(XII.) Zum letzten war ein Herr von Stretlingen mit dem Namen Walter, ein friedsamer, guter Herr. Seine Hausfrau hiess Mechtild. Der trug ein betrübtes Herz über den Verfall des Paradieses und ritt deshalb zu dem hl. Vater Innocencius VI. nach Avignon und bat um Bestätigung der verloren gegangenen Privilegien für seine Kirche zu Einigen. Das alles bewilligte der Papst und spendete reichlich Ablass. Der Bischof von Lausanne verkündigte auf der nächsten Kirchweihe diese Freiheiten. Mit Walter aber starb das Geschlecht von Stretlingen aus; der letzte des Stammes, Herr Ulrich, war Kirchherr zu Spiez. Der Kirchensatz von Einigen kam darauf in die Hände meiner gnädigen Herren von Bubenberg, denen zu Ehren dieses deutsche Buch aus dem Latein aufgesetzt ist, damit sie wissen mögen, wie ihre Vordern sich gehalten. Der allmächtige Gott aber kann das Kirchlein zu Einigen wiederum gross machen und der hochgelobte St. Michael seine Wunder noch heut bei Tage da erzeigen! 6
Soweit zur kurzen Zusammenfassung der Stretlinger Chronik. Sei es mir erlaubt, zur besseren Verständigung noch einige Zeilen aus Baechtolds Werk zu zitieren: «Nach dieser Inhaltsangabe wird es unnötig sein, viele Worte über den Unwert der Stretlinger Chronik als geschichtliche Quelle zu verlieren. Historische Wahrheit wird hier, wo die Dinge aufs Unglaublichste mit den krassesten Anachronismen durch einander geworfen sind, Niemand suchen wollen. Als seine Quelle nennt Kiburger häufig ein lateinisches Buch, aus dem er übersetze für die Ungelehrten. Dass wir es mit einer Übertragung zu tun haben, ist nicht glaubwürdig; wohl aber zeigen unverdächtige Personal- und Lokalnotizen bei Vergabungen an die Kirche zu Einigen, dass öfters alte Jahrzeitbücher, auf die stets verwiesen wird, und Donationenrödel benutzt worden sind. An einer Stelle der Chronik ist sogar deutlich gesagt, dass die lateinische Vorlage ein Anniversarium war: der Kirchengüter im Paradies seien so viele gewesen (wie das lateinische Abschriftbuch innehält), als Tage im Jahr. So viel über das lateinische Buch, das der Stretlinger Chronik den Stempel einer grösseren und ehrwürdigen Tradition aufdrücken soll.» 7
Auch wenn die Strättliger Chronik noch heute als nicht glaubwürdig gilt, fand ich bei meinen Forschungen sehr viele Wahrheiten. Ich weiss, dass sehr viel übernommen und auf Einigen zurechtgeschrieben wurde. Aber etliche Begebenheiten können nachvollzogen werden und stammen mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht aus der Fantasie Kiburgers. Es würde aber den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen, dieses Thema zu ausführlich zu bearbeiten.
4Ernst von Känel, Streiflichter zur Christianisierung des Thunerseegebietes und der angrenzenden Regionen, S. 33–34, Berlin Pro Business 2005
5Die Stretlinger Chronik, Ein Beitrag zur Sagen- und Legendengeschichte der Schweiz aus dem XV. Jahrhundert, S. 31-34, Dr. Jakob Baechtold, Verlag von J. Huber, Frauenfeld 1877
6Dr. Jakob Baechtold, Die Stretlinger Chronik, S. XXXVII – XLVIII, Verlag von J. Huber, Frauenfeld 1877
7Dr. Jakob Baechtold, Die Stretlinger Chronik, S. XLVIII, Verlag von J. Huber, Frauenfeld 1877
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.