Mit einem Schrei setzte Dillon sich plötzlich auf und entblößte mit einem Fauchen seine Fänge. Es dauerte einen Moment, ehe sein aggressiver Blick sich klärte, als er mich erkannte.
„Mommy?“
Ich schluchzte auf und schloss ihn in meine Arme.
„Oh, Baby, was haben die Monster mit dir gemacht?“
„Ich weiß nicht“, erwiderte Dillon leise. „Ich kann mich nicht erinnern.“
„Wie fühlst du dich? Hast du Schmerzen?“
„Mein Kopf tut weh.“
„Zeig mir wo“, forderte ich ihn auf und rückte ein Stück von ihm ab.
„Hier“, erklärte Dillon und zeigte auf seinen Hinterkopf.
Ich rutschte ein wenig und drehte seinen Kopf, sodass ich die Stelle sehen konnte. Ärger flammte in mir auf, als ich sah, dass sie sein Haar an der Stelle rasiert hatten und ein Verband offensichtlich eine Wunde verdeckte. Ich hatte es nicht bemerkt, als sie ihn zuvor hierher gebracht hatten. Was hatten diese Monster mit meinem Baby gemacht? Wie viel schlimmer würde es noch werden, wenn er älter wurde? Wir konnten hier nicht bleiben. Wir mussten irgendwie hier raus, doch ich hatte keine Ahnung, wie wir das hinbekommen sollten. Sie holten uns niemals zusammen aus der Zelle. Entweder war es nur Dillon oder ich. Tränen der Verzweiflung rannen über meine Wangen.
„Es ist okay, Mommy“, flüsterte Dillon. „Es tut schon gar nicht mehr weh. Mach dir keine Sorgen.“
Emotionen schnürten meine Kehle zu. Mein tapferer kleiner Engel. Wie gesagt, ich hatte keine Ahnung, wie alt Dillon war, doch an seiner Größe gemessen würde ich schätzen, dass er fünf oder sechs Jahre alt sein musste. Sein Verhalten jedoch war das eines viel älteren Kindes, doch das lag wohl daran, dass wir hier in dieser Hölle lebten. Er hatte niemals den Luxus gehabt, einfach nur ein Kind zu sein. Ein Geräusch riss mich aus meinen depressiven Gedanken. Ich erstarrte.
„Was war das, Mommy?“, fragte Dillon.
„Das klang wie... Schüsse“, murmelte ich.
„Schüsse? Was ist das?“
„Baby. Ich will, dass du unter das Bett krabbelst und dich dort versteckst, bis ich dir sage, dass alles okay ist. Hast du verstanden?“
„Warum? Was ist los, Mommy?“
Mehr Schüsse erklangen, und es schien näher zu kommen. Schreie waren zu hören, dann ein Knall, wie von einer Explosion. Mein Herz begann zu rasen und kalter Schweiß brach auf meiner Haut aus.
„Wir haben keine Zeit für Erklärungen, Dillon“, sagte ich scharf. „Unters Bett! Beeil dich!“
Dillon krabbelte aus dem Bett und darunter. Ich warf einen letzten Blick auf das Bett, zufrieden, dass mein Sohn in den Schatten unter dem Bett nicht zu sehen war. Dann schlich ich mit klopfendem Herzen näher zur Tür. Es klang, als wenn die Schüsse und Schreie sich wieder entfernten. Ich wünschte, ich könnte sehen, was da draußen vor sich ging, doch die Klappe, durch die man uns unser Essen reichte, war nur von außen zu öffnen. Für eine Weile schien es relativ ruhig, doch dann näherten sich schwere Schritte und mein Herz begann erneut zu rasen. Ich hatte keine Ahnung, wer da kam und was dies für mich und Dillon bedeutete. Ich schaute mich hastig in unserer Zelle um, ob ich etwas als Waffe benutzen konnte, doch das Einzige, was mir halbwegs nützlich erschien, war die Nachttischlampe. Ich eilte zum Bett, riss den Stecker der Lampe heraus und nahm sie in die Hand. Dann lief ich zurück zur Tür und stellte mich so, dass ich die Person, die hereinkam, attackieren konnte. Vielleich war dies unsere Chance, endlich von hier zu fliehen. Mein Magen war vor Aufregung in Knoten. Meine Hände zitterten, als ich mit angehaltenem Atem lauschte, wie die Schritte vor unserer Tür stehen verstummten. Der Riegel wurde vorgeschoben und die Tür schwang auf. Eine massive Gestalt betrat den Raum und ich ließ die Lampe auf die Person nieder gehen, ohne weiter nachzudenken. Der Eindringling war riesenhaft, weswegen ich nur seine breite Schulter anstatt seines Kopfes erreichen konnte.
„Umpf.“
Ich wich mit einem Schrei zurück, die Lampe vor mich halten, als ich auf den riesenhaften Mann vor mir starrte. Mein Schlag mit der Lampe hatte nicht den geringsten Effekt gehabt, was bei seiner Statur nicht weiter verwunderlich war.
„Was zum...?“, knurrte der Mann und sah mich an, die Stirn runzelnd. Ich sah auf den ersten Blick, dass ich es mit einem Alien Breed zu tun hatte. Nur, dass dieser Breed noch gewaltiger wirkte als die, welche ich in meiner Gefangenschaft hier zu sehen bekommen hatte. Er musste weit über zwei Meter groß sein und er war so breit wie ein verdammter Kleiderschrank. Seine Hände wirkten wie Schaufeln. Ein Schlag mit dieser Hand, und es würde mir glatt den Kopf von den Schultern reißen. Ich schluckte schwer. Ich überlegte verzweifelt, was ich tun konnte, um mich und Dillon von diesem riesenhaften Biest zu retten, als ein wilder Schrei erklang. Dillon war unter dem Bett hervorgekommen und rannte mit wildem Blick und gebleckten Zähnen auf den Riesen zu.
Mit einem wütenden Knurren sprang er auf den großen Breed zu und verbiss sich im Unterarm des Hünen. Der Breed stieß ein Brüllen aus und packte Dillon im Nacken. Ich schrie. Adrenalin raste durch meinen Leib. Alles an was ich denken konnte, war, wie ich meinen Sohn retten konnte. Ohne weiter nachzudenken, schlug ich mit der Lampe wieder und wieder auf den Breed ein.
Tower
Da war wedereine Frau, noch ein Kind bei den Zellen, in denen die drei Breeds gehalten wurden. Ich überließ es Darkness und Easy, bei der Befreiung der Breeds zu helfen. Ich wollte wissen, wo die Frau gehalten wurde. Ich schnappte mir den ersten Menschen, der mir in die Quere kam, und packte ihn bei der Kehle.
„Wo ist die Frau?“, knurrte ich.
Der Mann, der einen Kittel trug und offensichtlich ein Pfleger war, starrte mich aus geweiteten Augen voller Angst an. Der Geruch von Urin füllte die Luft, doch ich ignorierte den beißenden Gestank.
„Wo sind die Frau und das Kind? Antworte, oder ich reiße dir die Eingeweide raus.“
„Ni-nicht hi-hier“, stammelte der Pfleger.
„Dann WO?“, brüllte ich. „Zeig mir den Weg!“
Ich ließ seine Kehle los und packte ihn stattdessen hart beim Arm.
„Bi-bitte! T-tu mir nichts“, quiekte der Feigling.
„ZEIG! MIR!“
Der Pfleger führte mich in einen anderen Winkel der unterirdischen Anlage, bis wir zu einem kurzen Flur kamen, von dem nur drei Türen abgingen.
„D-die l-linke T-tür“, stotterte der Mann.
Ich ließ ihn zu Boden gleiten und marschierte auf die Tür zu. Sie war von außen mit einem Riegel verschlossen. Ich blieb vor der Tür stehen und schnupperte. Ja, ich roch die Frau und den Jungen. Ich roch Angst und Verzweiflung und meine Wut erwachte erneut. Diese Frau wurde seit Jahren von diesen Monstern gefangen gehalten. Sie würde wahrscheinlich erst einmal Angst vor mir haben. Dass ich so riesig war, würde wahrscheinlich auch nicht helfen, ihre Nerven zu beruhigen. Aber ich war hier, um sie zu befreien, und ich würde keine weitere Zeit damit verschwenden, jemand weniger bedrohlich wirkenden zu holen. Irgendwie würde ich sie schon beruhigen. Ich schob den Riegel beiseite und öffnete die Tür. Ich betrat die Zelle, als eine Bewegung aus den Augenwinkeln meine Aufmerksamkeit erregte. Sekunden später rauschte etwas auf meine Schulter hinab. Es war kein harter Schlag, doch genug, um wehzutun.
„Umpf“, stieß ich aus.
Die Frau, die mich angegriffen hatte, wich mit einem Schrei zurück, eine Lampe vor sich halten, als sie zu mir aufsah.
„Was zum...?“, knurrte ich, die Stirn runzelnd.
Die Frau sah aus wie ein in die Ecke gedrängter Hase. Ihre Augen weit vor Angst. Sie schluckte schwer. Plötzlich erklang ein wilder Schrei. Ein kleiner Junge kam unter dem Bett hervor und rannte mit wildem Blick und gebleckten Zähnen auf mich zu. Mit einem wütenden Knurren sprang er auf mich zu und verbiss sich in meinem Unterarm. Fuck, der Kleine hatte scharfe Zähne. Ich stieß ein überraschtes Brüllen aus und packte den kleinen Wilden im Nacken. Die Frau schrie. Wie eine Löwin, die ihr Junges verteidigte, sprang sie auf mich zu und schlug mit der Lampe wieder und wieder auf mich ein. Verdammt. Ich hatte einen wild gewordenen Jungen an meinem Arm hängen und eine kleine, aber angepisste Frau, die mich wie ein Pit Bull attackierte. Ich wollte weder dem Jungen, noch der Frau wehtun. Wie sollte ich die beiden bändigen, ohne sie zu verletzen?
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