Второй путь преследует попытку ответить на вопрос о корнях и проблемах возможной постсоветской идентичности путем выявления таких формирующих индивидуальную идентичность секторов, как "этническая и национальная идентичность", "религиозная идентичность", "гендерная идентичность", "профессиональная идентичность" и построение так называемых "простых коллективных идентичностей". Это невозможно без тщательного изучения нескольких аспектов и, таким образом, отрыва от поверхностности простого упоминания. Кригер отмечает, что во всех секторах, прежде всего, проводимая в России контрреформа, но также и нарастающий в некоторых государствах тоталитаризм, препятствуют открытию новых горизонтов идентичности и, с другой стороны, подпитывают опасную тенденцию к самоза-крытию, а значит, и к стагнации. Эти же силы препятствуют росту толерантности и индивидуальной автономии, созданию демократических структур в институтах, не говоря уже о формировании у населения чувства гражданственности. Таким образом, даже спустя тридцать лет после распада Советского Союза, большинство людей все еще отбрасывают назад свои скромные шансы на полноценную жизнь в частной жизни, в семье, в кругу друзей и, при необходимости, в профессии, в то время как их отношения с государством и обществом все еще едва ли могут избежать ущерба, нанесенного поздней советской эпохой. Человека объединяет как гражданина только "негативная идентичность" (Гудков), в познании того, кем не хочешь быть, к кому не хочешь принадлежать, что надо осуждать и от чего нужно защищаться; но есть явное отсутствие позитивных, ориентированных на будущее видений, которые могли бы мотивировать граждан к участию в формировании государства и общества, и которых недостаточно, чтобы прославлять прошлое. Отсутствие такого видения обусловлено целым рядом причин, по которым все постсоветские государства, вероятно, объединены во многом неизбирательным образом, поскольку эти причины вытекают из общей истории идеологического патернализма, подчинения и деперсонализации советской эпохи и всех вытекающих из этого лишений в человеческом, социально-коммуникационном, нравственном, а также жизненно-практическом плане. Восстановление этих утраченных территорий – реальная задача постсоветской идентичности, вне зависимости от вопроса о результатах этих процессов.
Людвигсхафен на Рейне, сентябрь 2020 г.
Профессор, доктор Вольфганг Кригер
Zur Einführung
Введение
„Postsowjetische Identität“
Eine Einführung
zur Logik des Identitätsbegriffes
Wolfgang Krieger
Die Rede von einer „postsowjetischen Identität“ ist voraussetzungsvoll. Sowohl der Begriff des „Postsowjetischen“ als auch der Begriff der „Identität“ enthalten Implikationen, die klare, einheitliche und feststehende Merkmale suggerieren. Der Begriff der „postsowjetischen Identität“ suggeriert, dass es auf der Basis des gemeinsamen Schicksals der Beendigung des Sowjetreiches eine alle betroffenen Nationen und Ethnien gemeinsame neue kollektive Identität gäbe. Der Begriff des „Postsowjetischen“ postuliert ferner eine Abgeschlossenheit der sowjetischen Epoche, der sowjetischen Kultur, des sowjetischen Lebensgefühls etc., die unhinterfragt vorauszusetzen sicherlich höchst oberflächlich wäre.
Hingegen ist die Feststellung sicher richtig, dass in allen betroffenen Ländern durch diese Veränderung ein Orientierungsverlust eingetreten ist, eine Krise des kollektiven Selbstbildes, eine Krise der Werte und der Lebensentwürfe, die neue Antworten auf die Frage nach einer eigenen sinnorientierten Identität unter veränderten sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Verhältnissen notwendig machte. Denn der Prozess der sogenannten „postsowjetischen Transformation hat nicht nur wirtschaftliche und politische Dimensionen, er hat auch eine Dimension der gesellschaftlichen Sinnschöpfung und des Wertebewusstseins einerseits wie auch der individuellen Neuorientierung an Lebensidealen und -plänen andererseits. Beides steht miteinander in engem Zusammenhang.
Die Anforderungen an die Transformation lassen sich zunächst in vier Hauptveränderungen kategorisieren: In der Schaffung eines neuen Staatswesens anstelle der sowjetischen Überstaates in einer Situation nahezu anomischer Instabilität, in der Ersetzung der Planwirtschaft durch eine liberale kapitalistische Marktwirtschaft, in der zumindest formalen Ablösung eines autoritären Einparteiensystems durch ein demokratisches Mehrparteiensystem und schließlich in der Umwandlung einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft in eine schichtendifferenzierte kapitalistische Gesellschaft. Mit diesen Veränderungen hängen weitere zusammen, etwa in der Entstehung von neuen Risiken der Lebenssicherung, von Wettbewerb und Konkurrenzverhältnissen, von staatlicher Versorgung zu freien Dienstleistungs-beanspruchung, vom autoritären Geführtwerden zu partizipativem Handeln etc. All diese Veränderungen sind nicht nur von gesellschaftlicher Bedeutung, sondern sie stellen auch individuell neue Anforderungen an die Konstitution der Persönlichkeit, die sich mit diesen neuen Verhältnissen erfolgreich zu arrangieren hat und das eigene Vorankommen wie auch den gesellschaftlichen Fortschritt nun mit anderen Mitteln zu unterstützen gefordert ist.
Es ist eine historische Binsenweisheit, dass kulturelle Orientierungen ebenso wie soziale Institutionen oder auch schlicht das materielle Lebensumfeld der Menschen nicht von jetzt auf nachher und auch nicht in wenigen Jahren, eher Jahrzehnten gänzlich aufgelöst und durch Alternativen ersetzt werden können. Alles, was Menschen schaffen, beruht auf der (Weiter)verarbeitung dessen, was ihnen zu Händen ist und was sie schon kennen. Niemand kann seine Geschichte einfach abstreifen wie einen Mantel und einen neuen Mantel anziehen, sondern er kann nur in kleinen Schritten restaurieren und ersetzen, was nicht mehr „haltbar” ist. Auch zu Beginn einer neuen Epoche fällt nichts vom Himmel, sondern alles muss neu erworben und erkämpft werden, muss etabliert und stabilisiert werden. Und selbst dort, wo es gelingen mag, das Vorige in sein Gegenteil zu verkehren, bleibt die Gegenwart geleitet von einer vorbestimmten Richtung des Kontrastierens, die sich wiederum dem Vorigen verdankt und dem, was an ihm als änderungsbedürftig galt. Es gibt nichts Neues, dessen Substanz und Ursache nicht letztlich das Alte ist.
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