Gut, was kommt jetzt in das Zombiepulver? Als Nächstes kommt die weit verbreitete Sonchus oleraceus, die „Gemüse-Gänsedistel“, die eigentlich weltweit vorkommt. Die primären Wirkstoffe sind hier unter anderem Eisen, Phosphor, Beta-Carotin und Vitamin C sowie verschiedene Eiweiße. Im Volk wurde die Gänsedistel unter anderem zur Behandlung von Warzen eingesetzt, wobei sie auch gegen Fieber hilft, bei Regelschmerzen während der Menstruation und auch bei Entzündungen auf der Haut hilfreich eingesetzt werden kann. Warum diese Distel dann im Zombiepulver verwendet wird, ist fraglich, es sei denn, sie soll ein wenig den Juckreiz mindern, sodass hier „nach und nach“ der Reiz auftaucht, und man nicht sofort ein Brennen spürt. Hier eine Abbildung:
Weitere Bestandteile sind die Blätter des Cashewbaum, wobei hier auch zum Teil die Früchte verwendet werden, da diesen medizinische und rituelle Wirkungen im Voodoo zugesprochen werden. Die Cashewäpfel beinhalten das Cashew-Schalenöl, welches toxisch bis hautreizend wirkt. Doch auch die Cashewkerne können hier verwendet werden, wobei hier eigentlich primär der positive Effekt zu nennen ist, da die Cashewkerne sehr viele Mineralstoffe beinhalten, wie zum Beispiel Magnesium, und auch hier Aktivitäten von Enzymen steuern, und auch wieder Eisen beinhalten. Viel spannender ist jedoch, dass ein Cashewbaum auf Haiti mit der Liebe assoziiert wird, was in diesem Kontext nicht wirklich zum Zombiepulver passt. Hingegen passt das Cashew-Schalenöl ganz gut in das Zombiepulver, da man hier einmal eine Trägersubstanz generieren kann, im Öl selbst Phenolalkanamine enthalten sind, die sehr schnell aushärten, wobei der primäre Bestandteil die Anacardsäure ist, sodass auch hier wieder ein Juckreiz, ein Kratzen möglich ist, wobei auch bakterizide Wirkungen existieren. Doch eine antibakterielle und antibiotische Wirkung ist hier wohl nicht das primäre Ziel, sondern eher die Hautreizung. Der Cashewbaum kommt primär in den Ländern, Togo, Nigeria und Ghana vor, in Ausnahmefällen aber auch in der Karibik, wobei hier die Population definitiv nicht so stark ist wie in Afrika. Somit ist dieser Bestandteil auch wieder in beiden Voodooheimaten denkbar.
Hier entsprechende Abbildungen:

Als Nächstes wird dann die sogenannte Juckbohne (Mucuna pruriens) thematisiert, die auch manchmal als „Seidenbohne“ bezeichnet wird. Hierbei handelt es sich um eine Pflanzenart aus der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler (Faboideae), und die als primäre Aufgabe einfach das „Juckpulver“ stellt, sodass hier eine Verwendung existiert, damit das Gift TTX, durch das Kratzen, durch das blutig Kratzen der Haut, in den Blutkreislauf des Opfers dringt. Da auch in Afrika die Thematik der Zombies gegeben ist, will ich hier sagen, dass diese Pflanze auch in Afrika bekannt ist, genauso wie auf Haiti. Ursprünglich stammt sie zwar aus Ostindien, aus Kaschmir, fand aber dann eine Verbreitung, sodass heutzutage die gesamten Tropen als Heimat deklariert werden können. Dies umfasst die Karibik, genauso wie die Länder Benin, Togo, Ghana und Nigeria. Wenn es also um das Zombiegift geht, welches mit der Hilfe von Juckpulver appliziert werden soll, dann findet man diesen Bestandteil im afrikanischen Voodoo, genauso wie im haitianischen Voodoo. Hier eine entsprechende Zeichnung der Juckbohne:
Wenn man sich dann auf die Kalabarbohne (Physostigma venenosum) bezieht, dann findet man auch hier wieder einen Schmetterlingsblütler, wobei die Herkunft sich hier speziell auf Westafrika bezieht, primär auf Nigeria. Es ist eine Pflanze, die hochgiftig ist, und zu Muskelkrämpfen führt. Speziell geht es hier um die Samen, da hier ausschließlich die Giftstoffe zu finden sind. Alle anderen Pflanzenteile sind in diesem Kontext ungefährlich. In den Pflanzen sind entsprechende Alkaloide vorhanden, die eben die Muskelkrämpfe auslösen können, speziell ist hier Physostigminzu nennen. Wenn die Samen zu einem Pulver vorsichtig verrieben werden, und dieses Pulver einem Opfer ins Gesicht geblasen wird, dann würde eine Applikation über die Bindehaut der Augen erfolgen, sodass hier nach relativ kurzer Zeit ein Zittern der Glieder einsetzt, eine beschleunigte Herzfrequenz, Schweißausbrüche und natürlich allgemeines Unwohlsein. Mit der Zeit würden Entzündungen in den Luftwegen entstehen, genauso wie an den Bindehäuten der Augen selbst. Auch der Kehlkopf wäre betroffen, sodass hier eine entsprechende Heiserkeit, bis hin zu einem Verlust der Sprache möglich ist. Da jedoch das Physostigmin als Gegenmittel zum Atropin verwendet werden kann, würde dies eigentlich gegen die Nutzung der Kalabarbohne sprechen, es sei denn, dass Atropin, der Stechapfel, wird wirklich nur verwendet, um das Opfer vorab zu betäuben.
Doch wenn man sich ein wenig auf die Historie der Kalabarbohne bezieht, und hier schaut, wie die kulturellen Verwebungen sind, dann wurde die Kalabarbohne bewusst für Vergiftungen eingesetzt, für Vergiftungen in Ritualen, um hier ein entsprechendes „Gottesurteil“ herbeizuführen, d. h. also, dass den „möglichen Verbrechern“ die Bohne gegeben wurde – die Samen – und dass es dann den Vodun oblag, zu richten, ob der Mensch es überleben würde, oder nicht. Nun ja, man kann hiervon ausgehen, dass sicherlich einige der Verurteilten an den Samen starben, während andere es knapp überlebten, da es hier natürlich auf die körperliche Konstitution ankommt. Jeder Mensch reagiert anders. Bei diesem Gottesurteil muss man aber wieder reflektieren, dass es hier eher um eine Schuld bzw. um eine Schuldfrage ging, nicht um eine direkte Verurteilung. Es wurde geschaut, ob hier eine Schuld vorliegt, oder ob die Person unschuldig ist. Nun ja, man wird es selber wissen, ob man ein Verbrechen begangen hat, oder nicht. Gleichzeitig wird man auch wissen, dass andere Menschen bei diesem Gottesurteil verstorben sind, sodass man hier lieber ein Geständnis abgeben konnte, um dann eine Wiedergutmachung zu geben – egal, ob man es jetzt war oder nicht. Bevor man stirbt, ist eine Wiedergutmachung die bessere Alternative. Da auch das Zombiepulver für eine Verurteilung verwendet wird, möglicherweise hier auch für eine Schuldfrage, kann man hier also wieder klassische Parallelen ziehen.
Doch da die Pflanze primär in Afrika auftaucht, stellt sich jetzt die Frage, was es mit dem Voodoo in Haiti? Nun, erst einmal muss man sagen, dass die Kalabarbohne auch in Brasilien heimisch ist, obwohl sie dort „eingeschleppt“ wurde, hat sie trotzdem dort Fuß gefasst.
Daher kann es sein, dass auch einzelne Gewächse auf Haiti existieren. Viel wichtiger ist aber, dass das Physostigmin zu der Gruppe der Indolalkaloide gehört, genauso wie Ajmalin, Reserpin, Yohimbin und auch die große Gruppe der Vincaalkaloiden, sodass man hier Pflanzen findet, die in den Familien der „Immergrün“ (Vinca), der „Schlangenwurz“ (Rauwolfia / Rauvolfia) und auch die Hundsgiftgewächse (Apocynaceae) vorhanden sind. Und hier gibt es eben auch Vertreter auf Haiti, auf Kuba, allgemein in der Karibik. Es ist definitiv nicht die exakt gleiche Substanz, auch die Wirkung ist nicht absolut identisch. Auch die molekulare Struktur ist deutlich abweichend, dennoch sind hier starke Ähnlichkeiten vorhanden, sodass die Vergiftungserscheinungen ohne weiteres als „sehr ähnlich“ beschrieben werden können. Man muss einfach daran denken, dass das Zombiepulver hier nicht auf eine deutsche Arzneimittelreinheit basiert, sondern auf eine naturmagische und naturreligiöse Zusammensetzung. Somit findet man also auch entsprechende Pflanzen im Bereich des haitianischen Voodoos, sodass also auch hier die Möglichkeit gegeben ist, die besagten Bestandteile zusammenzufügen.
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