Zu der kombinierten medikamentösen, lern- und verhaltenstherapeutischen Behandlung von Kindern mit ADS gibt es bisher keine entsprechenden Alternativen. 
Der Schwerpunkt der Behandlung liegt also nicht in der Einnahme des Medikamentes, sondern in den dadurch erst möglichen psychomotorischen Übungsbehandlungen. Die Stimulanzien schaffen somit die Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie durch bessere Aufmerksamkeit, veränderte Wahrnehmung und gesteuerter Reaktion bei innerer Ruhe.
Zur Behandlung von Jugendlichen mit ADS
Die Behandlung von Jugendlichen ist schwieriger. Als Therapeut muss man sich ihren anspruchsvollen Fragen stellen und viele Zweifel ausräumen. Sie erwarten klare und überzeugende Antworten, Verständnis und keine Belehrungen, sondern eine plausible Aufklärung über die Ursachen ihres Andersseins. Vor allem wollen sie nicht als »psychisch krank« gelten. In der Behandlung von Jugendlichen sollten auch folgende geschlechtsspezifische Unterschiede beachtet werden: Weibliche Jugendliche sind deutlich stressanfälliger und mehr außen orientiert in Bezug auf ihre Selbstbeurteilung. Die Anerkennung der anderen ist für die wichtiger als bei den männlichen Jugendlichen. Diese streben mehr nach eigener Anerkennung, die Meinung der anderen zählt für sie weniger. Auch ihre Art Probleme zu lösen zeigt Unterschiede. weibliche Jugendliche suchen das Gespräch, um Lösungswege zu finden, männliche Jugendliche ziehen sich lieber zurück, um allein nach Lösungen zu suchen. Neurobiologisch könnten man das mit der unterschiedlichen Art der neuronalen Vernetzung in den Gehirnen beider Geschlechter erklären. Beim weiblichen Gehirn sind die beiden Gehirnhälften viel mehr miteinander vernetzt, als beim männlichen. Das Denken der Frauen sei deshalb sozialer, das der Männer strategischer. Da bisher viel zu wenig Kinder behandelt wurden, ist der Anteil der durch ein unbehandeltes ADS ohne Hyperaktivität psychisch beeinträchtigten Jugendlichen sehr hoch. Seit etwa 1992 sah man sich deshalb, den positiven Erfahrungen in den USA folgend, auch in Deutschland vor die Notwendigkeit gestellt, Jugendliche zu behandeln. Natürlich ist diese Behandlung an einige Bedingungen geknüpft, zudem setzt sie eine gründliche Diagnostik mit viel Erfahrung und Verantwortung voraus. Aber wenn sie dann durchgeführt wird, zeigt sie oft überraschende Erfolge, die selbst durch langjährige Psychotherapien allein nicht annähernd erreicht werden können.
Zur Behandlung von Erwachsenen mit ADS
Ein ADS bei Erwachsenen ist ein in Deutschland bisher noch viel zu wenig bekanntes Erscheinungsbild. Eltern mit einem ausgeprägten ADS bilden bei der Behandlung ihrer Kinder mit ADS ein zusätzliches Problem. Manchmal erschweren sie – natürlich ungewollt – die Behandlung. Sie sind selbst unkonzentriert, innerlich und oft auch äußerlich voller Unruhe. Ihr Erziehungsstil ist inkonsequent, ihr Lebensstil ein bisschen »chaotisch«. Sie sind leicht erregbar und werden schnell laut. So können sie ihren Kindern nicht den nötigen Halt geben, da sie ebenfalls ein geringes Selbstwertgefühl haben. Da sich ADS vererbt, können ebenfalls betroffene Eltern manchmal die Therapie ihrer Kinder ungewollt erschweren. Denn die ADS-Therapie benötigt konsequente, ruhige Eltern, die nicht viel reden, sondern durch Vorbildwirkung erziehen.
Ein noch größeres Problem dabei ist, dass es noch immer viel zu wenig Psychiater und Psychologen gibt, die Erwachsene nach entsprechender Diagnostik behandeln können. Hier liegt für die ärztliche Forschung und Weiterbildung noch ein weites Betätigungsfeld.
Das ADS (mit und ohne Hyperaktivität) ist also eine neurobiologisch verursachte veränderte Steuerungsfähigkeit der Wahrnehmung, der verstandes- und gefühlsmäßigen Verarbeitung mit den daraus resultierenden spezifischen Reaktionen und Verhaltensweisen. In Deutschland dürften nach neuesten epidemiologischen Untersuchungen etwa eine Million Kinder und Jugendliche eine ADS-Konstitution mit verschiedengradiger Beeinträchtigung im Verhalten und in der schulischen Leistungsfähigkeit aufweisen. Im Erwachsenenalter sind es fast ebenso viele Personen mit hoher Komorbidität für Angst- und Zwangserkrankungen, Depressionen, Essstörungen und Suchtverhalten. Bei Patienten mit einer therapierestenten Depression lohnt es sich nach einem ADS in der Anamnese zu suchen. In meiner Praxis konnte ich dann vielen von ihnen helfen mit einer Kombination von Stimulanzien- und kognitiver Verhaltenstherapie, vorausgesetzt ich konnte ADS als Ursache für die Depression nachweisen.
Nutzen wir die uns heute gegebenen Möglichkeiten, diesen Menschen zu helfen.
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