Victor Dahms
Lichter aus und Kerzen an
Ein lästerlich-lehrreiches Weihnachtsbuch
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Inhaltsverzeichnis
Titel Victor Dahms Lichter aus und Kerzen an Ein lästerlich-lehrreiches Weihnachtsbuch Dieses ebook wurde erstellt bei
Lichter aus und Kerzen an! Lichter aus und Kerzen an! Ein lästerlich-lehrreiches Weihnachtsbuch Victor Dahms (Hg.) Mit Beiträgen von Udo Becker, Robert Blum, Wilhelm Bölsche, Egon Dahms, Victor Dahms, Arthur Drews, Theodor Fontane, Ottmar Kunz, Eckhart Pilick, Wendelin Renner, Joachim Ringelnatz, Carl Rühle, Dschelaladdin Rumi, Carl Scholl, Ludwig Thoma, G.A. Wislicenus sowie Gedanken und Zitate aus der Bhagavad Gita, der Bibel, von J.W. v. Goethe, Friedrich Hebbel, Hermann Hesse, Bernhard Höppl, Karl Kerényi, Knut Rasmussen. Lektorat: Pia Oberacker, Gudrun und Thomas Schmitz Illustrationen: Andreas Lau
Vorwort Vorwort Die vorliegende Anthologie sagt wahrhaftig nicht die ganze Wahrheit über Weihnachten, wohl aber die halbe. Es geht um diejenige Hälfte, die gemeinhin nicht in der allgemeinen Feiertagsrhetorik, nicht in Sonntagspredigten oder im Religionsunterricht und noch weniger bei Familienfeiern zur Geltung kommt, obwohl sie untrennbar zum Lichterfest gehört, so wie sein Schatten. Vor Weihnachten brechen überall im Land die Ferien aus. Darum wird das Fest auch so selten in der Schule behandelt. Dieser Lücke kann die vorliegende Sammlung von Frivolem und Frechem, Gereimtem und Ungereimtem, Lehrreichem und Launigem, Lästerlichem und Lyrischem abhelfen, um einerseits dem Lehrkörper als Vademecum im fächerübergreifendem Unterricht oder andererseits denen, die Weihnachten im Auto und im Stau feiern, den höchsten Feiertag zu beleichten. Das Fest der Liebe erscheint in dieser Anthologie aus nichtkonfessionllen verschiedenen Blickrichtungen des Alltags und in unterschiedlichen Erlebnisweisen sowohl junger wie auch betagter Menschen. So hilfreich Rituale in ihren scheinbar ewig gleich bleibenden Abläufen auch für die Stabilisierung der Psyche sein mögen, so sehr sollte sowohl einer Erstarrung in sinnentleerter Stereotypie wie einer drohenden Unterwerfung unter die allseits herrschende Erwerbskultur entgegen gewirkt werden. Diesem Anliegen möge unser Büchlein dienen.
Heilige Nacht Heilige Nacht So ward der Herr Jesus geboren Im Stall bei der kalten Nacht. Die Armen, die haben gefroren, Den Reichen war’s warm gemacht. Sein Vater ist Schreiner gewesen, Die Mutter war eine Magd. Sie haben kein Geld nicht besessen, Sie haben sich wohl geplagt. Kein Wirt hat ins Haus sie genommen. sie waren von Herzen froh, dass sie noch in Stall sind gekommen. Sie legten das Kind auf Stroh. Die Engel, die haben gesungen, Dass wohl ein Wunder geschehen. Da kamen die Hirten gesprungen Und haben es angesehen. Die Hirten, die will es erbarmen, wie elend das Kindlein sein. Es ist eine G’schicht für die Armen, kein Reicher war nicht dabei. Ludwig Thoma
Nur noch dreimal Nur noch dreimal Glühwein trinken Plätzchen backen Würstchen essen Päckchen packen Und durch alle Läden rennen Nur noch viermal pennen! Abends mit den Eltern skypen Das Menu schon vorbereiten Sei’s mit Gänsen, sei’s mit Hummern Nur noch dreimal schlummern! Kinderaugen sehnlich schmachten Im Akkord die Metzger schlachten Und die Kirchen voll mit Schafen Nur noch zweimal schlafen! Schnell noch in das Kaufhaus eilen Duschen und die Nägel feilen Zweimal gab es heut schon Krach Einmal werden wir noch wach! Victor Dahms
Warum ist Weihnachten so schön? Warum ist Weihnachten so schön? Warum aber ist das Weihnachtsfest so schön? Ist es die Kinderfreude, die reinste und unschuldigste der Welt, welche ihm diesen zauberhaften Reiz gibt? Sie ist es wenigstens nicht allein. Denn es knüpft sich ein tiefer Sinn an die heitere Erscheinung, und bei dem denkenden Menschen paart sich ein gewaltiger Ernst mit dem freudigen Gefühl. Wir feiern die Geburt eines Erlösers, eines Befreiers, welchen ein einst mächtiges und großes Volk auf dem langen und traurigen Wege zu seinem Untergange geahnt, erseht, erfleht hatte, mit aller Kraft seiner Seele. Aus der ägyptischen Sklaverei waren die Juden befreit worden, aber in eine schlimmere geraten, weil sie aus dem neuen Boden nicht neues Leben zu saugen vermocht und das Zerbrechen des äußeren Jochs sie nicht innerlich frei gemacht hatte. Unter einer verdummenden Priesterschaft waren sie stumpf und marklos geworden und der römischen Weltherrschaft hoffnungslos anheim gefallen. In ihnen wohnte nicht mehr die Kraft, sich zu befreien, deshalb hofften sie dieselbe von außen, durch ein Wunder, einen Heiland. Der Heiland ward geboren, fand das Zauberwort, vor welchem die alte knechtende Satzung ohnmächtig dahin sank und eine neue Welt sich erhob. Er war Befreier auf dem Gebiete des Staates, des Lebens und der Gesellschaft. Seine Lehre von der Bruderliebe und Gleichheit war auch für die Erde berechnet und seine „Feiheit“ hieß: Freiheit von der knechtenden Priestersatzung und von römischer Unterjochung. Knüpft sich also an Weihnachten das Erinnerungsfest der Befreiung und der Geburt einer neuen Zeit, so vereint sich damit noch das Bewusstsein der Allmacht des Menschengedankens, der unangreifbar und unzerstörbar ist. Christus ward als Verbrecher gerichtet, aber aus dem Grabe stieg zwar nicht sein Körper, sondern sein Geist empor und vollendete seine Sendung. Man hatte die Form zerschlagen, um ihren Inhalt desto freier, desto wirksamer zu machen. Mischt sich da nicht mit der Weihnachtslegende eine erhebende Mahnung, auszuharren auf der Bahn des Kampfes für den Fortschritt, für die Freiheit, für die Brüderlichkeit? Muss nicht das spießbürgerliche: „Wozu sollst du dich quälen und dir noch Verdruss und Feinde machen? Es nützt ja doch nichts“ verstummen auf ewig? Nein, kein Gedanke geht verloren in der weiten Schöpfung, keine ausgesprochene Idee ist vergebens da gewesen. Man kann den Menschen moralisch oder körperlich vernichten, man kann die Blätter und die Bücher, die er geschrieben, verbieten, verbrennen, einstampfen, den Geist des Menschen, den Inhalt seiner Schriften, kann man nicht vernichten, er wirkt fort, und die Unsterblichkeit unseres Tuns und Strebens beruht eben in dem Bewusstsein, dass wir in keinem Falle vergebens gewirkt haben. Robert Blum
Weihnachten … Weihnachten … Kinderfreude, heil’ger Glanz! Du strahlst in unsre Herzen ganz, Du machst uns wieder Kindern gleich, Und unser ist das Himmelsreich. Wir suchen Freude allezeit. Doch oft umgibt uns Traurigkeit. Die Menschheit strebt mit ganzem Sinn Nach Glück und Freude sehnend hin. O schönes Bild, sei Wirklichkeit! O Welt, sei endlich doch befreit! O Erde, sei das schöne Haus, Drin Friede gehet ein und aus! Noch ist sie’s nicht, noch gibt es Streit. Doch sieh, es tagt die bessre Zeit! Fühl erst in dir ihr Glück und Heil, Dann wird sie auch der Welt zuteil. Gustav A. Wislicenus
Heiligabend Heiligabend Mir emailt Emil zum Advent Die Mutter still am Herde flennt Der Vater auf dem Sofa pennt Die Schwester schmückt den Weihnachstbaum Und stellt die Krippe in den Raum Den Onkel Ernst den sieht man kaum Er sitzt fast dauernd auf dem Klo Da raucht er seine Marlboro Und nebenan läuft’s Radio Man hört Nun singet und seid froh Und dann In dulci jubilo Das alles ist mir jetzt ein Graus Ich schalte den Computer aus Und geh mit Oma aus dem Haus Der Herr, sagt sie, ist neu geborn Drauf trinken wir nen Apfelkorn Dann sind wir nicht mehr so verfrorn Sie geht und betet in der Mette Ich bumse derweil die Annette Was ich beinah vergessen hätte Dann geh ich heim und esse Gans Wir feiern froh im Lichterglanz Die Schwester spielt Klavier, sie kanns Hingegen wirklich nicht Wir singen all bei Kerzenlicht Die Mutter spricht noch ein Gedicht Aber leider dieses nicht Wir packen die Geschenke aus Ich kriege die Computermaus Dann wird es laut in unserm Haus Weil wir jetzt einen sitzen ham Drum machen alle ein Tamtam Und streiten ums TV-Programm Die Oma geht dann bald ins Bett Ich aber in das Internet Und email Emil ein Sonett. Wendelin Renner
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