Dominik Terstriep
Peter Faber
Freund – Wanderer – Mystiker
Ignatianische Impulse
Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ, Willi Lambert SJ
und Martin Müller SJ
Band 73
Ignatianische Impulsegründen in der Spiritualität des Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen neu entdeckt.
Ignatianische Impulsegreifen aktuelle und existentielle Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten und zu gestalten.
Ignatianische Impulsewerden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – interreligiöser Dialog – moderne Kultur.
Dominik Terstriep
Peter Faber
Freund – Wanderer – Mystiker
echter
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© 2016 Echter Verlag GmbH, Würzburg
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Umschlag: Peter Hellmund
978-3-429-03985-1 (Print)
978-3-429-04880-8 (PDF)
978-3-429-06300-9 (ePub)
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Brockhaus Commission, Kornwestheim
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Inhalt
Vorwort
Abkürzungen
Freund
Freunde im Herrn
Peter Faber und Ignatius
Vom Freund zu Freunden
Menschenfreund zwischen Feinden
Zwischen Katholiken und Protestanten
Reform des eigenen Lebens
Himmlische Freunde
Heilige
Maria
Engel
Freund der Armen Seelen
Freund Jesu
Freund der Menschheit Christi
Freund des leidenden Jesus
Freund des Leibes
Wanderer
Vom Hirtenjungen zum Wanderapostel
Spuren des Heils
Die innere Freiheit bewahren
Wandernder Beter
Gnade auf dem Weg
Wanderer in der Fremde
Mystiker
Anfang und Ziel des mystischen Weges
Auf dem Weg zur mystischen Erfahrung
Hindernisse auf dem Weg
Aktion und Kontemplation
Geistliche Wachstumsprozesse
Der umgekehrte Baum
Mystische Durchbrüche
Zeittafel
Anmerkungen
Literatur
Vorwort
Wer war Peter Faber?
Ein aufgeweckter Hirtenjunge und erfolgreicher Student, ein guter Theologe und Mitgründer der Gesellschaft Jesu, ein begnadeter Exerzitiengeber und Gesprächspartner, ein Genie der Freundschaft und unermüdlicher Apostel, der mit den Großen seiner Zeit in Verbindung stand, ein Mystiker und Heiliger der ganzen Kirche. Doch auch ein Mann, der sein Leben lang ringen musste, ringen mit den Schatten, nicht geliebt, nicht vollkommen genug und zu wenig effektiv zu sein; der geistlich immer wieder neu anfing in seinem Verlangen nach Gott (M 51). Faber war ein Reformer der krisengeschüttelten Kirche des 16. Jahrhunderts, musste sich aber mit unscheinbaren – oder sollten wir besser sagen: verborgenen – Fortschritten begnügen. Über Jahrhunderte stand er im Schatten seiner zwei besten Freunde aus Studienzeiten, Ignatius von Loyola und Franz Xaver, die den eher zurückhaltenden Faber mit ihrem Charisma, ihrer Leidenschaft und ihren spektakulären Unternehmungen überstrahlten. Es scheint, als hätte sich ein Wort bewahrheitet, an das sich der Jesuit Luis Gonçalves da Câmara erinnert: »P. Faber sagte […]: Wenn jemand von der Gesellschaft gefragt würde, was für ein Mensch er sei, solle er antworten, er sei ein Mensch, der keinen Namen habe.« 1
Dennoch geht ein Glanz von diesem stillen Mann »ohne Namen« aus, ein Glanz, der in unseren Tagen wiederentdeckt wird. Ein wenig überraschend sprach Papst Franziskus Faber am 17. Dezember 2013 per Dekret heilig. Was bewog Franziskus, auf den Mann im Verborgenen zu weisen und ihn uns gerade heute zu empfehlen? Auf die Frage, was ihn an Faber inspiriere, antwortete er in einem Interview: »Der Dialog mit allen, auch mit den Fernstehenden und Gegnern, die schlichte Frömmigkeit, vielleicht eine gewisse Naivität, die unmittelbare Verfügbarkeit, seine aufmerksame innere Unterscheidung, die Tatsache, dass er ein Mann großer und starker Entscheidungen und zugleich fähig war, so sanftmütig, so sanftmütig zu sein …« 2
Vielleicht sind es gerade diese Eigenschaften, die unsere Zeit besonders braucht: Dialog, der inmitten zunehmender Polarisierung und Feindschaft zu verbinden sucht; schlichte Frömmigkeit, die auf den liebenden Gott schaut und aus dem Vertrauen auf ihn lebt und handelt; Naivität, die sich als Vertrauensvorschuss, Frische und Mut zeigt; Verfügbarkeit, die sich ansprechen lässt vom hier und jetzt Gebotenen; Unterscheidung, die bei all dem klug handeln lässt; Entscheidungskraft, die den Sprung auch ins Ungewisse wagt; Sanftmut, die die harte Logik des Marktes, der Effektivität oder von Regelwerken aufweicht.
Wo zeigt sich Peter Faber?
Faber zeigt sich zunächst in den 148 erhaltenen Briefen, die oft offiziellen Charakter haben: Berichte über apostolische Unternehmungen und Pläne, Lageeinschätzungen und Ratschläge, doch auch Briefe, die an geistliche Begleitung erinnern. Am ausführlichsten und persönlichsten aber zeigt sich Faber im Memoriale , einem Merkbuch, das wohl nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, sondern ihm half, die Geister zu unterscheiden und mehr mit Gott für die Menschen zu leben.
Acht Tage nach Fronleichnam 1542 kam ihm in Speyer der Gedanke, »zur Stützung meines Gedächtnisses mit der Aufzeichnung einiger geistlicher Dinge zu beginnen, wie sie der Herr mir aus Seiner Hand schenken werde: als Gebetsanregung und als allgemeine Richtlinie oder als Hilfe zu besserem Betrachten, zu tieferer Einsicht, für mein äußeres Tun oder zu irgendwelchem anderen geistlichen Nutzen« (Einleitung). Faber wollte das in Erinnerung behalten, was er als hilfreich und weiterführend in seinem geistlichen und apostolischen Leben erfahren hatte. Er konnte in der Rückschau Punkte entdecken, die sich in der Reflexion auf das Erfahrene zu einer Linie formten.
Die Hauptlinie, die Faber in seinem Leben entdeckte, war das wunderbare Handeln Gottes mit und an ihm. Er stellt dem Memoriale Ps 103,2–5 voran, ein Danklied. Er versteht sich als jemand, den Gott reich beschenkt hat. Ausgestattet mit diesem Grundvertrauen, konnte Faber sich auch in die Abgründe der eigenen Lebens- und Glaubensgeschichte begeben. Am Beginn seiner Aufzeichnungen schaut Faber zurück auf sein bisheriges Leben, seine Kindheit und Jugend, die Studienzeit, die Ordensgründung und ersten drei Jahre seines apostolischen Wirkens. Das Memoriale schließt mit Aufzeichnungen von Ende Januar 1546, gut sieben Monate vor seinem Tod.
Fabers Tagebuch war lange Zeit »einer der unbekannten Klassiker der geistlichen und mystischen Tradition des Westens«, das eine geistliche Sensibilität und Kultiviertheit jenseits des Gewöhnlichen zeigt. 3Franz von Sales schrieb in barocker Sprache über es in einem Brief vom 10. Januar 1612 an den französischen Jesuiten Nicolas Polliens: Es ist Zeit, dass ich Ihnen das Büchlein unseres seligen Peter Faber zurückgebe. Ich war versucht , eine Kopie anfertigen zu lassen, wagte es aber nicht, da Sie mir, als Sie mir es sandten, sagten, dass es derzeit ausschließlich für den Gebrauch Eurer Gesellschaft bestimmt wäre. Ich hätte allerdings sehr gern eine Kopie dieser Geschichte so großer Frömmigkeit angefertigt, der Geschichte eines Heiligen, dem ich aus vielen Gründen innerlich anhänge und immer anhängen werde. [… ] Auch wenn sein Leben aufgrund seiner Kürze [… ] uns kein überbordendes biographisches Material bietet wie das Leben anderer Persönlichkeiten, so gibt es doch nichts anderes als Honig und Süße der Frömmigkeit . 4
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