Daniel Stökl Ben Ezra
Qumran
Die Texte vom Toten Meer und das antike Judentum
Mohr Siebeck GmbH & Co. KG
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|V|Meinen Jerusalemer Lehrern
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Dieses Lehrbuch ist Ausdruck meiner Überzeugung, dass sich die Welt des frühen Judentums – und darunter fällt auch das Urchristentum – nur im parallelen Studium aller antiken jüdischen Quellen, schriftlichen wie archäologischen, begreifbar machen lässt. Auch sind alle Methodologien, Philologie, Geschichte, Archäologie, Religions- und Sozialwissenschaften und nun auch die Informatik, wo sie vergangene Welten mit Licht erhellen können, zu verwenden.
Ich danke meinen Schülern in Paris und in Bern, die mit mir einige der hier enthaltenen Materialien erprobt haben. Sehr herzlich möchte ich Jonathan Ben-Dov, Katell Berthelot, René Bloch, Yehuda Cohn, Lutz Doering, Gilles Dorival, Jörg Frey, Florentino García-Martínez, Charlotte Hempel, Jodi Magness, Dennis Mezzi, Konrad Schmid, Günter Stemberger, Herzeleide Stökl, Jonathan Stökl, Eva Tyrell und Eibert Tigchelaar sowie dem Lektor meinen Dank aussprechen, die sich mit zahlreichen Korrekturen und Hinweisen viel Mühe gegeben haben, das Buch oder das ihm zugrundeliegende Projekt vor einigen Fallen zu bewahren. Verbliebene Fehler möge der Leser mir zur Last legen.
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|XIII|Transkriptionsregeln
Entsprechend den Regeln der Lehrbuchreihe wird ein der deutschen Sprache angemessenes stark vereinfachtes Transkriptionssystem angewandt, das Konsonanten im Allgemeinen mit den folgenden Äquivalenten wiedergibt und Vokale nach der vereinfachten modernen hebräischen Aussprache ergänzt. Personennamen sind allgemein nach der griechischen Weise transkribiert (Demetrios statt Demetrius).
alef |
’ / ø (am Wortanfang und -ende) |
א |
bet |
b / v |
ב |
gimel |
g |
ג |
dalet |
d |
ד |
he |
h / ø (am Wortende) |
ה |
waw |
w / o / u |
ו |
zain |
z |
ז |
chet |
ch |
ח |
tet |
t |
ט |
jod |
j / i |
י |
kaf |
k / kh |
כ |
lamed |
l |
ל |
mem |
m |
מ |
nun |
n |
נ |
samekh |
s |
ס |
ajin |
‘/ ø (am Wortanfang und -ende) |
ע |
pe |
p / f |
פ |
tsade |
tz |
צ |
qof |
q |
ק |
resch |
r |
ר |
schin |
sch |
ש |
tav |
t |
ת |
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|1|Teil 1: Historische und philologische Einleitung
|3|1 Die Bedeutung der Qumranrollen und ihre Entdeckungs- und Forschungsgeschichte
Allegro, John, Die Botschaft vom Toten Meer , Frankfurt 1957.
Burrows, Millar, Die Schriftrollen vom Toten Meer , München 1957;
Burrows, Millar, Mehr Klarheit über die Schriftrollen , München 1959.
Cross, Frank, Die antike Bibliothek von Qumran und die moderne biblische Wissenschaft , Neukirchen-Vluyn 1967.
Dimant, Devorah/Kottsieper, Ingo (Hgg.), The Dead Sea Scrolls in Scholarly Perspective. A History of Research , Tübingen 2012.
Fields, Weston, The Dead Sea Scrolls. A Full History. Vol. 1 , Leiden 2009.
Golb, Norman, „Who Were the Maġārīya?“, Journal of the American Oriental Society 80 (1960) 347–359.
Israeli, Raphael, Piracy in Qumran. The Battle over the Scrolls of the Pre-Christ Era , New Brunswick 2008.
Maier, Johann/Schubert, Kurt, Qumran-Essener. Texte der Schriftrollen und Lebensbild der Gemeinde , München 1991.
Milik, Józef, Ten Years of Discovery in the Wilderness of Judaea , London 1959.
Reiner, Fred, „C.D. Ginsburg and the Shapira Affair. A Nineteenth-Century Dead Sea Scrolls Controversy“, The British Library Journal 21 (1995) 109–127.
Rengstorff, Karl-Heinrich, Hirbet Qumran und die Bibliothek vom Toten Meer , Leiden 1960.
Schiffman, Lawrence, Reclaiming the Dead Sea Scrolls , New York 1994.
Segal, Moshe, A Grammar of Mishnaic Hebrew , Oxford 1927.
Stec, David, The Genizah Psalms . A Study of MS 798 of the Antonin Collection, Leiden 2013
Stegemann, Hartmut, Die Essener, Qumran, Johannes der Täufer und Jesus , Freiburg 1993, 102007.
Tov, Emanuel, The Discoveries in the Judaean Desert Series: History and System of Presentation. In: ders. (Hg.), The texts from the Judaean desert: Indices and an introduction to the ‚Discoveries in the Judaean desert‘ series , (DJD 39) Oxford 2002, 1–25.
Trever, John, Das Abenteuer von Qumran , Kassel 1967.
Vermes, Géza, The story of the scrolls , London 2010.
1.1 Die Bedeutung der Funde von Qumran
Qumran – wenige Worte haben im letzten Jahrhundert eine größere, fast magische Anziehungskraft auf Erforscher des Judentums und Christentums, Scharlatane und Sensationslustige, Journalisten und Kriminalautoren, Fachleute und Laien ausgeübt als der Name |4|des Fundortes der Qumran-Rollen am Toten Meer. Filmreif ist nicht nur die Entdeckungsgeschichte durch Beduinen, der erste Ankauf am Vorabend des UNO-Votums zum Teilungsplan des britischen Mandatsgebiets Palästina, sondern auch die Beteiligung des israelischen Geheimdiensts an späteren „Erwerbungen“, der dreißigjährige Krieg um ihre Publikation, Verdächtigungen, der Vatikan verhindere die Veröffentlichung wichtiger Schriften, antisemitische Ausfälle zentraler Beteiligter, „Pirateneditionen“ durch Reverse Engineering junger Computerfreaks, Gerichtsprozesse um Diebstahl geistigen Eigentums und Annahme falscher Identitäten, um andersdenkende Forscher zu diffamieren. Manchen Forschern fiel es nicht leicht, in derartig ungewöhnlichen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Doch ganz objektiv haben nur wenige archäologische Funde eine ähnliche Neuinterpretation bekannter Daten in gut erforschten Forschungsgebieten ausgelöst. Die Fakten sprechen für sich:
Die Fragmente von mehr als 1000 Schriftrollen stellen die größte Sammlung antiker religiöser Schriftengrößte Sammlung antiker religiöser Schriften dar. Die frühesten datieren aus dem dritten Jahrhundert v. Chr., die jüngsten aus dem ersten Jahrhundert n. Chr., einer Schlüsselperiode für die Geburt zweier noch heute lebendiger Religionen: rabbinisches Judentum und Christentum. Vor 1946 gab es eine große Lücke zwischen der vermuteten Redaktionszeit der jüngsten Bücher der Hebräischen Bibel in der hellenistischen Zeit (zweites Jahrhundert v. Chr.) und den ältesten erhaltenen hebräischen Handschriften vom Ende des ersten Jahrtausends n. Chr. Dazwischen liegen zwar die Redaktionszeiten der klassischen rabbinischen Texte, Mischna, Talmud, Midrasch. Doch auch sie waren bis ins frühe Mittelalter nur mündlich überliefert. So bleibt, selbst wenn man die Redaktionszeit des frühesten dieser Texte, der Mischna, im dritten Jahrhundert als Maßstab nimmt, immer noch eine Kluft zwischen dem zweiten Jahrhundert vor und dem dritten Jahrhundert nach Christus.
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