Aber es ist möglich, dass du als ein Ältester kein solches Verantwortungsgefühl für die Menschen in deiner Gemeinde hast. Du magst damit zufrieden sein, jeden Sonntag die Bibel zu lehren. Aber du magst eine Überraschung erleben, wenn Jesus zurückkehrt und deinen Dienst bewertet und du entdeckst, dass dein ganzer irdischer Dienst nur Holz, Heu und Stroh war, der nur dazu taugt, verbrannt zu werden (1Kor 3,12-13). Denke daran, was für eine Tragödie das sein wird! Wenn du diese Warnung jetzt ernst nimmst, könnte es dein Bedauern vor dem Richterstuhl Christi verringern.
Wir alle werden, wenn Christus zurückkehrt, in Bezug auf die Art und Weise, wie wir gelebt und dem Herrn gedient haben, ein gewisses Maß an Bedauern haben. Aber wir können dieses Bedauern verringern, wenn wir unsere Wege prüfen und uns jetzt selbst richten. Wir müssen unseren Dienst bewerten und sehen, wie er im Lichte jenes Tages aussehen wird.
„ Nimm diese Kinder und stille sie für mich“, sagt der Herr, „ziehe sie für mich auf und ich werde dir deinen Lohn dafür geben“. Dieser Lohn wird nicht in erster Linie in Form von Geld bestehen. Ich glaube, der Herr sorgt für unsere irdischen Bedürfnisse, da er uns gelehrt hat, um unser tägliches Brot zu beten und weil er bestimmt hat, dass diejenigen, die das Evangelium verkünden, vom Evangelium leben sollen. Daher wird er für all unsere irdischen Bedürfnisse sorgen. Aber darüber hinaus wird es eine weit größere geistliche Belohnung geben.
Paulus schrieb den Christen in Thessalonich, dass sie seine Krone und seine Freude sein würden, wenn der Herr zurückkehrt (1Th 2,19). Er freute sich über sie, so wie sich ein Vater über seine Kinder freut.
Ein Ältester (der ein geistlicher Vater ist) wird sich freuen, wenn er sieht, dass Gläubige, die einst als Rohmaterial in seine Gemeinde kamen, nun Männer und Frauen Gottes geworden sind. Das ähnelt der Freude, die ein Bildhauer empfindet, der einen formlosen Felsbrocken in eine menschliche Form umgestaltet hat. Er musste an diesem Felsbrocken viele Monate und Jahre herummeißeln, bis das Gesicht und die Gestalt des Menschen sichtbar wurden! Das ist die Arbeit, die Gott auch uns aufgetragen hat. Wir dürfen niemals damit zufrieden sein, die Menschen nur korrekt belehrt zu haben. Wenn in ihrem Leben nicht das Ebenbild Christi zum Vorschein kam, haben wir überhaupt nichts erreicht.
Ein irdischer Vater ist begeistert, wenn seine Kinder auf ihren eigenen Füßen stehen können. Er möchte nicht, dass sie dauerhaft von ihm abhängig sind. Ein echter geistlicher Vater wird genauso sein. Er wird sich entbehrlich machen – sodass er von seinen Kindern immer weniger gebraucht wird, während sie aufwachsen und reifen.
Betrachte ein Heim, wo es zwölf Kinder gibt. Du magst dich fragen, wie eine Mutter mit zwölf Kindern fertig werden kann, wenn es deiner Frau schon schwerfällt, mit zwei Kindern fertig zu werden! Aber erstaunlicherweise hat die Mutter von zwölf Kindern auf lange Sicht gesehen weniger Arbeit als die Mutter mit zwei Kindern! Das liegt daran, weil die Mutter von zwölf ihre älteren Kinder schult, ihr im Haus zu helfen. Schließlich machen die Kinder die ganze Arbeit und die Mutter ist völlig frei! Genau das müssen wir als Hirten auch in unseren Gemeinden tun – delegieren.
Aber was sehen wir in den meisten Kirchen? Überlastete Pastoren werden zu nervösen Wracks, weil sie alles selber machen müssen. (Diese Mutter von zwölf Kindern würde auch ein nervliches Wrack werden, wenn sie sich selber um all ihre Kinder kümmern müsste). Viele Gemeinden sind wie Waisenhäuser, wo Hunderte von Babys auf dem Boden liegen, mit ihren Beinen strampeln, heulen und sich an ihre Milchfläschchen klammern. Das ist das Ergebnis eines „Ein-Mann-Dienstes“. Die Gläubigen werden nie erwachsen, weil man ihnen nie Verantwortung überträgt. Im Leib Christi hat jedes Mitglied eine Aufgabe zu erfüllen.
Jesus schulte nur zwölf Jünger als Nachfolger und ich glaube nicht, dass jemand jeweils mehr als diese Anzahl effektiv betreuen kann. Nach dieser Berechnung sollte eine Gemeinde von 120 Menschen mindestens zehn Pastoren haben, die für die Herde sorgen. Unter „Pastoren“ meine ich nicht hauptberufliche Arbeiter, sondern Brüder, die in einem weltlichen Beruf arbeiten und die mit dem Herz eines Hirten begabt wurden, um für die Schafe zu sorgen und sie zu ermutigen.
Die Ernte ist heute reichlich, aber es gibt wenig echte Hirten. Wenn du dem Herrn dienst, so möge es deswegen sein, weil Gott dich berufen hat , ihm zu dienen und nicht weil du einen Lebensunterhalt verdienen oder menschliche Ehre erhalten möchtest!
Ein geistlicher Leiter wird in der Lage sein, andere auf Gottes Wegen zu führen, weil er Gott persönlich kennt.
Daniel 11,32-33 spricht von zwei Arten von Predigern, die man in den letzten Tagen auf der Erde finden wird. Es wird viele geben, die glatte Worte reden und Menschen zum Abfall verführen. Auf der anderen Seite wird es einige wenige geben, die Gott kennen, die den Menschen zur Einsicht verhelfen und auf diese Weise große Taten für den Herrn tun.
Heute findet man im Christentum beide Arten von Predigern. Es gibt viele, die glatte Worte reden, um ihren Zuhörern zu gefallen. Aber diejenigen, die Gott kennen, reden die Wahrheit, ob es ihren Zuhörern gefällt oder ob sie daran Anstoß nehmen und ob Menschen sie mit Lob oder mit Schmähungen überschütten!
Menschen sind wie Schafe. Sie haben die Tendenz, der Masse zu folgen und sie haben Angst, anders zu sein. Aber wenn die Masse in die falsche Richtung geht, dann gehen alle in die Irre. Das ist die heutige Situation. Daher sucht Gott einige, die treu zu ihm stehen und Menschen auf seinem Weg leiten. Aber wenn wir mutig genug sein wollen, um uns von der Masse zu unterscheiden, müssen wir Gott und seinen Sinn kennen – seine Gedanken und seine Wege.
Die meisten christlichen „Leiter“, die ich in den letzten 30 Jahren in Indien getroffen habe, scheinen Gott nicht persönlich und auch seine Gedanken nicht zu kennen. Sie wiederholen einfach, was sie in irgendeinem westlichen christlichen Magazin oder Buch gelesen haben. Unter amerikanischen christlichen Leitern ist in jedem Jahrzehnt eine bestimmte Betonung populär. In den 1980er Jahren war es das Eine und heute ist es etwas anderes. Und wie das Echo, das man in Bergregionen hört, werden diese Betonungen von ihren Schmeichlern in Indien und anderen Dritte-Welt-Ländern treu wiedergegeben – besonders, wenn sie bei Kongressen über das Thema „Evangelisation“ ihre „Papiere“ präsentieren. Wenn amerikanische „Leiter“ über „Gemeindewachstum“ schreiben, dann wiederholen die indischen christlichen „Leiter“ treu „Gemeindewachstum“. Wenn die Amerikaner über „das 10/40 Fenster“ sprechen, dann wiederholen die indischen Prediger treu „das 10/40 Fenster“. Wenn westliche Christen die „Entrückung der Kirche vor der Trübsal“ lehren, dann werden die indischen Bibellehrer nur das lehren. Sie wagen es nie, die westlichen Christen in Frage zu stellen!
Aber spricht Gott nie direkt zu jemandem in Indien? Spricht er nur zu Weißen?
Der Grund für all diese Nachahmung ist die Sklavenmentalität, die man beinahe unter allen Christen in der Dritten Welt findet. Wir Inder wurden mehr als 200 Jahre lang von den Briten regiert. Es ist für uns schwer, von dieser „Sklavenmentalität“ frei zu werden. Fast alle Inder glauben, dass Weiße ihnen überlegen und geistlicher sind als sie – weil sie durchsetzungsstark und dominant sind und eine Menge Geld haben.
Ich traf einmal einen amerikanischen Bruder, der mir sagte, dass man unter den Schwarzen in den U.S.A auch heute noch die Gesinnung eines Sklaven findet, obwohl sie vor mehr als einem Jahrhundert gesetzlich von der Sklaverei befreit worden sind! Wenn sie einen Weißen anschauen, fühlen sie sich ihm gegenüber minderwertig. Ich finde dieselbe Einstellung bei fast allen indischen Christen.
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