Die Bibel kennt Beispiele für die Wahrheit dieser Worte:
Sara, die Neunzigjährige, ist noch in ihrem Alter fruchtbar und empfängt Isaak. Ähnliches erlebt im Neuen Testament Elisabeth, die Frau des Zacharias. Sie bringt im hohen Alter noch einen Sohn zur Welt, Johannes den Täufer: „… sie tragen Frucht noch im Alter! “ Auch die beiden Alten im Tempel, Simeon und Hanna, tragen glücklich die Frucht ihres lebenslangen Hoffens auf den Armen: kein eigenes Kind, aber ein Kind, das Gott schenkt, eine Frucht ihres lebenslangen Vertrauens: Ihre alten Augen sehen das Heil – und strahlen!
Das Alter ist eine Phase der Lebensfülle, für die auch das Wort aus der Mitte des Johannesevangeliums gilt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Wer ins Leiden verliebt seine alten Tage lebt, wird die Fülle nicht entdecken. Wer aber in der erwartungsvollen Hoffnung lebt: „Ich will am Leben teilnehmen – bis zum Schluss“, wird die Quelle der Lebendigkeit auch im Alter entdecken. Diese Quelle wird dem alten Menschen von Gott geschenkt, trinken allerdings muss er selbst.
Anschaulich wird das bei dem Gelähmten am Teich Bethesda (Joh 5,1–16). Seit 36 Jahren liegt er dort und kommt nicht in das heilend flutende Wasser. Dann kommt Jesus, sieht ihn, hört sich seine Geschichte an und fragt ihn: „Willst du gesund werden?“ Die Theologin und Psychotherapeutin Hanna Wolf akzentuiert diese Frage auf das erste Wort. Willst? Willst du wirklich? Willst du überhaupt? Wenn einer so lange daliegt und gesund werden will, dann finden sich auch Wege! Darum fragt ihn Jesus: „Willst du überhaupt gesund werden?“ Manchen Menschen ist die quälende Seite ihres Lebens so zur zweiten Natur geworden, dass ihnen etwas fehlt, wenn sie plötzlich gesund sind. Die gleiche Frage geht an den alten Menschen: Willst du lebendig sein bis zum letzten Atemzug? Willst du teilhaben am Leben? Willst du überhaupt …? Wenn ja, dann finden sich Wege. Du selbst bist der Schlüssel zum Glück deines Alters. 9
Anregungen aus franziskanischer Spiritualität
Franz von Assisi wurde nicht alt. Er lebte nur 44 Jahre. Das ist in der damaligen Zeit mehr als heute. Seine letzten Lebensjahre waren, wie Psalm 90 sagt, „Mühsal und Beschwer“. Genau darum ist es faszinierend, dass er in diesen von Schmerzen geprägten Lebensjahren den Sonnengesang schrieb, ein Lied, das vor Lebensfreude nur so sprüht. Er hätte ein Klagelied anstimmen können, jeder hätte es ihm geglaubt – es war ja augenscheinlich. Doch er schreibt ein Loblied auf Gott und seine wunderbare Schöpfung. Er besingt die Sonne, deren Licht ihm bei seiner Augenerkrankung Schmerzen bereitete. Er staunt über den Mond und die Sterne und die fruchtbare Erde. Er besingt alle Geschöpfe als seine Schwestern und Brüder. Selbst den Tod besingt er in diesem Lied als Bruder (im italienischen Urtext als Schwester), der ihn nicht von Gott trennt, sondern zu Gott führt.
In diesem Glauben ist ihm die heilige Klara nah, die nach langem Krankenlager mit einem Loblied auf Gott stirbt (LebKl 46, KQ 334): „Du, Herr, sei gepriesen, der du mich erschaffen hast.“ Beide, Franziskus und Klara, verkörpern eine Lebenshaltung, die bis zum letzten Atemzug Lebendigkeit atmet.
Davon spricht auch die 27. Ermahnung des Heiligen; sie redet von Haltungen, die auch im Alter lebendig halten:
„Liebe und Weisheit,
Geduld und Demut,
Armut mit Fröhlichkeit,
Ruhe und Betrachtung,
Furcht des Herrn,
Erbarmen und Besonnenheit“ (Erm 27, FQ 54).
Meditation
Kann
kann „schon alleine“
kann „noch alleine“
kann „nicht mehr alleine“
kann „erst jetzt“
kann
In diesem Spannungsfeld
lebe ich mein Leben
langsam aufsteigend –
hin zum Scheitelpunkt …
und dann
langsam absteigend –
in die Tiefe – mit Tiefgang –
das Leben leben
begleitet vom
allmählichen Nachlassen der Kräfte
bis hin zum
ich kann „nicht mehr alleine“
aber auch
begleitet von der Frage:
was kann ich „erst“ jetzt
„erst“ jetzt
kann ich Erstaunliches:
Zeit haben
Langsamkeit zulassen
mein Tempo gehen
meine Träume träumen
Interesse zeigen
Humor ausstrahlen
dankbar sein
Das alles kann ich
trotz der Begrenzungen
die das Alt-Sein mit sich bringt –
auch in Offenheit für Gott,
der mich
in seine Hand geschrieben hat
und mich beim Namen ruft
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