Von rund 100 Ideen, die X jedes Jahr prüft, wird nur eine Handvoll durch ein Team weiter verfolgt. Dieser Ansatz mag zunächst eigenartig erscheinen, doch nur so entstehen 10xInnovationen: Es gilt, sich von den bereits bestehenden Lösungen und Vorgängen zu distanzieren und zu überlegen, was darüber hinaus möglich sein könnte. X hatte mit dieser Strategie schon mehrmals Erfolg.
Eines der bekanntesten X Projekte ist Waymo. Es wurde 2009 als »Googles Driverless Car Project« unter der Leitung des deutschen Stanfordprofessors Sebastian Thrun gestartet. Waymo fokussierte die Entwicklung der Technologie hinter dem autonomen Fahren – Sensoren, Software, Algorithmen –, nicht die Autos selbst. Seit 2018 betreibt Waymo den ersten kommerziellen, fahrerlosen Taxidienst »Waymo One« in Phoenix, Arizona. Weitere Städte sind geplant. Was hierzulande noch als Science-Fiction abgewunken wird, ist dort schon längst Realität. Die Entwicklung der Software für autonomes Fahren war die eine Hürde dieses Projekts, die andere war der Versuch, die Kosten der nötigen Hardware so weit zu senken, dass ihr Einsatz in normalen Autos bezahlbar wurde. Waymo schaffte es, die Kosten von anfänglich 150.000 Dollar pro Auto um 90 % zu reduzieren.
Viele dieser Lösungen basierten auf Technologien, die bereits seit Jahren in den Schubladen europäischer Unternehmen liegen. Doch die Europäer hatten nicht den Mut, systematisch in solch riskante 10xProjekte zu investieren.
10x Blueprint von Alphabet X
Google X Projekte sind bereits weltweit im Einsatz
Gewinnung von Benzin aus Meerwasser. Über Elektrolyse wird der im Meerwasser gebundene Kohlenstoff herausgelöst. Die Methode funktioniert. Das Projekt wurde dennoch eingestellt, da die Herstellung dieses Treibstoffs in großen Mengen nicht wirtschaftlich ist. Zudem würde die Gewinnung von Energie durch Verbrennung von Kohlenstoff weiter voran getrieben.

Ein Netzwerk aus Stratosphären-Ballons, das abgelegene Gebiete mit Internet versorgen soll. Die Ballons nutzen Höhenwinde und passen automatisch ihre Flughöhe an, um stabil über ihrem Einsatzgebiet zu bleiben.

Sich selbst steuernde elektrische Lieferdrohnen sollen CO2-neutral Pakete in Ballungszentren ausliefern und zur Entlastung des Verkehrs in Städten beitragen. Seit 2018 sind sie in Australien und Finnland im öffentlichen Beta-Test.

Die Speicherung großer Mengen regenerativ gewonnener Energie ist das größte Problem bei Solar- und Windenergie. Malta löste das Problem durch elektrisch-thermische Speicherung der Energie in geschmolzenem Salz und bekam dafür Investments von Microsoft-Gründer Bill Gates und Amazon-Chef Jeff Bezos. Ein Startup aus unserem Freigeist Portfolio hat nach unserem Kenntnisstand eine noch bessere Lösung durch Nano-Technologie gefunden. Das Wichtigste: Wer auch immer die beste Lösung anbietet – wir brauchen jetzt neue Energiespeicher!

An »Flugdrachen« befestigte Windturbinen erzeugen deutlich mehr Strom als Windräder, da der Wind in großen Höhen häufiger und stärker weht. Sie sind mit einem Kabel, das den erzeugten Strom zur Erde leitet, an einer Basisstation befestigt. Auch hier gibt es Startups in Europa, die sich in der Organisation airbornewindeurope.org zusammengefunden haben. Ihre Lösungen scheinen uns vielversprechender zu sein.

Verily wurde 2015 zur unabhängigen Tochtergesellschaft von Alphabet und fokussiert neue Tech-Lösungen für den Gesundheitsmarkt. So erforschte Verily Kontaktlinsen mit Glucose-Tracking für Diabetespatienten oder selbstbalancierendes Besteck für Menschen mit Parkinson.
Auch in China arbeitet man an einem visionären Projekt – dem chinesischen Traum – einem landesübergreifenden Moonshot. Anders als in Amerika gibt es in diesem Traum weder Tellerwäscher noch Millionäre. Stattdessen möchte sich China bis zum 100-jährigen Bestehen der Volksrepublik im Jahr 2049 zur führenden technologischen Supermacht entwickelt haben. In der ersten Etappe bis zum Jahr 2021 ist es das Ziel, einen bescheidenen Wohlstand für alle Chinesen zu erreichen. In der zweiten Etappe bis 2049 soll dann über Chinas führende Rolle bei den Zukunftstechnologien ein reiches, starkes und harmonisches Land entstehen. So die Vision. Möglich werden soll dies durch die vier Os:
Es ist recht einfach. Bis 2020 werden sie zu uns aufgeschlossen haben. Bis 2025 werden sie besser sein als wir. Bis 2030 werden sie die KI-Industrie dominieren.
Eric Schmidt, Google
Der Weg dorthin wird in Etappen von 5-Jahres-Plänen beschritten. Im 13. Plan (2016 – 2020) wurden zehn Industriesektoren definiert, in denen China international führend sein will. Durch verzahnte Bildungs- und Industriepolitik sollen große Durchbrüche in Elektromobilität, Robotik, Energie, IT und künstlicher Intelligenz möglich werden.
Dabei setzt die chinesische Regierung sehr stark auf privatwirtschaftliche Initiativen. Die Fortschritte bei Elektroautos, mobilem Bezahlen, KI oder Drohnen werden getrieben von Gründergeist und unterstützt durch Subventionen, es gibt nur wenig staatliche Intervention. Unternehmen wie Baidu, Tencent, Alibaba oder JD agieren heute auf Augenhöhe mit Google, Facebook oder Amazon. Durch gezielte Gründerförderung wurde China zur Weltmacht.
Der chinesische Traum und die 10x DNA
Chinas 10xDNA ist eine Mischung aus breitem gesellschaftlichen Optimismus und einer Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Technologien, gepaart mit dem Willen, durch Innovationen viel Geld zu verdienen.
Verstärkt wird die chinesische 10xDNA dadurch, dass in China bereits viele der Next Generation digitalen Plattformen implementiert sind. Der gesamte Alltag – vom Busticket über den Einkauf hin zu Reservierungen im Restaurant – kann über die Smartphone-App WeChat organisiert und abgewickelt werden. Mobile Payment ist der Standard, alle Unternehmen haben sich darauf eingestellt. Selbst beim Blumenverkäufer am Straßenrand bezahlt man in China per Handy.
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