Christine Jörg
Liebesblues
Ein neues Leben
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Inhaltsverzeichnis
Titel Christine Jörg Liebesblues Ein neues Leben Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Impressum neobooks
Wie so oft an einsamen Wochenenden radelt Gerd alleine über Stock und Stein. Viele Freunde hat er seit seiner Scheidung vor einigen Jahren nicht mehr.
Bei seiner Scheidung damals, vor sechs Jahren, war für ihn eine Welt zerbrochen, die er nicht mehr aufbauen konnte oder die er nicht mehr aufbauen wollte. Freilich, es gibt immer wieder Bekanntschaften und Liebschaften in seinem Leben, doch ab einem gewissen Punkt verlassen ihn die Freundinnen. Oft hat er selbst kein Interesse die Beziehung weiterzuführen. Und er steht einmal mehr alleine da. Seine Freunde haben meist feste Lebensgefährtinnen oder sind gar verheiratet, so bleibt für ihn nicht viel Platz. In einen Club oder Verein will er nicht eintreten. Seit sechs Jahren vermeidet er es, sich in irgendeiner Weise zu binden. Egal an was oder wen.
Allein bewohnt er ein großes Haus, eine Reliquie seiner gescheiterten Ehe. Zwar wird das Haus und vor allem sein Haushalt von seiner guten Seele, der Haushälterin, geführt, doch fühlt er sich oft verloren und einsam, so dass er sich, wann immer es nur möglich ist, auf seinen Drahtesel schwingt oder sich anderweitig körperlich und sportlich betätigt. Zwischendurch fährt er nach München, Augsburg und Ulm zu Theater- und Konzertbesuchen.
Auch jetzt, am Ostersonntag ist wieder so ein einsamer Tag. Der Himmel sieht zwar nicht besonders einladend aus, doch er beschließt trotzdem eine kurze Radtour von Waltenhofen nach Oberstdorf und zurück zu unternehmen.
Auf dem Hinweg läuft alles glatt, doch als er sich zum Rückweg anschickt, beginnt es leicht zu regnen. Es hindert ihn nicht daran weiterzufahren. Man ist schließlich nicht aus Zucker. Und überhaupt, was bedeutet denn schon ein Regenguss?
Bei Immenstadt wird der Regen stärker, doch Gerd ignoriert zunächst die Wasserflut von oben. Die Tropfen prasseln immer kräftiger auf ihn herab. Seine Brille ist voll von Regentropfen. Aus diesem Grund beschließt er in einem verfallenen Stadel Unterschlupf zu suchen. Zwar ist er schon nass und es hätte nichts mehr ausgemacht, die kurze Strecke nach Hause zu fahren, doch er steigt ab und stellt sein Fahrrad an die Außenwand der Hütte.
Vorsichtig, um nicht über ein unvorhergesehenes Hindernis zu stolpern, tritt er ins dunkle Innere des Stadels ein. Er stellt fest, das Dach ist an einigen Stellen leck, doch schließlich findet er hinten im Dunkeln einen trockenen Unterschlupf. Hier will er abwarten, bis der Regen nachlässt.
*
Schon seit einiger Zeit hat Marianne sich auf gemütliche freie Osterfeiertage mit Franzi gefreut. Doch als sie am Gründonnerstag von der Arbeit gerädert nach Hause zurückkehrt, liegt Franzi mit Fieber im Bett.
Also ist an die Tagesausflüge und Bummeln, wie sie es geplant haben, nicht mehr zu denken.
Am Ostersonntag fällt Marianne die Decke auf den Kopf. Sie muss raus und etwas unternehmen, ob nun Franzi krank ist oder nicht. Immer kann sie nicht Rücksicht nehmen. Schließlich ist in fast allen Fällen Marianne diejenige die Rücksicht nimmt. Meistens gibt sie bei Streitereien oder Unstimmigkeiten nach, nur damit der Haussegen nicht schiefhängt. Sie legt Wert auf ein harmonisches Zusammenleben, was man von Franzi nicht immer behaupten kann.
Heute also holt Marianne ihr Fahrrad aus dem Keller und beschließt eine kleine Radtour zu unternehmen. Weit will sie nicht fahren. Auch die Wettervorhersage ist nicht rosig. Sie braucht schlicht und einfach frische Luft um die Nase. Nur die Spaziergänge mit ihrem Hund genügen Marianne nicht. Die ganze Woche verbringt sie tagsüber im Büro, da braucht sie am Wochenende Bewegung.
Ihr Weg führt Marianne auf dem Illerdamm nach Kempten. Die Winterpause ist zu Ende. Also genau das Richtige um in Radlerform zu kommen.
Marianne ist schon auf dem Rückweg, als der Himmel sich öffnet und seine Tränen fallen lässt. Schwarz ist das Firmament schon längere Zeit, doch sie hat gehofft, auch den Heimweg trocken überstehen. Aber es soll nicht sein. Das Glück scheint ihr dieses Wochenende nicht hold zu sein. Erst Franzi krank, dann auch noch der heftige Regen!
Bei der ersten Möglichkeit, die sie ausmacht beschließt Marianne sich unterzustellen. Sie entdeckt einen Stadel. Als sie sich nähert, stellt sie fest, dass sie nicht die Erste ist, die hier Unterschlupf sucht. Ein Fahrrad steht bereits da. Was heißt hier Fahrrad? Eine Luxusmaschine! Zumindest verglichen mit ihrem alten Drahtesel. Jetzt hat sie keinerlei Lust auf Gesellschaft jeglicher Art, doch im Augenblick hält Marianne es für sinnlos weiterzufahren. So wie es im Moment gießt!
Sie gesellt ihr Fahrrad zu dem, das bereits an der morschen Holzwand lehnt. Vorsichtig schiebt sie die quietschende Tür zum Stadel auf. Die Scharniere sind nicht gut verankert. Die Tür droht in den Stadel zu fallen. Marianne kann sie gerade noch festhalten. Vorsichtig tritt sie ins Dunkel ein. Ihre Augen haben sich noch nicht an die Finsternis gewöhnt. Sie zwinkert ein paar Mal, doch es hilft nichts. Sie kann nichts ausmachen.
„Kommen Sie nur herein“, begrüßt sie sofort eine freundlich klingende Männerstimme.
Zwar weiß Marianne, dass sich schon eine Person im Inneren des Unterstandes befindet, trotzdem zuckt sie zusammen.
Zögernd folgt sie der Aufforderung und bringt nur ein: „Entschuldigung“, hervor.
„Na, Sie hat es auch toll erwischt“, stellt die Stimme aus dem Hintergrund fest und fügt hinzu, „bleiben Sie nicht an der Türe stehen, dort ist das Dach undicht.“
Marianne bewegt sich immer noch nicht. Am liebsten wäre sie sofort wieder aus der Hütte gelaufen. Doch da hört sie den Mann, den sie nicht ausmachen kann, auffordernd sagen: „Kommen Sie schon herein! Haben Sie keine Angst, ich beiße nicht.“
Langsam gewöhnen sich ihre Augen an die Dunkelheit des Stadels. Nun kann sie am anderen Ende einen Mann unbestimmten Alters, etwas größer als sie selbst, ausmachen.
Zögernd tritt sie weiter in die Hütte ein. Schließlich ist sie kein kleines Mädchen mehr, weshalb ist Marianne nur immer so überaus vorsichtig, um nicht zu sagen ängstlich?
Schon nach ein paar vorsichtigen Schritten bekommt sie die ersten Tropfen vom undichten Dach auf ihrem nassen Kopf zu spüren. Nochmals sagt sie sich, es ist ausgemachter Quatsch, hier angehalten zu haben. Sie hätte genauso gut direkt nach Hause fahren können. Schließlich ist sie schon nass. Was kann sich daran noch ändern? Im Gegenteil, wenn sie jetzt hier in diesem Stadel herumsteht und darauf wartet bis der Regen nachlässt, wird sie sich erkälten. Ihr wird unweigerlich kalt. Aber nun ist es zu spät. Zudem hätte komisch ausgesehen, wenn sie schlagartig die Flucht ergriffen hätte. Deshalb zwingt sie sich, so ruhig und sicher wie nur möglich auf den Mann zuzugehen. Er wird ihr schon nicht den Kopf abbeißen, wie er sich ausgedrückt hat.
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