Gabriele Delpy
Der Charme von New Orleans
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Inhaltsverzeichnis
Titel Gabriele Delpy Der Charme von New Orleans Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: Ein Schallplattenhändler in French Quarter
Kapitel zwei: Nicht jeder Park ist Louis Armstrong Park
Kapitel 3: Die Sängerin Norma an einem heißen Tag
Kapitel 4: Eine Touristin im Vieux Carrée
Kapitel 5: Kakerlake gegen Ochsenfrosch
Kapitel 6: Kommissar Harald Peterson am Tatort
Kapitel 7: Touristen, Touristen
Kapitel 8: Der Souvenirhändler Davis und seine Fotos
Kapitel 9: Ein Bourbon in Bourbon Street
Kapitel 10: Der Kommissar und die Wäscherei
Kapitel 11: Auszug der Kakerlaken
Kapitel 12: Norma und das Klima
Kapitel 13: Seit wann arbeitet der Kommissar im Hotel?
14: Der Kommissar und sein Assistent Sam besprechen, was zu tun ist
Kapitel 15: Harald Peterson und Maggie sprechen über den Tag
Kapitel 16: Neuigkeiten aus Bourbon Street
Kapitel 17: Der Souvenirhändler Davis tut sein Bestes
Kapitel 18: Kommissar Zufall spielt mit
Kapitel 19: Der Ochsenfrosch bleibt nicht allein
Kapitel 20: New Orleans, eine Stadt mit Charme
Impressum neobooks
Kapitel 1: Ein Schallplattenhändler in French Quarter
Es ist ein Tag wie jeder andere in New Orleans. Ein Schallplattenhändler hadert mit seinem Schicksal, das ihn dazu zwingt, an diesem wunderschönen sonnigen Sommertag wie gewohnt seiner Arbeit nachzugehen zu müssen.
Er wohnt in French Quarter, einem Touristenviertel. New Orleans selbst ist eine
Industriestadt mit einem wichtigen Hafen am Mississippi und Zugang zum Golf von Mexiko. Crescent City oder Big Easy, wie sie auch genannt wird, ist die größte Stadt im Bundesstaat Louisiana. Der Hurrikan Katrina hat die Einwohnerzahl durch zahlreiche Emigranten von über 450 000 sinken und dann auf über 340 000 ansteigen lassen. New Orleans ist Tropenstürme gewöhnt, aber nicht solcher Kategorie.
Besucher, die nach French Quarter oder Vieux Carree kommen, werden sicherlich die schönen typischen Häuser in der Altstadt bewundern, die Innenhöfe und berühmten schmiedeeiseren Balkonbalustraden. French Quarter gehört zu den Stadtvierteln, die nach dem Hurrikan zügig restauriert wurden.
Aber zu allererst wird man in das berühmte Viertel gehen, um die Atmosphäre des Jazz aufzunehmen. Zu Recht nennt man New Orleans auch Wiege des Jazz. Der Geschäftsmann, der mit Jazz-Musik seinen Lebensunterhalt verdient, wohnt in einem Haus in einer ruhigen Nebenstraße, genauer gesagt in der Wohnung im ersten Stock. Im Erdgeschoss ist sein fast antik zu bezeichnendes Musikgeschäft. Der schlanke Mann mit dem festen Lebensrhythmus hat sich die frisch gewaschene und gebügelte Wäsche sorgfältig zurechtgelegt. Beim Anziehen bedauert er an diesem Tag mehr als sonst, die vertrauten und schattigen Wohnräume verlassen zu müssen. Ehrlicher Weise gibt er vor sich selbst zu, dass es nicht so sehr das Widerstreben ist, arbeiten zu müssen, als die Abneigung, sich zu festgesetzter Zeit an einem bestimmten Ort wie seinem Geschäft aufhalten zu müssen.
Würde man ihn danach fragen, dann wäre seine Antwort, dass seine Arbeit ihm im
Großen und Ganzen Spaß macht. Das Wichtigste daran ist, dass er sich für Jazz-Musik interessiert und mit Menschen zu tun hat, die seine Musikvorliebe teilen. Aus dem Umgebung New Yorks stammend, hat er in seiner Kindheit Klavierspielen gelernt und eine Zeitlang davon geträumt, Pianist zu werden. Dieses Lebensziel ist ihm später abhandengekommen. In der ersten Etage des Hauses steht das Klavier, das ihm seine Tante vermacht hat, doch spielt er nur selten darauf.
Seine weiteren Lebensumstände führten ihn unter anderem nach Europa, wo er als Ein- und Verkäufer für mehrere große Firmen arbeitete. Seine Liebe zur Musik sorgte dafür, dass er die Stilrichtung Jazz nie aus den Augen verlor. Zusätzlich entwickelte er, begeistert von den Flohmärkten in Good Old Europe, eine Sammelleidenschaft für Schallplatten und Bücher, die mit Jazz zu tun haben. Zurück in den Staaten behielt er sein Faible für Antiquitäten bei und erwarb sich so mit der Zeit einen ansehnlichen Bekanntenkreis.
Seine Tante, der er das Haus verdankt, war in Folge des Hurrikans Katrina verstorben. Sie hatte die Überschwemmungen miterleben müssen und danach die Wiederherstellung ihres Hauses vorangetrieben. Die Ereignisse hatten ihr viel Kraft geraubt. Die Erbschaft des kleinen Hauses in New Orleans hatten ihn dann auf die Idee gebracht, ein Geschäft zu eröffnen und er ist stolz, dass er sich seit nunmehr über fünf Jahren in der Stadt, die die Wiege des Jazz ist, recht erfolgreich behaupten kann. Dennoch kann er es nicht vermeiden, sich zuweilen etwas antiquiert zu fühlen
In der Bücherecke wartet sein kleiner Computer auf ihn und ein interessanter Suchauftrag für eine alte Jazz-Aufnahme. In der kleinen, selbst angelegten Datenbank hat er Adressen von Jazz-Liebhabern archiviert, mit denen er korrespondiert. Suchaufträge vermögender und exzentrischer Kunden sind rar gesät und der Gewinn bei erfolgreicher Suche rechtfertigt die Mühe und den Aufwand.
Der Schallplattenhändler hatte vor Jahren einen Erfolg verbucht mit einem
Notentextausschnitt von Scott Joplins, einem der erfolgreichsten Ragtime-Komponisten des neunzehnten Jahrhunderts. Scott, der in Honky Tonks und Saloons in St.Louis gespielt hat, war 1893 auf der Weltausstellung in Chicago aufgetreten. Der Satz ´It´s never right to play Ragtime fast´ stammt von ihm. Musikalisch schöpft aus den Werken Scott Joplins der mit sieben Oscars ausgezeichnete Spielfilm Robert Redfords ´Der Clou´, von 1973.
Am vergangenen Wochenende hat ihm ein Bekannter auf einer Jazz-Veranstaltung von einer angeblich existierenden, aber unbekannten Paul-Whiteman-Aufnahme erzählt, und dieser aktuelle Suchauftrag führt nach San Francisco.
Beim Ankleiden denkt er darüber nach, wen aus seinem Bekannten- und Kundenkreis er unverfänglich anschreiben könne. Am besten meldet er sich bei zwei ihm bekannten Antiquitätenhändlern.
Das schöne, sonnige Wetter verstärkt sein Bedauern, sich in das Geschäft setzen zu müssen, und er würde lieber einen Ausflug in die Stadt machen, bummeln, Kaffeetrinken und Zeitunglesen. Andrerseits läuft ihm das Geld nicht hinterher, und die Anforderung, sich an die sich ständig verändernden Medien anpassen zu müssen, hat ihn schon die eine oder andere schlaflose Nacht gekostet. Dabei sieht er sich vor dem Problem, inwieweit er seine Art, ein Schallplatten- und Musik-CD-Geschäft zu führen, stilistisch mit New Orleans, seinem Verständnis davon und den Anforderungen einer modernen Zeit in Einklang bringen soll.
Wie er weiß, verflüchtigt sich seine Unlust beim Ankleiden. Er hat sich eine hellgraue Anzugskombination mit weißem Hemd und schwarzer Schleifenkrawatte zurechtgelegt. Die, wie er findet, kühle Anzugfarbe passt zu seinen blauen Augen und setzt einen überzeugenden Akzent, der mit den schwarzen, kurzen Haaren über einem feingeschnittenen Gesicht harmoniert. Der ein wenig tragische Ausdruck seines Gesichts und die leichte Melancholie, die davon auszugehen scheint, hängt möglicherweise mit seiner Musikvorliebe für Blues zusammen und spiegeln einen Charakterzug.
Der Mann, der auf farblich abgestimmte Kleidung Wert legt, hat sich versehentlich dunkelblaue Socken statt hellgrauer herausgelegt. Auf dem Weg zum Kleiderschrank kommt er am Klavier vorbei, das seine Tante ihm vermacht hat. Die Noten von “Nacht in Tunesien” liegen noch da, und automatisch hat er die bekannte Melodie im Sinn. Doch dann wird ihm das Thema für den schönen Vormittag zu Ernst und er wechselt zu der Titelmelodie von “Paulchen Panther”, deren Variationen er liebt. Manchmal hat er das Problem, dass sich eine Melodie bei ihm festsetzt und dann wird er seinen Ohrwurm den ganzen Tag nicht mehr los.
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