LUST Authors
11 erotische Geschichten für einen sinnlichen Abend
Lust
11 erotische Geschichten für einen sinnlichen Abend
Übersezt von LUST Translators
Titel der Originalausgabe: 11 erotic stories for a sensual evening
Originalsprache: Schwedisch
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 2021 Vanessa Salt und LUST, SAGA Egmont, Copenhagen
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788728109748
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Verbotene Orte: Die Krankenschwester - Erotische novelle
Sie ist hübsch. Nein, nicht nur hübsch, sie ist makellos. Noora heißt die Krankenschwester, die sich jeden Tag seit dem schweren Unfall um mich kümmert, bei dem ich beinah meine Beine verloren hätte. In der schneeweißen Tracht sieht sie wie ein Engel aus. Schmale Lippen, große Augen und eine hübsche kleine Nase, die sie rümpft, wenn sie nachdenkt. Ihre Augenfarbe ist minzgrün. Ich kann ihr Gesicht inzwischen auswendig, ich habe ihre Sommersprossen und Leberflecken gezählt und ich weiß, dass sie sich jeden zweiten Tag schminkt, als ob sie es gern immer tun möchte, aber nicht so oft schafft.
Heute ist ein Schminktag.
Obwohl das für mich egal ist, ich nehme es nur zur Kenntnis. Sie ist immer hübsch. Ich glaube, es ist ihr Lächeln, das mich verzaubert hat, oder vielleicht die Tonlage, in der sie spricht – als ob es niemand anderen auf der ganzen Welt gäbe, bei dem sie lieber wäre.
„Na du, Benjamin.“ Sie lächelt so breit, dass ich ihre weißen Zähne sehen kann. Sie sind nicht so weiß wie ihr Krankenhauskittel, aber im Vergleich mit der sonnengebräunten Haut leuchten sie geradezu. „Wie fühlt sich das an?“ Sie sieht pfiffig aus und ihr Blick funkelt. „Morgen wirst du entlassen. Kannst du dir das vorstellen? Du darfst wieder in deinem eigenen Bett schlafen.“
Ich ziehe ein Gesicht. Hier liege ich in meinem Krankenhausbett. Am Anfang war das hart, das stimmt schon, aber jetzt, einen Monat später, ist es ein Teil von mir. Als ob das Bett mit meinem Rücken verwachsen ist. In letzter Zeit bin ich aufgestanden und schon ein ganzes Stück gegangen, aber mehr als eine Viertelstunde schaffe ich noch nicht, ehe es in den Beinen zieht. Wenn Noora kommt, lege ich mich gern hin, in dieses helle Zimmer, das ich für mich allein habe. Es ist immer schön, wenn sich jemand um einen kümmert … besonders, wenn sie es ist.
Sie lacht ihr helles Lachen, mit geschlossenen Augen und geöffnetem Mund. Sie legt eine Haarsträhne hinters Ohr und wirft einen Blick auf den Bildschirm, der meine Gesundheit in Zahlen anzeigt. Aber irgendetwas passt nicht. Ist sie nicht ein bisschen zu heiter? Wie aufgesetzt? Ihre haselnussbraunen Haare sehen heute besonders sorgfältig gebürstet aus, aber wie immer bekommt sie die vorderen Strähnen nicht in den Griff. „Oder willst du für immer hier bleiben?“
Ich setze mich halb zwischen die weichen Kissen. Vage hört man die Geräusche vom Flur hinter der Tür: Schritte, Gespräche und Türenklopfen. Es ist, als ob da draußen eine andere Welt ist. Dasselbe gilt fürs Vogelzwitschern vor dem gekippten Fenster. Ab und zu kommt kühle Luft herein, die nach Sauerstoff und frisch gemähtem Gras riecht. Und ja, in ihrer Stimme war etwas Angespanntes, als sie die letzte Frage gestellt hat.
„Das wäre ja wohl echt schön“, pflichte ich ihr bei, „wenn ich nicht kochen, abwaschen, waschen und den ganzen Kram machen müsste. Und bei dir bleiben könnte.“ Ich zwinkere ihr zu.
Noora sammelt das Geschirr im Zimmer ein und stellt es klirrend auf einen Metallwagen. Sie arbeitet so schnell, dass ihr Dutt im Nacken wippt. „Mmh, aber deine Freundin ist bestimmt froh, wenn du wieder da bist. Sie kann dir am Anfang vielleicht ein bisschen helfen?“
„Sie hat mit ihrem Studium genug zu tun.“
Ich fummle an der Decke und schließe für ein paar Sekunden meine Augen. Freundin . Tania kommt manchmal her, aber nicht mehr so oft, und versucht dafür zu sorgen, dass alles wieder normal wird. Sie begreift nicht, dass ich mich verändert habe und dass nichts mehr so wird, wie es mal war. Sie glaubt, dass ich nur Zeit brauche, aber Zeit ist bereits vergangen. Der Autounfall hat eine Kerbe in mein Leben geschlagen, ein Ereignis, das so groß ist, dass es ein Vorher und ein Nachher gibt. Das Auto hat sich überschlagen, ist in eine Steinwand gekracht und ich dachte, ich wäre tot. Aber Noora hat mich zurück ins Leben gebracht. Jedenfalls fühlte es sich so an, als ich die Augen zum ersten Mal nach meinem „Tod“ öffnete und sie an meiner Seite sitzen sah. Sie hatte Tränen in den Augen, sie fühlte so viel Empathie für einen Fremden. Zu dem Zeitpunkt hatte ich eine Woche lang im Koma gelegen und sie wollte wirklich, dass ich durchkomme. Ich bilde mir natürlich ein, dass sie sich schon damals zu mir hingezogen fühlte.
„Hallo? Bist du weggetreten?“ Noora füllt mir ein Wasserglas am Hahn auf. „Freust du dich denn gar nicht auf morgen?“
„Mir geht es gut hier.“
„Entschuldige, wenn ich von Tania angefangen habe, habt ihr euch zerstritten?“
Noora und ich kennen uns jetzt seit einem Monat und haben bereits über alles geredet, worüber man so reden kann. Dass sie Tania erwähnt, ist also nicht weiter merkwürdig. Innerhalb von kurzer Zeit sind wir … Freunde geworden? Es ist nur so, dass die Erwähnung meiner Freundin mir eine Gänsehaut verleiht.
„Wir haben uns nicht zerstritten.“
„Ich dachte nur, weil sie dich eine Weile nicht besucht hat.“ Sie stellt das volle Wasserglas auf den Klapptisch neben dem Bett. Das Kondenswasser glitzert auf der Außenseite. „Ich will nur, dass es dir gut geht.“
„Wirklich?“ Ich hebe eine Augenbraue und versuche, einen flirtenden Gesichtsausdruck hervorzurufen. Vor dem Unfall sah ich unverschämt gut aus, vielleicht zu gut für mein eigenes Wohl, da ich dadurch viel zu selbstsicher wurde. Eingebildet, fanden manche. Ich war Frauen-drehen-sich-auf-der-Straße-nach-mir-um-hübsch. Breite, kräftige Baumfällerschultern, ein buschiger Bart, Tätowierungen, raspelkurze Haare und all die Muskeln vom Ringen. Dazu ein Gesicht wie ein Hollywood-Schauspieler.
Und jetzt? Jetzt habe ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder richtig viele Haare – dick und dunkelbraun, ein wenig gewellt. Meinen Bart rasiert Noora einmal pro Woche. Trotzdem ist der größte Unterschied zu vorher eine große Narbe, die über mein ganzes Gesicht verläuft, nur eine Haaresbreite vom rechten Auge entfernt. Ich bin entstellt. Aber Noora hat nie angeekelt ausgesehen, wenn sie mich ansah. Anders als Tania.
„Ich glaube“, sage ich selbstsicher, „dass du gefragt hast, ob ich mit Tania zerstritten bin, weil du wissen wolltest, ob ich Single bin.“
Sie umschließt das Glas so fest mit den Fingern, dass ihre Knöchel weiß werden. „Ha! Das solltest du lieber nicht glauben.“
„Ich weiß, dass du dich nach mir verzehrst, du wolltest mich, seit du mich zum ersten Mal gesehen hast. Es ist die Narbe, nicht wahr?“ Ich mache eine Geste zu meinem Gesicht. „Du stehst auf sowas.“
„Aha, ich verzehre mich nach dir?“ Sie grinst noch breiter, stellt einen Stuhl an meine Bettkante und setzt sich hin. „Und was lässt dich zu solchen Schlüssen kommen, wenn ich fragen darf?“
„Du bist traurig, weil ich entlassen werde.“
„Ich werde schon überleben.“
Ich mache einen Schmollmund. „Klar, versuche nur, erleichtert auszusehen, aber ich sehe, wie du in deinem Inneren leidest. Deine Seele wird vor Sehnsucht nach mir zerspringen.“
„Benjamin!“ Sie greift sich an die Brust, wie eine gehobene Dame im neunzehnten Jahrhundert. Aber ihr Blick flackert.
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