Sammeln ist eine aktive Aufgabe und eine absichtsvolle Tätigkeit (Wilde 2015): Viele Aktivitäten sind mit einer Sammlung verbunden: ordnen und sortieren, pflegen, bestimmen, präsentieren und ausstellen, recherchieren, anordnen, suchen und finden, bewahren, weitergeben, um nur einige zentrale Beschäftigungen zu nennen, die mit einer Sammlung verbunden sind. Sammeln verbindet den menschlichen Wunsch nach Sein (kreative Aktivitäten rund um die Sammlung) und Haben (Besitz der Objekte einer Sammlung).
Die Fotografin Hannah Schuh bezeichnet Sammeln als einen Instinkt: Den Sammler oder die Sammlerin reize weniger der Besitz von Dingen, zentraler sei das Strukturieren und Systematisieren dieser Dinge durch die Herstellung und Aufrechterhaltung einer selbst manipulierbaren Ordnung. Die Bedürfnisbefriedung durch Herstellen von Ordnung setze Glücksgefühle frei (Schulz 2009).
Ein Motiv des Sammelns kann sein, einen Überblick in einer immer unüberschaubareren, hektischen, vergänglichen Zeit zu behalten und sich als Gegenpol eine «heile Welt» mit einer Sammlung zu schaffen: Sammlungen können Sicherheit, Stabilität und Kontinuität geben (Bausinger 2007).
Sammlungen können aber auch den eigenen Wissens-, Geltungs- und Machtdrang befriedigen und bieten Möglichkeit zur Selbstdarstellung und Inszenierung: Sammeln kann gesellschaftliche Akzeptanz bringen, auch wenn diese bei den einzelnen Sammelgebieten sehr unterschiedlich sein kann (Engelfried 2010). Während Bücher und Uhren als hoch angesehene Sammelobjekte gelten, ist dies für Panini-Bilder und Barbiepuppen weniger der Fall.
Sich in der Wohnung mit schönen, geliebten Dingen zu umgeben kann Sicherheit, Orientierung und ästhetische Zufriedenheit bieten (Karch/Robertson 2015). Eine schöne Sammlung kann einen Menschen mit Stolz erfüllen, und der Wunsch nach Kreativität und Gestaltung kann durch das Anlegen und Pflegen einer Sammlung befriedigt werden. Für viele Sammelgebiete existieren Fachcommunitys, in denen ihre Angehörigen Anerkennung finden.
Zusammengefasst: Warum nimmt man die Kraftanstrengung und (finanziellen) Investitionen auf sich, um etwas zu sammeln? Das Sammeln kann als Sinn stiftende, kontinuierliche, kreative und lustvolle Tätigkeit erlebt werden, es kann die humanen Bedürfnisse nach Macht über die Dinge befriedigen und Anerkennung verschaffen.
Neben den positiven Aspekten, sind auch die Probleme zu beleuchten, die das Sammeln mit sich bringen kann: Außerhalb des Sammelgebiets wirken so manche Sammelnde als Spinner, Exotinnen oder gar als Verrückte. Eine unbändige Sammelleidenschaft kann tatsächlich krank machen und zu einem isolierten Leben führen, wenn man sich zu stark auf eine Sammlung einlässt und dadurch andere Dinge des Lebens vernachlässigt. Der Rückzug aus der Gesellschaft aus Überinteresse und Ehrgeiz an der Sammlung (Einzelgängertum) sowie finanzieller Bankrott aufgrund unvernünftigen Handelns (Kaufzwang) beim Erwerb neuer Sammlungsobjekte sind zwei zentrale Folgen der Sammelsucht (Bausinger 2007). Sammeln kann zum Wahnsinn werden, wenn man zu viel festhalten möchte und zu wenig loslassen kann (Sommer 2018; Duncker 2010). Genau das gleiche Phänomen liegt auch beim Messie-Syndrom vor: Menschen mit diesem Syndrom haben ein zwanghaftes Bedürfnis, alles zu horten – auch eine Form des Sammelns.
SAMMELN IM 21. JAHRHUNDERT
Unendlich viele Merchandising-Produkte (Zusatzprodukte wie T-Shirts oder Tassen, z. B. zu Figuren aus Filmen) werden heute angeboten. Sie werden oft als reine Sammelobjekte verkauft; der Funktionswert ist reduziert. Es geht vor allem um das Wecken des Kaufinteresses, leider oft auf Kosten der Umwelt (Wegwerfgesellschaft).
Die Digitalisierung bietet die Chance, mit anderen Sammelnden schnell in Verbindung zu treten und sich in Foren direkt auszutauschen. Objekte können online bestellt und langes Suchen dadurch abgekürzt werden. Im Netz können die Sammlungen auch präsentiert werden.
Wird die Digitalisierung das Sammeln weiter verändern? Wird sich das Sammeln von manifesten Dingen auf neue, immaterielle Formen verlagern? Der Minimalismus als Gegenkonzept zum Sammeln wird gerade aktuell diskutiert und von nicht wenigen Menschen bereits umgesetzt (so z. B. im Tiny HouseMovement). Diese Fragen bleiben spannend, wie das Sammeln selbst.
3Minimalismus als Gegenkonzept: Tiny House auf Rädern
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