Annamaria Benedek - Nina Johns

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Ein, sich schon sehr nach wahrer Liebe sehnendes Mädchen, unsere Hauptfigur Nina, ist an jenem Tag 16
geworden, an welchem die Geschichte beginnt, an welchem sie zu ihrem gewöhnlichen Spaziergang im
Wald aufbricht, der aber ihr Leben für immer verändert. Von jenem Tag an geht sie durch das Leben als eine
reife Frau, durch das Leben, das sie dann aber nur noch überleben will. Sie will nur überleben.

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Nina Johns

von

Anna.M.B.

2017

Der Wald

Die Morgenbrise war lauwarm und frisch. Die Tautropfen sonnten sich auf den Blättern der Laubbäume. Um diese Zeit atmeten die Holzbalken des Balkons alle Düfte des Frühlings ein. Ein neues Erwachen. Ein neuer Tag, der unerwartete Geheimnisse bringen könnte, und das in jeder Sekunde. Die Vögel zwitscherten so sorglos und unbeschwert, sodass niemand ahnen konnte, dass dieser Tag Ninas Leben völlig verändern würde.

Am Balkon reflektierten die geflochtenen Holzstühle die Strahlen der Morgensonne. Die Holzstühle wurden durch rosarote Kissen mit weichem Textilbezug gemütlicher, heimischer. Sie umarmten Ninas zarten Po, als sie schläfrig in sie plumpste. Sie nippte an ihrem heißen, süßen Kakao aus ihrer Lieblingstasse. Der laue Wind blies ihr liebkosend durch ihr honigblondes Haar. Ihre fliegenden Haarsträhnen kitzelten die zahlreichen Sommersprossen auf ihrer Nase. Mit ihren blauen Augen beobachtete sie neugierig wie auch der Garten erwachte.

Am Tag zuvor war sie sechzehn geworden. Sie war fast die ganze Nacht wachgeblieben. Ihre Eltern und ihre Freunde hatten ihr langsames Erwachsenwerden gemeinsam gefeiert. Am Tag danach hatte sie nichts vor, außer sich von der Euphorie des Vorabends wieder zu erholen. Als sie ihren Kakao ausgetrunken hatte, entschied sie sich dafür, ihr leichtes Sommerkleid anzuziehen, das im Wind flatterte. Sie liebte es, leichte Seide zu tragen. Sie liebte es, wenn ihr flatterndes Kleid zwischendurch vom Wind hochgeweht wurde, sodass andere Leute ahnungsvolle Blicke erhaschen konnten. Sie fand es sehr aufregend, wenn Männerblicke an ihr hängen blieben, während sie durch die Stadt spazierte. Sie wollte endlich jemandem auffallen.

Sie zog also das auserwählte Kleid an, nahm ihre Bürste, kämmte damit einige Male durch ihr langes, glänzendes Haar und stellte sich vor den Spiegel. Sie fand den Anblick äußerst zufriedenstellend.

Direkt hinter ihrem Haus befand sich ein Wald, der auf Nina wartete. Sie und ihr Vater waren sehr viel in diesem Wald unterwegs gewesen, als sie noch ein kleines Mädchen war. Dieser Wald war ihr Spielplatz. Ihr sicherer Spielplatz. Hier lernte sie zum ersten Mal den Kreislauf des Lebens, die Geburt und den Tod kennen.

Ninas Eltern waren schon fort, als sie aufwachte. Deshalb entschloss sie sich dazu, einen Spaziergang in ihrem alten Freund, dem Wald zu machen, um ihre Langeweile zu vertreiben. Sie ging los, verschloss die Tür und flanierte barfuß über das taunasse Gras. Ihre Haut glänzte im Sonnenlicht, das durch die Bäume strahlte. Auf dem Weg zum Bächlein erkannte sie jeden Baum und Busch wieder. Der Weg schien nicht mehr lang zu sein.

Ein paar Minuten später war sie angekommen. Am Bächlein, an dem sie vor ein paar Jahren noch stundenlang spielen konnte. Sie setzte sich und ließ ihre Beine ins Wasser gleiten. Kleine Wellen tanzten auf ihren Füßen. Das durchsichtige Wasser war der Träger des Lebens, es floss heiter durch den Wald und streichelte die Kieselsteine, die auf dem Bachboden ruhten. Das Wasser schliff sie hunderte und tausende Jahre lang, bis sie rund und seidig waren. Jeder einzelne von ihnen.

Nina genoss die Sonne, neigte ihren Kopf nach hinten und schloss die Augen. Mit tiefen Atemzügen ließ sie den Duft der feuchten Erde in ihre Lunge eindringen. Ihre Gedanken flogen davon und sie flog mit. Die Stille des Waldes holte sie jedoch wieder zurück. Beunruhigt öffnete sie die Augen. Dass die Stille der Vögel immer einen Grund hatte, wusste sie bereits. Sie rechnete damit, dass jeden Moment etwas Unerwartetes passieren könnte. Sie schaute umher, bemerkte jedoch nichts Ungewöhnliches. Sie spürte, dass sie nicht alleine war und dieses Gefühl täuschte sie nicht. Sie hatte Angst sich umzudrehen, weil sie wusste, dass sie wehrlos war. Sie blieb still sitzen und rührte sich nicht. Sie hoffte auf das Wiedererwachen des Waldes und wartete.

Der Mann war groß und schlank. Der Wald diente als sein Versteck und das seit einer Woche. Seine Hauptnahrungsquelle waren die Vorratskammern der Ferienhäuser. Es fehlte ihm jedoch etwas in seinem Leben. Er wollte seine Männlichkeit ausleben. Er sehnte sich nach der leidenschaftlichen Umarmung einer Frau.

Als er aufwachte brach er sofort auf. Jeden Morgen wusch er sein Gesicht im erfrischenden Wasser des Bachs.

Er war noch weit weg, aber doch nah genug, um das frische Fleisch zu riechen. Er bewegte sich langsam und beobachtete das Rehkitz, auf das er schon seit so langer Zeit gewartet hatte. Er kam näher und näher, bis sich das Mädchen in seiner Reichweite befand. Er wollte sie nicht erschrecken, aber er wollte die Chance auch nicht verpassen. Sein Kopf pulsierte. Sein Blut kochte. Er konnte nicht mehr klar denken und sah nur noch ihre appetitliche, unbedeckte Schulter und ihre honigblonden Haare, die wie ein Wasserfall über ihren Rücken fielen und roch nur noch den süßen Duft ihrer Haut. Diesen Duft, den er für immer in seiner Erinnerungen behalten würde. Er konnte seinem Trieb nicht wiederstehen.

Er wusste genau, dass seine wirren, lockigen Haare, sein brauner Stoppelbart und seine zerrissene, schmutzige Kleidung dem Mädchen Angst mache würden. Er dachte nicht lange nach und handelte impulsiv. Schnell wie der Blitz streckte er seine Arme aus und hielt Nina mit beiden Händen fest. Mit seiner rechten Hand bedeckte er ihren Mund und ihre Nase, die linke Hand legte er auf ihren Hals. Er hielt sie so fest er konnte und hoffte, sie würde bald ohnmächtig werden.

Ninas Instinkte setzten aus. Sie vergaß, dass sie einst gelernt hatte, wie sie sich wehren könnte. In diesem Moment ging es nicht mehr ums Leben, sondern ums Überleben. Sie kämpfte und versuchte sich loszureißen. Sie strampelte mit den Beinen, klammerte sich an seinen Händen fest und zog sie nach unten, so fest sie konnte, um Luft zu bekommen. Ihre Adern traten hervor, als sie um ihr Leben kämpfte. Aber sie konnte sich nicht befreien. Die fremden, schmutzigen Hände waren zu stark. Sie hatte das Gefühl, dass die starken Hände sich umso mehr um ihren Hals klammerten, je mehr sie gegen sie ankämpfte.

Langsam verließ Nina die Kraft. Ihre Hände glitten nach unten. Sie strampelte nicht mehr und versuchte auch nicht mehr zu entkommen. Die Umgebung verdunkelte sich. Das Leben verdunkelte sich. Sie schloss ihre Augen und brach zusammen. Aber sie war nicht gänzlich ohnmächtig, sie bekam noch mit, was um sie herum geschah. Sie fühlte die Sonne auf ihrer Haut, fühlte, dass sie auf den Boden gelegt wurde und fühlte die abgestorbenen Blätter, die ihren Rücken kitzelten.

In diesem Moment, als er sie nicht mehr festhielt, hätte sie versuchen können wegzulaufen, aber sie wollte es nicht. Sie hatte Angst, dass sie dann auch der letzte Hauch ihres Lebens verlassen würde. Sie blieb also. Bald fühlte sie nichts mehr und fiel in Ohnmacht.

Endlich konnte er sich sein Rehkitz schnappen. Er dachte nicht darüber nach, dass man ihn bemerken könnte oder, dass das Mädchen noch ein Kind war. Er folgte seinen quälenden Trieben.

Er kniete nieder, öffnete seine Hose und hob das Mädchen hoch. Er drückte sie gegen einen Baum, legte seine Hände auf ihre Hüfte und fing an. Er wollte keine Zeit verlieren. Er hielt sich nicht zurück und erledigte schnell, was erledigt werden musste. Es dauerte nicht lange, bis er alles loswurde, was ihn quälte. Nachdem er fertig war, beharrte er noch eine Weile in seiner Position, um sich der Realität nicht sofort wieder stellen zu müssen. Er beobachtete sein Opfer und ihre zarten Gesichtszüge. Er kniete ein letztes Mal nieder, um die Unschuld des Mädchens noch einmal einzuatmen. Dies war der Moment, in dem Nina aufwachte. Es fiel ihr nicht leicht, ihre Augen zu öffnen, ihre Wimpern fühlten sich zu schwer an. Ihr war noch schwindlig, aufgrund des fehlenden Sauerstoffs. Sie hatte immer noch Angst.

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