Dr. Sabine Theadora Ruh
Stiftungen - Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft
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Inhaltsverzeichnis
Titel Dr. Sabine Theadora Ruh Stiftungen - Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: Bürgerstiftungen: Es ist nur der Beginn
Kapitel 2: Bußgeld-Fundraising - ein Millionen-Deal
Kapitel 3: Dachstiftung: Willkommen im Netzwerk
Kapitel 4: Filmstiftungen - Zersplitterung und Ettiketenschwindel
Kapitel 5: Fundraising-Portale: Spenden, ohne selbst zu zahlen
Kapitel 6: Ostdeutsche Stiftungen: Biotope statt blühender Landschaften
Kapitel 7: Social Media mit Facebook, Twitter & Co: Nah dran am Puls
Kapitel 8: Sozial-Unternehmen - auch hier muss die Kasse stimmen
Kapitel 9: Transparenz wird im dritten Sektor immer wichtiger
Kapitel 10: Die wirtschaftliche Betätigung von Stiftungen - Grenzen ausloten
Impressum neobooks
Kapitel 1: Bürgerstiftungen: Es ist nur der Beginn
Inhalt:
Bürgerstiftungen: Es ist nur der Beginn
Bußgeld-Fundraising – ein Millionen-Deal
Dachstiftung: Willkommen im Netzwerk Filmstiftungen – Zersplitterung und Ettiketenschwindel
Fundraising-Portale: Spenden, ohne selbst zu zahlen
Ostdeutsche Stiftungen: Biotope statt blühender Landschaften
Social Media mit Facebook, Twitter & Co: Nah dran am Puls
Sozial-Unternehmen – auch hier muss die Kasse stimmen
Transparenz wird im dritten Sektor immer wichtiger
Wirtschaftliche Betätigung von Stiftungen – Grenzen ausloten
Bürgerstiftungen: Es ist nur der Beginn
Bürgerstiftungen bieten in Deutschland seit anderthalb Jahrzehnten stifterisches Engagement für jedermann: Sie sind noch jung in Deutschland, doch sie haben schon viele bewegt. Der Virus Bürgerstiftung greift allmählich um sich – auch hierzulande. Und viele sind schon infiziert. Denn: Bürgerstiftungen sind die Stiftungsform der Zukunft.
Cleveland hat den Ruf, ein sehr kalter Ort im Winter zu sein. Das hat den Banker und Rechtsanwalt Frederick H. Goff nicht davon abgehalten, eine revolutionäre Idee zu entwickeln: Er plante, die gemeinnützigen Ressourcen von Philanthropen in Cleveland zu poolen, um einen großen Fonds für die Bürger der Stadt zu gründen. So entstand anno 1914 am 2. Januar, einem kalten Wintertag, die erste Community Foundation – das Vorbild der deutschen Bürgerstiftungen.
Knapp einhundert Jahre später befeuert die Vision eines Einzelnen eine weltumspannende Bewegung in 37 Ländern der Erde. Die Cleveland Foundation – die Keimzelle der Bewegung - verfügt mittlerweile über 1,8 Mrd. USD. Über 700 weitere Community Foundations wurden inzwischen in den USA gegründet – mit Vermögen von insgesamt mehr als 40 Mrd. und jährlichen Ausschüttungen von mehr als 2 Mrd. USD. Sie sind zu wichtigen Akteuren im öffentlichen Leben der Amerikaner geworden.
Spät dran
Das haben die Bürgerstiftungen in Deutschland noch vor sich. Spät, aber immerhin schwappte die Bewegung über den Atlantik nach Deutschland. Hier bewegte die Vision von Frederick H. Goff in den 1990er Jahren zwei weit blickende Männer: Reinhard Mohn, polarisierender Eigentümer der Bertelsmann Verlagsgruppe, gründete im Dezember 1996 mit einer einer Mio. EUR die Stadt Stiftung Gütersloh. So brachte er die Idee der Community Foundation nach Deutschland. Allerdings gilt die mittlerweile in Bürgerstiftung Gütersloh unbenannte Organisation in der Stiftungswelt nicht als eine Initiative, die aus der Mitte der Bürgergesellschaft entstanden ist. Der zweite Visionär engagierte sich in Hannover – und das derart, dass dies als das Vorbild für Bürgerstiftungen angesehen wird. „Die Initiative zur Stiftungsgründung der Bürgerstiftung Hannover ging von Prof. Dr. Christian Pfeiffer aus, der sich bei seiner Kriminologie-Forschung für die Präventions-Projekte amerikanischer Community Foundations hatte begeistern lassen“, informiert Vorstandssprecherin Dorothea Jäger. „So beschloss er, für Hannover eine Bürgerstiftung zu gründen und begann mit der Werbung um Stifter im eigenen Freundes- und Nachbarschaftskreis. Zeitungs-Interviews folgten und die Schar der Stiftungswilligen wuchs.“ Da mit vielen kleineren Beträgen das Mindestkapital aufgebaut wurde, gingen zunächst einige Monate ins Land. Im Dezember 1997 war es dann so weit – die erste Bürgerstiftung in Deutschland wurde von der Stiftungsaufsicht genehmigt – durch Initiative und Geldspenden vieler Engagierter.
Seitdem besinnen sich immer mehr Deutsche auf ihre Eigenverantwortung und setzen sich aktiv für gemeinnützige Belange in ihrer näheren Umgebung ein. Schließlich ermöglicht es eine Bürgerstiftung jedem - auch mit kleinen Geldbeträgen - Stifter zu werden und so einen dauerhaften Beitrag für seine Stadt zu leisten. Die Bürger sind unabhängig, direkt dran an und unmittelbar betroffen von den aktuellen Themen und Notwendigkeiten der Gesellschaft. Deswegen ist eine Bürgerstiftung wie kaum eine andere Institution in der Lage, die Lebensqualität in der eigenen Stadt oder der näheren Umgebung zu erhöhen. „Die Überzeugung, etwas Sinnvolles voranzubringen, treibt die Menschen an“, glaubt Dorothea Jäger. Sobald man selber als Stifter - auch als Zeit-Stifter - investiert hat, besteht bei vielen der Wunsch, den Gemeinschaftsgedanken für den guten Zweck voranzubringen.“
Stand 2012: 300 Bürgerstiftungen
In Deutschland gibt es derzeit rund 300 Bürgerstiftungen, von denen 225 ein Gütesiegel tragen, das vom Arbeitskreis Bürgerstiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen verliehen wird. Schon im Mai 2000 verabschiedete der Arbeitskreis auf der 56. Jahrestagung des Bundesverbandes die „10 Merkmale einer Bürgerstiftung“. Hintergrund war, diesen eigentlich ungeschützten Begriff zu definieren. Seit 2003 verhilft das Gütesiegel, echte Bürgerstiftungen von denen zu unterscheiden, die zwar als Gemeinschaftsstiftungen die Bezeichnung führen, aber einen hybriden Hintergrund haben. Zentrale Merkmale einer Bürgerstiftung von Bürgern für Bürger sind danach ihre Gemeinnützig- und Unabhängigkeit, die breite Zwecksetzung, für die sie fördernd und operativ tätig ist, das geographisch begrenzte Tätigkeitsgebiet und ein langfristiger kontinuierlicher Vermögensaufbau durch Zustiftungen. Das Gütesiegel bekommen Bürgerstiftungen vom Arbeitskreis verliehen, deren Satzungen besagte zehn Merkmale erfüllen. Die Prüfung der Satzung einer Bürgerstiftung und die Entscheidung über die Vergabe des Gütesiegels erfolgt durch eine unabhängige Jury aus erfahrenen Bürgerstiftern und Bürgerstiftungsexperten. Das Gütesiegel ist zeitlichauf zwei Jahre befristetund wird immer am 1. Oktober übergeben – dem Tag der Bürgerstiftungen. Mittlerweile hat das Gütesiegel einen solchen Status erreicht, dass bei derErrichtung der meisten Bürgerstiftungen die Kriterien des Arbeitskreises als Richtlinie herangezogen werden.
Bewegende Geld- und Zeit-Spenden
Als eine weitere Autorität zum Thema Bürgerstiftungen gilt das unabhängige Kompetenzzentrum „Initiative Bürgerstiftungen“. Das Projekt des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen wird gefördert von der Robert Bosch Stiftung, der Breuninger Stiftung, der Körber-Stiftung, Generali Deutschland, der Dr. Jürgen Rembold-Stiftung für bürgerschaftliches Engagement sowie vom Bundesfamilienministerium. Eine Umfrage der Initiative vom März 2011 ergab enorme Potenziale: Die 225 Gütesiegel-Bürgerstiftungen hatten 2010 zusammen ein Stiftungskapital von 180 Mio. EUR, darunter 35 „Millionäre“, und schütteten 11,6 Mio. EUR für gemeinnützige Zwecke aus. Ein besonderes Highlight und ein Kompliment an die Bewegung der Bürgerstiftungen allgemein war sicher im Juli 2010 die anonyme Zustiftung an die BürgerStiftung Hamburg in Höhe von 15 Mio. EUR. Bürgerstiftungen werden getragen von 17.000 Bürgerstiftern, die 450.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit leisteten. Und das Beste daran: Alle genannten Zahlen erfahren eine jährliche Steigerung von 10 bis 20%. So kann es weiter gehen.
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