Lateinische Stilmittel
Ausgewählt und herausgegeben
von Michael Bradtke
Reclam
2016, 2021 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen. Made in Germany 2021
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-961083-2
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-014119-9
www.reclam.de
Einleitung Einleitung Zum Verstehen eines Textes gehört einerseits die reine Übersetzungsarbeit, andererseits eine Analyse des vom Verfasser gebotenen Stils, also der von ihm verwendeten sprachlichen Stilmittel. Es ist zwar möglich, dass manche Sprachfiguren rein zufällig entstanden sind, doch kann und sollte man zunächst davon ausgehen, dass die jeweiligen Verfasser Besonderheiten in Sprache und Ausdruck bewusst eingesetzt haben. Dieses Verzeichnis soll die Möglichkeit geben, Stilmittel systematisch zu lernen, aber auch einzelne Begriffe nachzuschlagen. Es versammelt eine Auswahl der gebräuchlichen Stilmittel; auf eine kurze Definition folgen jeweils einige signifikante Beispiele. Bei der Auswahl dieser Beispiele wurde versucht, mindestens jeweils eines aus Rede, Dichtung und Geschichtsschreibung vorzustellen, wobei vor allem Texte der Schulautoren Caesar, Catull, Cicero, Livius, Martial, Ovid, Phaedrus, Sallust, Tacitus und Vergil Berücksichtigung fanden.
Die Stilanalyse Die Stilanalyse Durch Wortwahl oder Wortstellung kann ein einzelner Satzteil herausgestellt, ein beschriebener Sachverhalt oder eine Situation besonders anschaulich, betont, deutlich, gegliedert oder lebendig dargestellt und hinzu noch Aufmerksamkeit erregt, Spannung oder Mitgefühl erzeugt werden. Der Leser soll mit dem Schreiber die leidenschaftliche Erregtheit der Situation teilen, sich betroffen zeigen, mit ihm leiden oder aber sich freuen; die Handlung soll durch den Einsatz von Stilmitteln an Lebendigkeit gewinnen und wie ein Film vor dem inneren Auge des Lesers ablaufen. Cicero äußert sich im Folgenden über die Aufgaben eines Redners, doch kann diese Aussage auch verallgemeinert auf die Literatur seiner Zeit bezogen werden (Cic. de orat. 2,115): ita omnis ratio dicendi tribus ad persuadendum rebus est nixa, ut probemus vera esse, quae defendimus; ut conciliemus eos nobis, qui audiunt; ut animos eorum, ad quemcumque causa postulabit motum, vocemus – So stützt sich die gesamte Redekunst, um zu überzeugen, auf drei Faktoren: (erstens,) dass wir beweisen, dass das, was wir vertreten, wahr ist, (zweitens,) dass wir diejenigen für uns gewinnen, die zuhören, (drittens) dass wir ihre Sinne in diejenige Stimmung versetzen, welche die Sache gerade erfordert. Jeder Redner versuchte mit besonderen Mitteln, die Zuhörer für sich und sein Anliegen zu gewinnen; dies erreichte er zum einen natürlich mit inhaltlichen Argumenten, zum anderen aber auch mithilfe seiner Ausdrucksweise, Gestik und Mimik. Ein Schriftsteller aber – um es allgemein auszudrücken – konnte sich nur auf seine Ausdrucksweise, seinen Stil, stützen und dann noch auf einen guten Vorleser (lector) hoffen. Stilmittel dienten also im Grunde dazu, im geschriebenen Text die fehlende Ausdruckskraft von Mimik und Gestik zu ersetzen; der Rhythmus, die Anordnung langer und kurzer Silben (Versmaß), war ein weiteres solches Werkzeug. Da allgemein laut gelesen wurde (ore legere) bzw. man vorlesen ließ, musste – kurz gesagt – der Stil so ausgelegt sein, dass, wie das Cicero-Zitat zeigt, das Ziel des Belehrens und Beweisens (probare, docere), des Gewinnens und Erfreuens (conciliare, delectare) und des Bewegens und Erregens (movere, concitare) erreicht wurde. Bei den Stilmitteln unterscheidet man zwischen Tropen und Figuren. Bei einem Tropus handelt es sich immer um ein einzelnes Wort; es wird vertauscht mit einem anderen Wort oder Ausdruck, der einem verwandten Vorstellungsbereich entstammt. Von Figuren spricht man im Zusammenhang mit Wortgruppen, mit denen eine schmucklose Sprache kunstvoll verändert werden sollte. Eine rein technische Analyse, ein einfaches Feststellen von Stilmitteln darf nicht genügen:
Zur Benutzung dieser Ausgabe Zur Benutzung dieser Ausgabe Einige Bezeichnungen von Stilmitteln haben ihren Ursprung im Griechischen; die Betonung wird in diesem Fall durch einen Akzent dargestellt. Mit → wird auf vergleichbare Stilmittel verwiesen. Die Abkürzungen der Autoren und ihrer Werke werden im Anhang aufgelöst. Jeder Artikel besteht im Prinzip aus folgenden Elementen:
Lateinische Stilmittel (Auswahl) Lateinische Stilmittel (Auswahl)
Die Abbildende Wortstellung
Das Adýnaton
Die Allegoríe
Die Alliteration
Die Anadiplóse
Das Anakolúth
Die Anápher
Die Anastrophé
Die Antiklímax
Die Antithése
Die Antonomasíe
Das Apokoinú
Die Aposiopése
Die Apostrophé
Der Archaísmus
Das Asýndeton
Die Brevitas
Der Chiásmus
Die Constructio ad sensum
Die Ellípse
Die Empháse
Die Enallagé
Die Epípher
Das Epítheton ornans
Der Euphemísmus
Die Exclamatio
Die Exponierte Wortstellung
Die Figura etymologica
Die Geminatio
Das Gesetz der abnehmenden Glieder
Das Gesetz der wachsenden Glieder
Das Hendiadyóin
Das Homoiotéleuton
Das Homoným
Das Hypérbaton
Die Hypérbel
Das Hýsteron próteron
Die Inkonzinnität
Die Inversion
Die Ironie
Die Klímax
Die Litótes
Die Metápher
Die Metonymíe
Die Occupatio
Die Onomatopoesíe
Das Oxýmoron
Das Parádoxon
Der Parallelísmus
Die Parenthése
Die Paronomasíe
Das Pars pro toto
Die Periphráse
Die Personifikation
Der Pleonásmus
Das Polýptoton
Das Polysýndeton
Die Praeteritio
Die Prolépse
Die Rhetorische Frage
Die Ringkomposition
Der Sarkasmus
Die Sentenz
Die Symplóke
Die Synékdoche
Das Synoným
Die Tmésis
Das Trikólon
/ Das Tetrákolon
Der Vergleich
Das Zeúgma
Anhang
Abkürzungen
Stellenverzeichnis
Literaturhinweise
Zum Verstehen eines Textes gehört einerseits die reine Übersetzungsarbeit, andererseits eine Analyse des vom Verfasser gebotenen Stils, also der von ihm verwendeten sprachlichen Stilmittel. Es ist zwar möglich, dass manche Sprachfiguren rein zufällig entstanden sind, doch kann und sollte man zunächst davon ausgehen, dass die jeweiligen Verfasser Besonderheiten in Sprache und Ausdruck bewusst eingesetzt haben.
Dieses Verzeichnis soll die Möglichkeit geben, Stilmittel systematisch zu lernen, aber auch einzelne Begriffe nachzuschlagen. Es versammelt eine Auswahl der gebräuchlichen Stilmittel; auf eine kurze Definition folgen jeweils einige signifikante Beispiele. Bei der Auswahl dieser Beispiele wurde versucht, mindestens jeweils eines aus Rede, Dichtung und Geschichtsschreibung vorzustellen, wobei vor allem Texte der Schulautoren Caesar, Catull, Cicero, Livius, Martial, Ovid, Phaedrus, Sallust, Tacitus und Vergil Berücksichtigung fanden.
Читать дальше