Wolfgang Mazal / Bettina Rausch
Bürgergesellschaft heute
Grundlagen und politische Potenziale
edition noir
Haftungsausschluss:
Das ist eine gemeinsame Publikation vom Wilfried Martens Zentrum für Europastudien und der Politischen Akademie der Volkspartei. Diese Publikation wird mit finanziellen Mitteln vom Europäischen Parlament unterstützt. Das Wilfried Martens Zentrum, die Politische Akademie und das Europäische Parlament übernehmen keine Haftung für die Inhalte der einzelnen Beiträge. Die alleinige Verantwortung für die verhandelten Inhalte obliegt den Autorinnen und Autoren.
Begutachtet von: Sandra Pasarić, WMCES (Brüssel, Belgien), und Christian Moser-Sollmann, PA (Wien, Österreich).
edition noir
Impressum:
© 2021 Verlag noir, Wien
Verlag noir, 1120 Wien, Tivoligasse 73
Redaktion: Christian Moser-Sollmann, Felix Ofner, Roman Schachenhofer, Lorenz Jahn
Grafik: B. Könighofer
ISBN: 978-3-9504939-2-4
Cover
Titel Wolfgang Mazal / Bettina Rausch Bürgergesellschaft heute Grundlagen und politische Potenziale edition noir
Impressum edition noir Impressum: © 2021 Verlag noir, Wien Verlag noir, 1120 Wien, Tivoligasse 73 Redaktion: Christian Moser-Sollmann, Felix Ofner, Roman Schachenhofer, Lorenz Jahn Grafik: B. Könighofer ISBN: 978-3-9504939-2-4
Vorwort
I. Grundlagen und Theorie der Bürgergesellschaft
Von der Bürgergemeinschaft zur Bürgergesellschaft Politische Partizipation in Antike und Gegenwart
Simon Varga
Zivilgesellschaft und Bürgertum
Ernst Bruckmüller
Grundlagen der Bürgergesellschaft Gegen welche Trends muss man sie sichern?
Werner J. Patzelt
Phänomenologie der Bürgergesellschaft
Manfred Prisching
Die Bürgergesellschaft – ein (neo-?)liberales Projekt
Alexander Bogner
Die Bürgergesellschaft – Allheilmittel für die Demokratie oder schöner Traum? Ein Plädoyer für eine Ordnungspolitik für die Engagementgesellschaft
Michael Borchard
Zivilgesellschaft im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit
Peter Kampits
Gesucht: Brückenbauer – Überlegungen zur Polarisierung westlicher Gesellschaften und ihrer Überwindung
Benjamin Hasselhorn
Mitgestaltung, Mitbestimmung, Moralisierung: Wie die sozialen Bewegungen Politik und Gesellschaft veränderten
Christian Moser-Sollmann
Das befindliche Ich Gedanken zu einer verunsicherten Gesellschaft zwischen Digitalisierung und Hyperindividualisierung
Johannes Domsich
Der Staat und die Zivilgesellschaft – oder die Bürgergesellschaft? Seitenblicke auf Licht und Schatten
Till Kinzel
Eine Gemeinschaft freier und verantwortlicher Menschen
Bettina Rausch
Bürgergesellschaft und Künstliche Intelligenz Trends und Forderungen zum Umgang mit KI in der Europäischen Union
Julia Juen / Verena Ringler
II. Bürgertugenden – Fallbeispiele
Bürgergesellschaft: Schwerpunkt der Politischen Akademie
Gesellschaftsvertrag im Wandel
Michael Borchard / Ulrike Ackermann / Andreas Janko
„Neue Bürgergesellschaft“ Ein Staat, der die Bürger atmen lässt
Werner J. Patzelt / Günther Lutschinger
Bürgergesellschaft in Europa? Starke Impulse aus den Regionen Europa und Gesellschaft beginnen zuhause – zur Wirkkraft angewandter, initiierter Formate von Begegnung und Dialog im regionalen wie grenzüberschreitenden Kontext
Verena Ringler / Magdalena J. Schneider
Österreich zum Blühen bringen! Die Rolle und das Potenzial von gemeinnützig aktiven Stiftungen für Gesellschaft und Staat
Ruth Williams / Christoph Robinson
„Genossenschaft? – Da kommt dir keiner!“ Von der Wiederentdeckung einer oft unterschätzten Rechts- und Organisationsform
Justus Reichl
Social Entrepreneurship: Versuch einer Einordnung in die Bürgergesellschaft
Elisabeth Mayerhofer
Bürgergesellschaft – Lernort Familie
Wolfgang Mazal
Wer Mut zeigt, macht Mut Der Beitrag von Vereinen zum gesellschaftlichen Zusammenleben am Beispiel von Kolping Österreich
Christine Leopold
Lebensschutz in der Bürgergesellschaft
Martina Kronthaler
Gelebte Bürgergesellschaft braucht mehr Vertrauen! Ordnungspolitische Überlegungen zu bürgergesellschaftlichem Engagement, sozialer Wohlfahrt und Gemeinnützigkeit im Spiegel der Arbeit des Hilfswerks
Elisabeth Anselm
Emmaus – von Paris nach St. Pölten Soziale Arbeit geht uns alle an
Karl Langer
Autorenporträts
Zentrale Säulen unserer Demokratie sind neben der Gewaltenteilung und dem liberalen Rechtsstaat auch aktive Bürgerinnen und Bürger, die das Gemeinwesen mitgestalten. In dem Sinn sind Bürgerinnen und Bürger nicht nur Adressatinnen und Adressaten staatlicher Regeln und Normen, sondern auch Mitgestalterinnen und Mitgestalter eben dieser Normen. Und das Gemeinwesen in einem liberalen Staat ist mehr als die staatliche Ordnung, es ist das Zusammenspiel von Menschen und ihren Beziehungen zueinander – in Familien und Freundschaften, im Job und in Vereinen.
Die aktive Mitgestaltung des persönlichen und öffentlichen Umfelds bereichert das menschliche Leben in vielen unterschiedlichen Facetten und macht unsere Gesellschaft dadurch vielfältiger und bunter. Der Mensch ist ohne Zweifel ein politisches und soziales Wesen, das sich in seiner Individualität nur innerhalb einer Gemeinschaft entfalten kann.
Wie wir Gemeinschaft, unsere Gesellschaft, gestalten wollen, wird in den Demokratien westlicher Prägung von den einzelnen Parteien unterschiedlich beantwortet. Grob gesagt lässt sich folgende Unterscheidung treffen: Typisch als links verortete Politik definiert sich vor allem über einen paternalistischen Staat, der alle Lebensbereiche der Bürger überprüft, die Lebensgestaltung plant und bis in kleine Details regelt. Bürgerliche Politik, wie wir sie sehen, vertraut zwar auf den Staat zur Setzung allgemeiner Rahmenbedingungen, stellt jedoch individuelle Freiheit und Eigenverantwortung in den Mittelpunkt. Sie vertraut auf den inneren Antrieb jeder Bürgerin und jedes Bürgers, nach ihren und seinen Fähigkeiten Beiträge für eine funktionierende Gemeinschaft leisten zu wollen. Dies ist die Grundidee des politischen Konzepts einer „Bürgergesellschaft“ als Gemeinschaft freier und verantwortlicher Menschen.
Wie vielfältig und heterogen Konzepte der Bürgergesellschaft in Theorie und Praxis sind, haben die Politische Akademie der Volkspartei und das Wilfried Martens Zentrum für Europastudien in ihrem aktuellen Forschungsschwerpunkt umfassend diskutiert und untersucht.
Wesentliche Grundlage ist ein Menschenbild, das in den jüdischen, christlichen, griechischen und römischen Traditionen unseres Kontinents wurzelt und dessen Fundament die Würde jeder Person ist. In ihr liegt allerdings auch die Verpflichtung, Begabungen aktiv für die Gesellschaft einzusetzen, die das Gleichnis von den „anvertrauten Talenten“ zum Ausdruck bringt. Oder mit Immanuel Kant gesprochen: Es gibt eine individuelle unvollkommene Pflicht des Menschen – nämlich jene der Entwicklung der eigenen Talente – für sich aber auch gegenüber anderen.
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