Pia Schenk
Der Hatschifabrikant
Nur für echte Helden
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Inhaltsverzeichnis
Titel Pia Schenk Der Hatschifabrikant Nur für echte Helden Dieses ebook wurde erstellt bei
1 1 Ich bin ich und das ist meine Geschichte. Seit gestern darf ich in der Klasse vorne sitzen. Ganz vorne in der ersten Reihe. In der Mitte, direkt auf der anderen Seite von der Frau Duffner, meiner Lieblingslehrerin. Normal darf ich nicht so viel dürfen. Deswegen freue ich mich auch voll. Obwohl ich manchmal den Unterschied zwischen dürfen und müssen nicht so richtig verstehe. Weil normal eigentlich niemand in der ersten Reihe sitzen dürfen will. Als ich in der Klasse noch hinten saß, war das auch in Ordnung. Aber die „Duffi“ (meine Deutschlehrerin) hat gesagt, ich soll mich besser „da“ hinsetzen. „Da“ - also genau ihr gegenüber. Weil ich ein Legageniker bin und weil sie mir so besser helfen kann. Sie hat nicht erklärt was das ist, ein Legageniker . Und es hat auch niemand gefragt. Wahrscheinlich wissen alle, was das für einer ist. Ich weiß es nicht, habe mir aber nichts anmerken lassen. Zuhause habe ich das Wort im Lexikon nachgeschlagen. Wir haben kein Google (niemand weitersagen). Aber da steht nichts drin. Vielleicht hat es was mit meinen Genen oder so zu tun. Am besten ich frage die Mami. Oder vielleicht doch besser den Herrn Hibschenberger. Er ist der Bigologielehrer an unserer Schule und hat uns die DNA erklärt. Die hat was mit den Genen zu tun. Eine Spezialspirale, die super mega klein ist, alles über uns weiß und überall in uns drin ist. Wir nehmen zurzeit echt coole Sachen durch und die DNA gefällt mir total. Aber ich kann sie nicht finden. Ich habe schon Hautfetzen, Spucke und Haare unter mein Mikroskop gelegt und sehe nichts. So winzig ist die DNA. Und obwohl Bio nicht Reli ist, muss ich (nichts sehend) einfach dran glauben was der „Hibsch“ sagt. Vielleicht frage ich doch besser die Mami.
2 2 Ich wohne mit der Mami in einer großen Wohnung. Im dritten Stock mit Balkon. Den liebt die Mami. Sonntags frühstücken wir immer draußen. Auch wenn es saukalt ist, dann halt mit Mantel, Mütze, Schal und Handschuhen. Nur wenn es regnet nicht. Dann essen wir in der Küche und der Sonntag ist futsch. Früher war der Papi auch da, dann war er plötzlich oft weg und jetzt kommt er gar nicht mehr. Der hatte wahrscheinlich auch keine Lust auf den Balkon. Er hat jetzt eine neue Familie, hat die Mami gesagt und deswegen kann er nicht mehr kommen. Schade eigentlich, ich hätte die gerne kennengelernt. Geschwister habe ich keine und deswegen käme mir die neue Familie eigentlich ganz recht. Außerdem konnte der Papi alles erklären. Alles. Alles. Alles. Da sind die Mami und ich ganz einer Meinung. Weil das mit der Familie nicht so richtig geklappt hat und ich doch so gerne einen Hund wollte, hat mir die Oma einen Hasen geschenkt. Ein extrem kuscheliges, schwarzes Zwergkaninchen. Ich bin mit ‚Zorro’ gleich runter in den Garten und musste dann schnell aufs Klo. Als ich wieder zurückkam, war der Zorro weg. Die Oma meinte, das mache nichts, sie fände ihn schon wieder. Bis morgen dann. Ich war nicht so sicher wie die Oma, aber am nächsten Tag war Zorro wieder in seiner Kiste. Komisch war vielleicht nur, dass er nicht mehr schwarz sondern weiß war. Die Oma meinte, das wäre normal und der wächst ja noch.
3 3 Seit der Papi nicht mehr kommt, ist aber richtig viel los bei uns zu Hause. Oft sitzt ein anderer Mann mit uns beim Abendessen und ich darf dann kein Fernsehen mehr gucken. Und muss früh ins Bett. Oder darf? Wenn wir Besuch haben, lacht die Mami die ganze Zeit und das freut mich dann auch. Manchmal finde ich die auch ganz lustig, aber vielleicht war es doch nur ein Einziger. Der Michael. Aber der kommt jetzt auch nicht mehr. Ich glaube den Michael, den hat sie gemocht. Den Papi auch und deswegen gibt es auch mich. Und ich bin der Allerwichtigste, sagt sie. Und sie hat mich sooooo lieb. Von der Erde bis zum Mond und wieder zurück. … ein wenig wurmt mich jetzt schon, dass ich ein Legageniker bin und nicht wirklich weiß, was der so alles kann. Nach einer Woche oder so meinte die Mami, ich soll den Zorro mit zu uns nach Hause bringen. Ich war total glücklich!!! Jetzt waren wir wieder zu dritt. Sie hat gesagt, dass ich jetzt ganz alleine verantwortlich bin. Deswegen habe ich mich richtig toll angestrengt, ihm die ganze Wohnung gezeigt und auch gesagt, wo er nicht hindarf. Zum Schluss haben wir uns zusammen auf den Sessel gesetzt und Fernseher geguckt. Der Zorro ist auf dem Kissen eingeschlafen und als ich ihn in die Kiste legen wollte, ist er vor Schreck gesprungen. Aber wie weit! Am nächsten Morgen war er ganz kalt und hart wie ein Brett. Ich habe ihn der Mami gleich zum Aufwärmen ins Bett gelegt. Und sie hat dann gesagt: „Der wächst ja noch“.
4 4 In der Schule hat die Frau Duffner außerdem noch gemeint, dass ich immer die Augen zukneifen würde. So wie die alten Leute, die schlecht sehen. Und weil ich schlecht sehe, kann ich auch nicht richtig von der Tafel abschreiben. Sagt sie. Und deswegen steht in meinem Heft nur Mist. Die Wahrheit ist, dass ich sehen kann wie ein Mäusebussard. Aber was ich sehe, macht keinen Sinn. Die Duffi schreibt gerne viele Worte an die Tafel und die sehen alle schön aus. Und wenn sie die vorliest und erklärt, ist mir alles klar. Aber wenn ich alles abschreiben will, dann vermischen sich die Buchstaben aus den Worten auf einmal wie wild. Und deswegen sitze ich jetzt ganz vorne. Die Frau Duffner hat der Mami einen Brief geschrieben und nun habe ich eine Brille. Die Mami ist jetzt echt glücklich, weil ich aussehe wie Harry Potter. Das sei doch toll. Aber ich will nicht aussehen wie der. Der hat keinen Papi mehr und die Mami ist auch weg oder tot. Das will ich nicht und alleine nach „ Hokfurz “ schon dreimal nicht. Mit Brille sehe ich jetzt wirklich schlecht. Macht nichts. Meistens vergesse ich bis zur nächsten Stunde sowieso alles, was wir so durchnehmen. Nicht immer, aber oft wird die Frau Duffner dann böse. Aber lange nicht so gemein wie der dicke Bernd. Der sitzt in der letzten Reihe und in seinem Heft steht auch nur Mist. Da sagt aber niemand was. Wenn es keiner sieht, dann zwickt er mich, schmeißt spucknasse Papierkugeln nach mir oder lacht mich aus. Dabei stinkt der schlimm. Wenn der beim Sport die Schuhe auszieht, muss ich immer niesen. „Wenn du groß bist, dann ...!“ Das höre ich immer von der Oma. Die Oma ist die Mama vom Papi. Mittags gehe ich immer zur ihr. Die kocht mir dann und wir essen zusammen alles auf. Ich darf erst aufstehen, wenn der Teller leer ist. Und dann schläft die Oma und ich muss Hausaufgaben machen. Und dann? Also, wenn ich groß bin, dann verhau ich erst mal den dicken Bernd. Aber wie! Im Moment glaube ich allerdings nicht, dass ich jemals so groß werde wie der dicke Bernd. Und außerdem habe ich auch noch eine Allergie. Die Allergie ist bestimmt schuld daran, dass ich so dünn bin. Klein bin ich auch. Warum sonst sollte mich die schicke Jule immer „Knirps“ nennen.
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