Nach der langen Suche Qual.
Weißer, schlafender Schnee lag auf Schokoladen-Land
Und stille, geheime Freude
Sprach aus dem Schoko-Herz-Verstand:
„Geh endlich die Treppe hinab zur Schokoladen-Kammer,
Schau in die Ecke und vergiß deinen Katzenjammer!“
Schwer ging ihm die Tür im Herzen auf,
Im ‚ach-so-wichtigen’, dunklen Schokoladen-Haus.
Ein tiefes Lachen durchdrang urplötzlich den Raum,
Aus Lippen breit und einer Nas wie ein gefällter Baum.
Eine Gestalt in der Ecke
Sich erleuchtete zum Leben,
Und Witze warf
Nach Schokoladen-Machers ungnädigem Streben.
Doch unser Macher, noch genau so ernst wie von Anfang an,
Schlug die Späße in den Wind mit geballter Hand:
„Wer bist du und warum bist du hier?“
„Ich Bin Mister Booja-Booja, mein lieber Schokoladen-Magier.
Ich fühlte deine Verzweiflung spät letzte Nacht
Und bin gekommen mit meiner Booja-Macht.
Du glaubtest, du könntest selber finden
den feinsten Schokoladen-Kleister,
Aber Ich Bin
Der Wahre Schokoladen-Meister.
Um zu erwecken die Genüßlichkeit deiner Nation,
Bin Ich alles, was du brauchst zur Inspiration.
Hab Geduld, ich schenk dir alles im Übermaß,
Wenn du dich hingibst und vertraust ohne Unterlaß.
Ich geb dir eine freie Hand,
Alles wird sich klären,
wenn das Herz erlöst den Verstand.“
Voll Sehnsucht und voll Übermut und voller Lachen noch
Krempelte der Schokoladen-Macher seine Ärmel hoch.
Endlich, endlich
Konnt’ er alle mit seiner Schokolade verführen,
Und beide, Meister und Magier,
Gingen sogleich ans Rühren.
Der Schokoladen-Macher ließ Sein altes „Süßes-Wissen“ los.
Und beide Männer arbeiteten durch die herzensklare Nacht,
Bis der Booja-Booja-Geschmack war vollkommen erwacht,
Fern von Trauer, Angst und Manie,
Einfach guuut – wie noch nie.
Durch Mister Booja-Booja’s Herzensfrische
Ging bald ein Schmelzen
Über alle Mittags-, Abends- und Cafe-Tische,
Ein Booja-Etwas, Booja-Feeling, Booja-Lachen
Vom Boden bis unters Dache.
Dem Schokoladen Macher wurd’s heiß ums Herz,
Was hatte er getan, war nicht alles nur ein Scherz?
Er schmolz dahin, von Kopf bis Fuß.
Ein Gefühl, wie er’s noch nie gefühlt,
Ohne den geringsten Verdruß.
Dies süßeste Glück begann zu fließen,
Wie Schokolade in warmer Sommersonne,
Wenn zwei sich wirklich lieben.
„Nun versteh ich, wo ich in die Irre ging,
Ich versuchte es so verbissen und brachte es nie hin.
Bis du mir dein Rezept verrietst,
Fühlt’ ich das Geheimnis nie.
Klar steht es nun vor Augen,
Schokolademachen ist kein Arbeits-Glauben.
Ich hatte mich verfangen, in kreisender Suche
Und hatte viel gerührt, umsonst – Buch um Buche.“
Und dann rief der Schokoladen-Macher:
„Natürlich, Mister Booja-Booja,
Du Bist der geheime Schoko-Kuß,
Der diesen göttlichen Geschmack schenkt,
Aus voller Herzensbrust!“
Mister Booja-Booja lächelte
Und zog die linke Augenbraue hoch:
Noch ein Schokoladen-Macher gerettet in seiner Herzensnot.
Und so verschwand er wieder und allmählich
Hinein in Einen Raum, keinem sichtbaren ähnlich.
Einen Ort, der immer schon sein Zuhause war,
Zurück zu seinen Freunden, Unbekannter Ruchira.
III
Das alte Jahr lag grad im Sterben und das neue trat hervor,
Da hörte schon das ganze Land
„Booja-Booja“ in seinem Ohr.
„Abgefahrenes Süßzeug, sag ich Dir!“
„Göttliche Verführung, jenseits von hier!“
Und alle, die der Versuchung nicht widerstehen,
Sind herzensfroh,
Denn diese Lebenszeit
Ist nicht verloren.
Mit rein oberflächlichem Knabber-Geschmack,
Tüten voll Klick und Riegeln von Klack,
Weil der Schoko-Macher hat sich selbst vergessen,
Und weggeschmissen, was er scheinbar besessen.
Nun am Ende unserer Geschichte ist alles Da.
Und ich bin mir sicher, wenn alles einmal war
Oder nur als Witz sich verflüchtigt hat in der Zeit,
Der Schokoladen-Macher
Hätt’ immer noch seine Booja-Booja-Heiterkeit.
Bloß froh, dass er erfuhr
Vertrauen und Liebe pur
Im Booja-Booja von mir und dir.
Zutaten: Charme, Humor, Charme, Chuzpe
Der Schokoladenverkäufer warf sich wild und ungebremst in den sich nun ausbreiteten Strom der Vermarktung. Er wechselte vom heiß geliebten Fahrrad in die blecheiserne, mit Plastik ausgekleidete Gebärmutter, die sich sogar in Embryonalhaltung in hoher Geschwindigkeit und neuerdings sogar mit Internet-Nabelschnur steuern ließ, und fuhr Land, auf Land ab, um die Welt mit köstlichsten, damals noch geheim gehaltenen, veganen Bio-Pralinen zu beglücken.
Die erste zielstrebig angesteuerte Anlaufstelle war immer das zentrale, meist sehr hässliche Parkhaus einer Stadt. Er zog seinen schweren dunklen Koffer, prall gefüllt mit legalen Drogen, aus der Heckklappe seiner Blechkiste. Zog den versenkten Griff an zwei langen Stangen aus der schwarzen Box, kippte sie leicht und rollte damit direkt ins freie Feld irgendeiner, immer-gleichen deutschen Fußgängerzone, die an einem brandneuen, strahlenden Morgen grauer und eintöniger nicht hätte sein können. Er nahm zwei, drei tiefe Atemzüge, schaltete seinen Verstand von Selbstzweifel auf Abenteuer und schritt schnurstracks in jeden Laden, der ihm subjektiv gefiel. Mit knapper, souveräner, deutscher Freundlichkeit wurde er am frühen, noch unbefleckten Morgen empfangen. „Haben Sie denn überhaupt einen Termin?“, tönte es, worauf er charmant und in gespielt verdutztem Ton konterte: „Haben Sie ihn etwa vergessen?“
So ein Schokoladenverkäufer mit dem Herz eines Wandermönchs war sich halt für nichts zu schade und er wusste bereits, dass letztlich nur die Angst, das Gesicht zu verlieren, die Grenze eines jeglichen Geschäftsdeals oder Liebesantrags darstellte. Man kam als strahlender, überzeugter Held, die Taschen voller Illusionen, und wurde entweder mit deutscher knapper Höflichkeit als unerwünschter Bittsteller wieder hinauskomplimentiert bzw. gleich abgewiesen oder als unerwarteter und langersehnter Schoko-Prinz gefeiert und umarmt. Dazwischen gab es nichts.
Der hohe Norden, bekannt für seine Kaffeehändler und steuergeldgierigen Konzerthäuser, schien allerdings nicht für Schokoladenprinzen gemacht worden zu sein. Die strahlend weiße Jacht, die zehntausendste Musicalaufführung waren erstrebenswerter als jeder vielfach ausgezeichneter, handgemachter, dunkelbraun bestäubter Edel-Schoko-Trüffel. Der Schokoladenverkäufer setzte mehrmals stolz die Segel – der Wind ging ihm bald, langsam aber sicher, auf die Nerven –, doch egal welchen Steg er ansteuerte, es war kein Land in Sicht. Er hatte noch nie so viele Krawatte tragende, gleich aussehende, gehetzte Menschen in einer Stadt gesehen, die sich in der Mittagspause ihre schicken, immer größer werdenden, prächtigen, männlichen Gebärmütter in der Waschanlage putzen und volltanken ließen. Kein Wunder, dass die Menschen dort zwischen zwei aufgeweichten, weißen, amerikanischen Weißbrotscheiben mit Form-Ei und Gurke endeten, aber ihren Namen nicht für dunkle, bitter-zarte Süchte hergaben.
Etwas weiter unten auf der Landkarte kam der Pott, den der Schokoladenverkäufer schon vor Jahren als Buchverkäufer bereist hatte, was in einem vollkommenen Desaster endete. Und es sollte ihm auch diesmal nicht besser ergehen: zwei Versuche, zwei Reinfälle. Auf der ersten Messe tropfte das Regenwasser durch die Decke der Messehalle und dementsprechend war der Umsatz, weniger als ein ganz kleiner Tropfen auf einem lauwarmen Stein. Beim zweiten Ausstellungsversuch begrub die Dekoration den mehr als gutmeinenden Schokoladenverkäufer gleich zu Beginn unter sich. Es sollte der schnellste Messeabgang aller Zeiten werden. Der Pott musste warten, wurde verschoben auf die nächsten Inkarnation. So sorry!
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