Joachim Ringelnatz - Kuttel Daddeldu

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Daddeldu ist ein Seemanns-Wort für Feierabend und Nachtruhe, entlehnt aus dem Englischen: «That'll do» für «Nu' is' aber ma' Schluss!». Der knurrige Seemann Kuttel Daddeldu tauchte erstmals im Gedicht Vom Seemann Kuttel Daddeldu auf und war 1920 die Hauptfigur in seinem Gedichtband Kuttel Daddeldu oder Das schlüpfrige Leid. In diesem Werk erschien der Seebär in teilweise schwarzhumorigen Balladen und Moritaten, mit denen Ringelnatz in den 1920ern und 1930ern auch auf der Kabarettbühne auftrat.

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Kuttel Daddeldu

Joachim Ringelnatz

Inhaltsverzeichnis

Avant-propos Avant-propos Ich kann mein Buch doch nennen, wie ich will Und orthographisch nach Belieben schreiben! Wer mich nicht lesen mag, der laß es bleiben. Ich darf den Sau, das Klops, das Krokodil Und jeden andern Gegenstand bedichten, Darf ich doch ungestört daheim Auch mein Bedürfnis, wie mir's paßt, verrichten. Was könnte mich zu Geist und reinem Reim, Was zu Geschmack und zu Humor verpflichten? – Bescheidenheit? – captatio – oho! Und wer mich haßt, – – sie mögen mich nur hassen! Ich darf mich gründlich an den Hintern fassen Sowie an den avant-propos.

Vom Seemann Kuttel Daddeldu Vom Seemann Kuttel Daddeldu Eine Bark lief ein in Le Haver, Von Sidnee kommend, nachts elf Uhr drei. Es roch nach Himbeeressig am Kai, Und nach Hundekadaver. Kuttel Daddeldu ging an Land. Die Rü Albani war ihm bekannt. Er kannte nahezu alle Hafenplätze. Weil vor dem ersten Hause ein Mädchen stand, Holte er sich im ersten Haus von dem Mädchen die Krätze. Weil er das aber natürlich nicht gleich empfand, Ging er weiter, – kreuzte topplastig auf wilder Fahrt. Achtzehn Monate Heuer hatte er sich zusammengespart. In Nr. 6 traktierte er Eiwie und Kätchen, In 8 besoff ihn ein neues, straff lederbusiges Weib. Nebenan bei Pierre sind allein sieben gediegene Mädchen, Ohne die mit dem Zelluloid-Unterleib. Daddeldu, the old Seelerbeu Kuttel, Verschenkte den Albatrosknochen, Das Haifischrückgrat, die Schals, Den Elefanten und die Saragossabuttel. Das hatte er eigentlich alles der Mary versprochen, Der anderen Mary; das war seine feste Braut. Daddeldu – Hallo! Daddeldu, Daddeldu wurde fröhlich und laut. Er wollte mit höchster Verzerrung seines Gesichts Partu einen Niggersong singen Und » Blu beus blu«. Aber es entrang sich ihm nichts. Daddeldu war nicht auf die Wache zu bringen. Daddeldu Duddel Kuttelmuttel, Katteldu Erwachte erstaunt und singend morgens um vier Zwischen Nasenbluten und Pomm de Schwall auf der Pier. Daddeldu bedrohte zwecks Vorschuß den Steuermann, Schwitzte den Spiritus aus. Und wusch sich dann. Daddeldu ging nachmittags wieder an Land, Wo er ein Renntiergeweih, eine Schlangenhaut, Zwei Fächerpalmen und Eskimoschuhe erstand. Das brachte er aus Australien seiner Braut.

Daddeldus Lied an die feste Braut Daddeldus Lied an die feste Braut Lat man goot sin, lütte seute Marie. Mi no ssavi! Ich habe deine Photographie In der Meditteriniensi Weit draußen auf dem Meere Damals verloren, Als ich bei den Azoren Mit der Bulldog beinah versoffen wäre. – Bulldog aheu! Swiethart! Manilahaariges Kitty-Anny-Pipi – Oder wie du heißt – Bulldog aheu! Bei Jesus Chreist Ich war – seit Konstantinopel – dir immer treu. Scheek hends! Ehrlich und offen: Ich bin gar nicht besoffen. Giff öß e Whisky, du, ach du! Jesus Christ! Skool! bleddi Sanofebitsch – Ohne Spott: Ich glaube, dich hat der liebe Gott An einem Sonntag zusammengespleist. Weißt du, was du bist: Weißt? Hör mich einmal ernsthaft auf mich. Du – du bist – mein zweites Ich. Du mußt mir mal deinen Namen ausbuchstabieren, Hein soll mir das auf den Arm tätowieren. Mary, mach mal deinem Daddeldu Die Hosentür zu. Ich habe noch immer die graue Salbe von dir, Das ist ganz egal; das ist auch ein Souvenir. Wer mir die Salbe nimmt – Ich bin der gutmütigste Kerl, glaub es mir; Ich habe noch keinem Catfisch ein Haar gekrümmt – Wenn ich zurück bin aus Schangei, Wie Gott will hoffen, – Wer mir die Salbe nimmt, Dem hau ik die Kiemen entzwei. Bulldog aheu! Ich bin nicht besoffen. Wirklich nicht! Wirklich nicht! Wer mir die Salbe krümmt, Dem renn ich die Klüsen dicht. – Komm her, Deesy, wir schlagen die Bulldog entzwei. Wenn ich aus Kiatschu, Kiatschau – Porko dio Madonna! Mary, du alte Sau, Wer dir die Salbe stiehlt aus Schangei, Der wird einmal Kapitän Daddeldus Frau.

Seemannstreue Seemannstreue Nafikare necesse est. Meine längste Braut war Alwine. Ihrer blauen Augen Gelatine Ist schon längst zerlaufen und verwest. – Alwine sang so schön das Lied: »Ein Jäger aus Kurpfalz«. Wie Passatwind stand ihr der Humor. – Sonntags morgens wurde sie bestattet In der Heide, wo kein Bäumchen schattet, Und auch ihre Unschuld einst verlor. Donnerstags grub ich sie wieder aus. Da kamen mir schon ihre Ohrlappen So sonderbar vor. Freitags grub ich sie dann wieder ein. Niemand sah das in der stillen Heide. – Montags wieder aus. Von ihrem Kleide, Das man ihr ins Grab gegeben hatte, Schnitt ich einer Handbreit gelber Seide, Und die trägt mein Bruder als Krawatte. – Gruslig war's: Bei dunklem oder feuchten Wetter fing Alwine an zu leuchten. Trotzdem parallel zu ihr verweilen Wollt ich ewiglich und immerdar. Bis sie schließlich an den weichen Teilen Schon ganz anders und ganz flüssig war. Aus. Ein. Aus; so grub ich viele Wochen. Doch es hat zuletzt zu schlecht gerochen. Und die Nase wurde blauer Saft, Wodrin lange Fadenwürmer krochen. – Nichts für ungut: das war ekelhaft. – Und zuletzt sind mir die schlüpfrigen Knochen Ausgeglitten und in lauter Stücke zerbrochen. Und so nahm ich Abschied von die Stücke. Ging mit einem Schoner nach Iquique, Ohne jemals wieder ihr Gebein Auszugraben. Oder anzufassen. Denn man soll die Toten schlafen lassen.

Abendgebet einer erkälteten Negerin Abendgebet einer erkälteten Negerin Ich suche Sternengefunkel. All mein Karbunkel Brennt Sonne dunkel. Sonne drohet mit Stich. Warum brennt mich die Sonne im Zorn? Warum brennt sie gerade mich? Warum nicht Korn? Ich folge weißen Mannes Spur. Der Mann war weiß und roch so gut. Mir ist in meiner Muschelschnur So negligé zu Mut. Kam in mein Wigwam Weit übers Meer, Seit er zurückschwamm, Das Wigwam Blieb leer. Drüben am Walde Kängt ein Guruh – – Warte nur balde Kängurst auch du.

Die Weihnachtsfeier des Seemanns Kuttel Daddeldu

Kuttel Daddeldu und Fürst Wittgenstein

Kuttel Daddeldu besucht einen Enkel

Seemannsgedanken übers Ersaufen

Kuttel Daddeldu im Binnenland

Kuttel Daddeldu und die Kinder

Matrosensang

Logik

Rezept

Das Terrbarium

Die Ameisen

Novaja Brotnein

Gladderadatsch

Es setzten sich sechs Schwalben

Überfahrt

Das Gesellenstück

Ansprache eines Fremden an eine Geschminkte vor dem Wilberforcemonument

Die Blindschleiche

Mutter Frühbeißens Tratsch

Feierabendklänge eines einhändigen Metalldrehers an seine Frau mit preisgekrönten Beinen

Es waren zwei Moleküle

Billardopfer

Mein harmlos Lied

Balladette

Noctambulatio

Was der Liftboy äußert

Die Nagelfeile

Die Badewanne

Lampe und Spiegel

Der Globus

Flie und Ele

Der Briefmark

Zwei Schweinekarbonaden

Der Bandwurm

Fliege und Wanze

Die Schnupftabaksdose

Schaudervoll, es zog die reine

Schicksal der Schlaube

Die Geburtenzahl

Miß Longwieles Stoßgähnen

Vier Treppen hoch bei Dämmerung

Mein Riechtwieich

Frühlingsanfang auf der Bank vorm Anhalter Bahnhof

Lied aus einem Berliner Droschkenfenster

Jene brasilianischen Schmetterlinge

Vorm Brunnen in Wimpfen

Impressum

Avant-propos

Ich kann mein Buch doch nennen, wie ich will

Und orthographisch nach Belieben schreiben!

Wer mich nicht lesen mag, der laß es bleiben.

Ich darf den Sau, das Klops, das Krokodil

Und jeden andern Gegenstand bedichten,

Darf ich doch ungestört daheim

Auch mein Bedürfnis, wie mir's paßt, verrichten.

Was könnte mich zu Geist und reinem Reim,

Was zu Geschmack und zu Humor verpflichten? –

Bescheidenheit? – captatio – oho!

Und wer mich haßt, – – sie mögen mich nur hassen!

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