz, ganz großartig. Haben sie davon noch mehr?“
Der Galerist bedauerte. Er erzählt jedoch, dass in zwei Tagen ein Kunst-Scout vorbeikäme und ihm ein paar neue Werke vorlegen würde. Denn er, der Galerist würde noch nicht mal den Künstler kennen. Und allmählich wäre es an der Zeit, dass auch er Kenntnis davon erlangte, wer dieser talentierte Maler wäre. Der Galerist vereinbarte mit dem Privatdetektiv ein gemeinsames Treffen mit dem Scout.
Und schon zwei Tage später saßen sie zu dritt auf der Plüsch-Couch. Der Scout, ein seltsamer älterer Kauz, langes ungepflegtes graues Haar, Dreitagebart, aber innerlich voller Leben und mit einem extrem hohen Sachverstand, erläuterte die mitgebrachten Werke und erzählte von seinen neuen Entdeckungen. Der Galerist erklärte, dass mit Steve Marlow schon der zweite Interessent bei ihm vorbei käme, der sich für die Bilder dieses ganz speziellen neuen Talentes interessieren würde. Und nun müsste natürlich auch er sich für das Talent interessieren. Ob es denn eine Möglichkeit gäbe, sich mal mit dem Künstler zu treffen?
Der Scout verhielt sich abweisend. Genau das wäre es nämlich. Das würden sie immer alle behaupten. Und am Ende wäre er dann seine Künstler los, denn die würden fortan direkt für die Galeristen arbeiten. Nein, nein! Dazu wäre er nicht bereit. Im Gegenzug versprach er jedoch sofort los zu gehen und Kontakt mit dem Künstler aufzunehmen, damit der neue Bilder malte.
Steve Marlow drängte. Er behauptete, er wolle ganz schnell mehr Bilder von dem Talent sehen. Nur so käme man ins Geschäft. Daraufhin versprach der Scout, dass man sich in genau einer Woche wieder treffen würde. Dann könnte er weitere Bilder vorlegen.
Steve Marlow ermittelte in professioneller Manier. Er legte sich auf die Lauer, beobachtete das Haus des Scouts. Verfolgte dessen Wege. Und stellte alsbald fest, wo der Künstler wohnte, nach dessen Bildern er suchte. Das war nicht schwer, denn der Scout besuchte natürlich als aller ersten genau diesen Künstler, um abzuprüfen, inwieweit er mit seinem Galeristen und dessen neuen Kunden geschäftlich gehen konnte.
Als Steve Marlow die Adresse ermittelt hatte überlegte er sich gemeinsam mit Mausi einen Schlachtplan. Er wollte den Künstler in einer Kneipe ansprechen. Zufällig. Das Gespräch auf die Malerei bringen. Zufällig. Und ihn dann fragen, ob der Künstler bereit wäre, seine Frau Mausi zu malen. Und sofern er zustimmte, sollte Mausi sogleich hinfahren und sich malen lassen.
Es dauerte weitere drei Abende, bis der Künstler endlich sein Atelier verließ. Im Grunde genommen eine kleine nichtssagende Wohnung in einem Hinterhaus. Steve Marlow verfolgte den jungen Mann. Bis er ihn in einer kleinen Bar in der Nähe seines Ateliers ansprechen konnte. Der junge Mann, sehr gut aussehend, mit langen dunkelblonden Haaren und einem tollen kräftigen Körperbau, saß alleine am Tresen.
Steve Marlow gesellte sich zu ihm, verwickelte ihn in ein Gespräch, gab ihm zwei Bier aus. Sagte beiläufig, er würde derzeit einen Kunstmaler suchen, der von seiner Frau ein Porträt malen würde. Vielleicht sogar ein Aktbild. Steve Marlow erkannte sofort an den strahlenden Augen des jungen Mannes, dass der sich interessiert zeigte.
Es dauerte ein weiteres Bier und einen Schnaps, bis er den jungen Mann davon überzeugt hatte, so schnell wie nur möglich seine Frau Mausi zu malen. Der Künstler behauptete, er würde jede Form der Personenmalerei bevorzugen. Auch Akt oder freizügigen Akt.
Was das denn wäre, freizügiger Akt, wollte Steve Marlow wissen. Der Künstler klärte ihn auf. Das war ein Akt, bei dem man auch die Genitalien sehen konnte. „Aha, “ meinte Steve Marlow und sagte darauf hin, dass dies seine Frau entscheiden solle.
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