Durch viele kleine Begebenheiten, die mich unvermittelt in die schwere Traurigkeit hinunterziehen wollten, lernte ich sehr bald, mich hinzusetzen, die Augen zuzumachen und zu beten: Allmächtige göttliche Quelle, stehe mir bei, bei diesem oder jenem Thema, und es wurde mir sofort oder später immer geholfen. So auch an diesem kalten Wintertag. Ich wusste immer noch nicht, wo ich wohnen sollte. Meine Töchter gingen in Minusio ins College, also wäre es stimmig gewesen, sich wieder dort niederzulassen. Von dort hatte mich mein Partner Steve drei Monate vor seinem Tod in sein Haus in Lugano geholt. Ich saß mit geschlossenen Augen in der Küche im Gebet, da rief mich eine ehemalige Nachbarin aus dem Haus an, in dem ich vorher in Minusio gelebt hatte. Sie fragte mich, wie es mir gehe, erzählte, dass sie und alle anderen Hausbewohner mit mir und meinem Schicksal mitfühlten und sich um mich Sorgen machten. Ob man mir helfen könne? »Oh ja«, antwortete ich, »ich suche wieder eine Wohnung und am liebsten in der dortigen Umgebung.« Sie antwortete: »Oh, Brigitte, die schöne Attika-Wohnung zuoberst ist vor einem Monat frei geworden und es wird ein neuer Mieter gesucht.«
Ich wusste genau, welche sie meinte. Steve war damals auf meiner Wohnungssuche mitgekommen und hatte sich in die damals schon freie Attika-Wohnung sofort verliebt. Er meinte sogar, wenn er jemanden für sein Haus finden könnte, würde er dort gleich mit uns einziehen. Das war dann nicht möglich und mir allein war sie zu teuer, so nahm ich die kleinere Wohnung im unteren Stockwerk. Das sagte ich auch meiner lieben Nachbarin, die mir gleich erklärte, dass sie mit dem Mietshausbesitzer verwandt sei und mir verspreche, ihm für mich eine Mietzinsreduktion vorzuschlagen. Am 1. Mai 2011 zog ich so in Steves Lieblings-Attika-Wohnung ein, zu einem niedrigen Mietzins, den ich mir leisten konnte.
Ich erlebte viele solcher Momente, sodass ich nur vorwärtsschauen konnte, weil ich mich so getragen und beschützt fühlte. Das war auch der Grund, warum ich, kaum in Minusio eingezogen, sofort begann, Medialität zu studieren. Jeden Tag stundenlang, sei es über die Weltgeschichte oder über das Jenseits, ich studierte mit der gleichen Energie, die ich verbraucht hätte, wenn ich in der Trauer versunken wäre. Gab es Momente, in denen ich starke Sehnsucht nach Steve verspürte, so nahm ich sofort ein spirituelles Buch zur Hand und las darin, bis mir die Augen zufielen.
Bald reiste ich auch noch ein drittes Mal nach Amerika, um meine Indianerfreundin Rain zu besuchen, die ich bei meiner zweiten Amerikareise, zwei Monate nach Steves Tod in Santa Fee, kennengelernt hatte. Die ganze Geschichte über diese wunderbare Begegnung habe ich in meinem ersten Buch Mein Leben mit Steve beschrieben.
Wir trafen uns in ihrer Heimat Kayenta am Fuße des Monument Valley. Ich wollte unbedingt dem Stammeshäuptling der Navajo-Indianer einen riesigen Koffer mit mitgebrachter Kindernahrung und Kleidern sowie Geld übergeben. Wir trafen uns und zum Dank für meine Geschenke durfte ich an einer heiligen Zeremonie in einer Schwitzhütte teilnehmen, wo man mit einem speziellen Ritual bewirken wollte, dass Steve sich ganz sicher drüben im Licht befand. Danach reisten wir noch in das Tal der Toten, wo alle Verstorbenen des Stammes verbrannt werden. Die Reise führte uns in ein Indianerreservat. Wir holten dort den alkoholkranken Onkel von Rain ab, der den Weg ins Tal der Toten am besten kannte. Diese Begegnung, wie das Dorf selbst, war trostlos und traurig. Überall lagen Scherben herum. Auf meine Frage, warum diese den Kindern zuliebe nicht weggeräumt werden, antworteten mir die Indianer nur mit ausdruckslosem Gesicht, es sei ja nicht mehr ihr Land, warum also sollten sie sich noch Mühe geben. Diese Antwort machte mein Herz schwer und ich entschloss mich, die Menschen aus Kayenta in meinem Herzen mitzunehmen, für sie zu beten. Aber zurückkommen wollte ich nicht mehr, es tat zu weh und half mir nicht auf meinem Weg in die Selbstheilung. Ich fühlte mich damals so hilflos.
Nach Hause zurückgekehrt begab ich mich wieder mit frischem Elan an mein Studium. Genau ein Jahr später, Mitte Mai 2012, war es so weit, ich war bereit, nach England zu reisen, um im Arthur Findlay College in Stansted eine Intensivwoche in Medialität zu absolvieren. Wie war ich aufgeregt, ich konnte es fast nicht erwarten, mit angehenden Medien aus der ganzen Welt im Klassenzimmer zu sitzen und zusammen medial zu arbeiten. Im College angekommen – das eher einem Schloss ähnelte mitsamt großem Park und wunderschönen Blumenwiesen -, rannte ich gleich nach draußen und spazierte unbeschreiblich glücklich den Parkweg entlang. Das Telefon ließ ich im Zimmer. Wieder zurück im College, sah mich meine liebe Freundin Sandra ernst an und meinte: »Brigitte, ich fühle etwas mit deiner Familie, ist alles in Ordnung?« Da der Hinweis von Sandra kam, nahm ich ihn sehr ernst, da ich schon einiges an Wahrnehmungen von ihr gewohnt war. Schließlich war sie diejenige, die mich damals gesucht hatte, um mir mitzuteilen, dass sie vom verstorbenen Steve geträumt hatte und er ihr im Traum ans Herz legte, mich zu finden, um mir zu helfen, meiner Berufung als Medium und Heilerin zu folgen.
Sofort rannte ich in mein Zimmer, um meine Töchter anzurufen. Ich sah auf dem Telefon unzählige Telefonversuche meiner kleinen Tochter. Als ich sie anrief, weinte sie ins Telefon und ich verstand nur: »Mami, komm bitte sofort nach Hause, ganz viele Verwandte aus Italien sind bei uns in der Wohnung.« Mein Gott, nach dieser Aussage musste ich erst einmal tief durchatmen. Ich beruhigte sie etwas und bat sie, mir einen von den Verwandten ans Telefon zu geben. Schnell wurde mir klar, was passiert war. Aufgrund eines persönlichen Schicksalschlags waren alle zu uns in die Schweiz geflohen.
Im ersten Moment war ich entschlossen, sofort wieder abzureisen. Da das College aber mitten auf dem Land lag und ich zuerst eine Zugverbindung zu dem Stunden entfernten Flughafen finden musste und natürlich dann noch einen Flug in die Schweiz zurück, entschloss ich mich auf Drängen der Verwandten, zumindest eine Nacht darüber zu schlafen. In dieser Nacht, in der ich mich schlaflos von rechts nach links wälzte, hatte ich eine Erscheinung, sie war zwar kurz, aber sehr intensiv und eindeutig. In der Erscheinung wurde mir sehr deutlich klargemacht, dass ich bitte die ganze Woche im College bleiben solle, da der Lernschritt, den ich hier nach vorne machen würde, mir helfen könnte, mich auf mein neues Leben, das mich ab jetzt zu Hause erwarten würde, vorzubereiten. Bliebe ich immer im Vertrauen auf diesem medialen Pfad, den ich vor einem Jahr betreten hatte, würde ich ihn treu verfolgen, dann bekäme ich eines Tages ein großes Geschenk. Meine Mitmenschen würden dann nämlich großes Vertrauen in mich haben, das wiederum würde mir zu großem Erfolg verhelfen, der mich enorm glücklich machen werde.
Wenn ich an diesen Augenblick denke, holt mich immer dieses emotionale Gefühl ein. Ich lag zum einem völlig außer mir im Bett des Colleges, weil ich wusste, dass ich ab sofort keine monatlichen Zahlungen mehr bekommen würde. Auch hatte ich vor über dreißig Jahren meinen inzwischen völlig veralteten Handelsschulabschluss gemacht und würde als über Fünfzigjährige sicher nicht mehr so leicht eine Arbeit finden und schon gar nicht im Bella Ticino, einer Ferienregion, die auch als Altersresidenz für Pensionäre gedacht war. Zum anderen war ich durch diese Lichterscheinung in meinem Herzensraum berührt und fühlte, dass das mein Weg war, ich wollte Medium und Heilerin werden und Vertrauen haben, dass ich mit meinen Töchtern alles schaffen werde auf dem Wege dorthin. Ich fasste genau in dieser Nacht meinen Entschluss, nach vorn zu sehen und mich von diesem neuen wunderbaren Weg niemals abbringen zu lassen.
So blieb ich damals die ganze Woche in England, stand täglich auf der Bühne und gab Jenseitskontakte den Studenten aus der ganzen Welt. Ich fühlte, wie mir diese Tatsache, dass ich alle Messages so stimmig erzählte, eine wunderbare innere Kraft verlieh.
Читать дальше