Harald Sükar - Die Fast Food Falle

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Fast Food-Ketten prägen gemeinsam mit der Zuckerindustrie die Ernährung von Millionen von Menschen und richten damit weltweit schwere gesundheitliche Schäden an, sowohl körperliche als auch psychische. 13 Jahre lang verantwortete Harald Sükar das als Spitzenmanager von McDonald's mit.
Danach fing er an, sich eingehend mit gesunder Ernährung zu befassen. Was er in den darauffolgenden Jahren herausfand, belastete sein Gewissen. Deshalb sagt er jetzt, was er gerne schon früher gesagt hätte: Geht auf keinen
Fall zu McDonald's, Burger King und Co. Geht schon gar nicht mit euren Kindern hin. Auch nicht ausnahmsweise. Denn es macht euch kaputt.

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Harald Sükar

Harald Sükar:

Die Fast Food-Falle

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 edition a, Wien

www.edition-a.at

Cover und Gestaltung: Isabella Starowicz

Satz: Lucas Reisigl

E-Book-ISBN: 978-3-99001-346-5

E-Book-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Inhalt

Das Geständnis, das keines sein sollte: »Wir sind Teil des Problems … ähm, der Lösung.«

Der Kampf um das Weiße-Weste-Image Die McSaubermann Company

Fast-Food-Krankheiten und die Sorge um die Kinder Schluss mit lustig: Ausstieg & Wandel

Wenn Weltkonzerne Wissenschaftler kaufen Guter Zucker, böses Fett?

Wie in den Labors über unseren Geschmack bestimmt wird Die Macht der gelenkten Verführung

Wie viel Rind ist wirklich im Burger drin? Fleisch & Fisch: Mythos & Wahrheit

Was Fast-Food-Werbung mit der Jugend anstellt Die Tricks der Kinderfänger

Was zu tun ist (weil es nie zu spät sein darf) Essen & Trinken wie aus dem Feuerwehrschlauch?

»Fast Food ist Kindesmisshandlung«

Harte Worte. Zu hart für den Beginn. Oder doch nicht? Was meinen Sie?

Vor einigen Jahren noch, als ich einer der Motoren dieser bis aufs kleinste Zahnrad harmonisch abgestimmten und perfekt geschmierten Maschinerie war – als ich Teil der großen Familie war – als ich Tag für Tag den Spirit atmete, wäre dieser Satz wahrscheinlich nicht zu mir durchgedrungen.

Ich hätte ihn nicht an mich herangelassen und stattdessen einfach ignoriert. Da hinein, dort heraus und ohne die Botschaft überhaupt wahrzunehmen. Sie wäre zerschellt wie sprödes Glas an einer Wand aus Granit.

Fast Food auf einer Stufe mit Kindesmisshandlung? Was soll das?

Und wenn doch? Was, wenn mich der Satz völlig unvorbereitet getroffen und letztlich doch erreicht hätte? Durch einen Freund womöglich, beim Abendessen bei meinem Lieblings-Italiener? Oder bei mir zuhause, durch meine Familie?

Wenn das jemand in meiner Gegenwart behauptet hätte, es hätte mich empört. Ich hätte das mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen.

Noch im selben Atemzug hätte ich die vielen Argumente pro Fast Food hergebetet. Nicht als auswendig gelernte Phrasen, sondern mit echten Gründen unterlegt. Nachvollziehbar und vernünftig. Weil doch so vieles dafür spricht:

• Fast Food geht schnell: Es macht seinem Namen alle Ehre. Blitzartig hast du, fein verpackt in Papier oder Karton oder meinetwegen auch in Kunststoff, eine warme Mahlzeit, die dich für die nächsten Stunden satt macht. Kein mühevolles Kochen, kein lästiges Warten auf überlastetes, darum meist unfreundliches Servierpersonal. Stattdessen ein komplettes Menü, bestellt und verzehrt in weniger als zwanzig Minuten.

• Fast Food ist immer und überall: auf Bahnhöfen, entlang der Autobahn, auf Shopping-Tour. Wo immer du hinblickst, wo immer du vorbeikommst, dein Essen ist schon da.

• Bei Fast Food weißt du, was du kriegst: Es gibt keine unliebsamen Überraschungen. Die Konzerne wollen keine Negativ-Schlagzeilen. Also sorgen sie vor. Sie setzen auf Kontrolle. Sie optimieren ihre Lieferketten. Sie schaffen Standards in der Produktion. Sie legen sich selbst strenge Hygienevorschriften auf. Allergiker kommen auch auf ihre Rechnung. Es ist Verlass darauf, dass immer genau das drin ist, was draufsteht. Von Abu Dhabi über Krems bis Zürich gilt: Ein Big Mac ist ein Big Mac.

• Der Fast-Food-Geschmack: Die Rezepturen sind perfekt. Sie sind ideal an den Geschmack der Massen angepasst. Oder der Geschmack der Massen an die Rezepturen? Egal. Nichts geht über eins dieser leicht fettigen Menüs mit Burger und Pommes. Schon gar nicht nach dem dritten Bier. Sieh dir bloß die Menschenschlangen zu nächtlicher Stunde an den Schaltern an. Die sind Beweis genug. Und natürlich das Hauptargument:

• Alle Kinder lieben Fast Food: Es gibt nicht einen vernünftigen Grund, seinem Kind nicht ab und zu ein Happy Meal zu kaufen. Die Kinder sind satt und zum Spielen haben sie auch etwas. Es ist wie bei einem Familienurlaub: Wir Erwachsenen können erst dann eine gute Zeit verbringen und glücklich sein, wenn die Kinder es auch sind.

Selbst um drei Uhr nachts hätte das reibungslos funktioniert, hätte mich jemand aus den Federn gerissen und danach befragt. Dazu die Vielzahl weiterer verinnerlichter Begründungen, die so eine unverschämte Behauptung mit einem Schlag entkräftet hätten.

Fast Food und Kindesmisshandlung?

Auch ich habe, wie alle anderen im Team, die Pro-Argumente geatmet. Pur und unverfälscht. Mit der allergrößten Selbstverständlichkeit. Ganz automatisch. So wie unsere Lungen sich ihren Sauerstoff holen, ohne bei jedem Zug groß über den nächsten nachzudenken.

Natürlich waren mir die Argumente gegen Fast Food ebenso vertraut. Aber taten wir nicht Tag für Tag unermüdlich alles, um sie zu entkräften? Fast Food ist zu fettig und macht krank? Wer sagt das? Ich kann dir hundert Studien zeigen, die das widerlegen. Die Umwelt? Das Fleisch? Der Klimawandel? Der viele Müll? Wir tun etwas dagegen. Wir präsentieren dir gerne unser neues Recycling-Konzept. Schau auf die Homepage. Bald ist es soweit. 2025 schon werden wir jede Verpackung wiederverwerten. Im Nachhaltigkeitsreport kannst du alles darüber lesen.

Andererseits wusste ich schon auch, dass Burger, Pommes, Softdrinks und Co. dick machen. Logisch. Wer weiß das denn nicht?

Nein, falsch. Mir war klar, dass Burger, Pommes, Softdrinks und Co. dick machen können. Im Fall des Falles. Bei zügellosem Konsum. Weil bekanntlich die Dosis das Gift macht. Weil wir da nur allzu rasch bei der Eigenverantwortung des Einzelnen angelangt sind. Immerhin unternahm mein einstmaliger Arbeitgeber (und tut es heute noch mit derselben Unverdrossenheit wie einst) allerhand, um genau diese Verantwortung genau dort zu parken, wo sie angeblich hingehört: beim Konsumenten. Bei jedem einzelnen.

Das geschieht auf eine ganz eigene Weise. Mit ganz eigenen Begründungen. Die Strategie der gesamten Branche ist seit jeher so einfach wie effizient. Sie stellt der Fehlbarkeit des Kunden die Perfektion des Systems entgegen, indem sie sagt:

Mensch, du bist schwach und disziplinlos. Faul und träge. Aber dafür hast du uns. Deine Fast-Food-Freunde. Deine Familie. Wir helfen dir. Wir liefern dir perfekte Nahrung. Zugleich zeigen wir dir den Weg aus der Falle, die du dir selbst gestellt hast, wenn du womöglich doch ein bisschen zu viel davon erwischst. Gerne schlüpfen wir auch für dich in ein grünes Mäntelchen. So oder so, wir sorgen dafür, dass du gesünder lebst. Wir übernehmen Verantwortung, nicht bloß für dich, nein, für die Gesellschaft. Und wenn es sein muss, oder einfach fein ins Konzept passt, werden wir auch karitativ.

Frei nach dem Motto:

Tue Gutes und sprich darüber. So laut, dass es alle Welt hört.

Selbst wenn es bloß scheinbar Gutes ist. Obwohl – ist es nicht wunderbar, Kindern in Not zu helfen? Wer könnte da schon groß dagegen sein? Was ist schlecht daran, Stiftungen zu gründen, eigene Kinderhäuser mitunter, um einer kleinen Minderheit Bedürftiger ein besseres Leben zu ermöglichen? Vordergründig nichts. Beim zweiten Hinsehen aber drängt sich dieser Gedanke auf: Geschieht diese medienwirksame Wohltätigkeit nicht ausschließlich mit Geld, das zuvor auf dem Rücken von Millionen anderer Kinder verdient worden ist? Kinder, die mit wohl kalkuliertem System von den eigenen Produkten abhängig gemacht worden sind?

Oft konnte ich es nicht glauben, wie leicht manche Medienvertreter zufriedenzustellen sind mit den Brocken, die du ihnen hinwirfst. Und wie zahnlos und gefällig ihre Berichte waren. Natürlich, es gibt ja auch gemeinsame Interessen. Wenn der eine beispielsweise ein sehr guter Inseratenkunde ist und damit Arbeitsplätze des anderen sichert. Aber oft genug ist es einfach nur die Frage, was in den Häppchen drin ist, die du servierst. Die Portionsgröße der Information macht es ebenfalls aus.

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