Sie musste feststellen, dass er gut aussah. Sein attraktives Gesicht war von der Arbeit im Freien braungebrannt. Unter seinem engen T-Shirt zeichneten sich seine Muskeln deutlich ab, und seine Hände wiesen Schwielen auf. Das Landleben hatte ungeahnte Kräfte in ihm freigesetzt. Er sah sexy aus, und Hazel wurde wieder bewusst, wie sehr sie diesen Mann liebte. Sie konnte den Gedanken nicht fassen, ihn zu verlieren. Noch nie hatte sie einen Mann so geliebt wie ihn. Er war der Vater ihrer Tochter, ihr Traummann, noch immer. Warum hatte er sich nur so verändert? Jahreszeiten verändern sich, aber Menschen? Konnte ein Mensch so von seinen Gewohnheiten abweichen? Wie konnte sie die Hindernisse wegräumen, die ihrem Glück im Wege standen?
Sie suchte seine Nähe, legte ihren Kopf an seine Schulter, und er nahm sie in den Arm. Sie wünschte, wieder ein Teil von ihm zu sein. Sie wollte sich nicht in fernen Ländern verlieren. Ihr lag die Frage auf den Lippen, was dann aus ihrer Familie werden sollte. Schon der Gedanke daran machte sie traurig, fast verrückt. Sie kannte die Antwort jedoch schon und wollte sie nicht hören. Nicht von ihm. Früher hatte sie seinen brennenden Ehrgeiz geliebt, den Willen, etwas durchzusetzen. Nun erschrak sie über diese Bestimmtheit und diesen Freiheitsdrang, den er über alles setzte. Wie hatte sich alles nur so ändern können? Irgendwie, irgendwann hatten sich die Blockaden in ihre Ehe geschlichen, ohne es zu bemerken. Nichts war mehr, wie es vorher gewesen war.
Der Winter wurde kalt. Es war die Ruhe vor dem Sturm. Valentin war ruhig, besonnen. Sie verbrachten den Winter mit Wintersport. Valentin stellte Victor in der Kanzlei ein. In den Weihnachtsferien gingen sie zum Skifahren.
Hazel beobachtete Valentin und Victoria beim Skifahren. Kein Berg war ihnen zu hoch, keine Strecke zu weit. Victoria liebte Schneeballschlachten, Skifahren und lange Schlittenfahrten. Hazel war zufrieden in dieser Welt, doch sie wusste, dass dieses Glück nicht anhalten würde. Seit einer Weile hatte sie diese Ahnung. Es war nicht nur der kalte Schnee, den sie spürte, auch zwischen ihnen beiden wurde es frostig. Kälte sickerte von Tag zu Tag herein und breitete sich aus wie die Wellen eines Steines, den man in einen See wirft, nein, wie ein Krebsgeschwür. Valentin bereitete alles vor, um einen neuen Weg einzuschlagen. Einen Weg, auf dem sie ihm nicht folgen konnte. Ein stiller Anfang von vielen Jahren. Sie war wütend, weil sie nicht darauf vorbereitet war. Weil sie diese Veränderung nicht akzeptierte und keinen Einfluss auf seine Entscheidung hatte. Genauso wenig wie sie das Wetter hätte ändern können oder die Bewegungen der Wolken. Umso erschreckender war der Gedanke, dass sie ihn nicht wieder zur Besinnung bringen konnte. Sie versuchte diese Machtlosigkeit abzustreifen, aber sie blieb an ihr kleben wie Harz am Baumstamm. Wie konnte man einen Mann abhalten von seinem Weg? Wie sollte sie ihn zu seinem Glück zwingen? Zu ihrer beider Glück?
Der Himmel hatte sich zugezogen. Eine weiße Wolkenschicht drückte auf die Stadt. Aus dem Winterschlaf blinzelten nicht nur die Tiere in die wärmenden Tage, auch zarte Knospen streckten ihre Fühler aus. Hier und da sah man erste Frühlingsblüher, Schneeglöckchen, Krokusse. Das Frühjahr bäumte sich auf mit seiner prächtig sprießenden Natur, und auch Valentin hatte neue Energie getankt. Willensstark und entschlossen bat er sie, mit ihm zu kommen. Wenn du mich liebst, dann folgst du mir überall hin, sagte er.
Hazels eigener Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren. Unzählige Gedanken wirbelten wie wild durcheinander, doch keiner von ihnen ließ sich fassen. Sie sah Valentin mit weitaufgerissenen Augen an. Ihr Blick war starr auf ihn gerichtet. Sie hatte geahnt, dass die Frage irgendwann kommen würde. Aber nun, da sie ausgesprochen war, war sie viel zu früh gekommen, zu unvorbereitet und zu endgültig, als dass sie hätte antworten können. Fast unmerklich schüttelte sie den Kopf.
„Ich liebe dich. Aber ich will hierbleiben. Hier, wo es uns gut geht, wo unsere Familien und Freunde wohnen. Hier will ich mit dir und Victoria leben, hier will ich mit dir alt werden!“
Tränen trieben ihr ins Gesicht, vielleicht, weil ihr bewusst war, dass hieraus ein nicht wieder zu kittender Bruch entstehen würde. Wie eine Vase, die einmal kaputt war. Man konnte sie kleben, aber den Sprung, den Riss konnte man nicht mehr ungeschehen machen. Dennoch wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass er hier blieb, hier, bei seiner Familie, bei ihr und Victoria.
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