Cory d'Or
Korridorium – magische Abenteuer
Erzählungen, Storys, Miniaturen
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Inhaltsverzeichnis
Titel Cory d'Or Korridorium – magische Abenteuer Erzählungen, Storys, Miniaturen Dieses ebook wurde erstellt bei
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6/398 6/398 16.11.11 Ich betrete den Korridor, in dem der Antiquar seine unverkäuflichen Artefakte lagert. Er tut so, als sei es eine große Ehre, von ihm hierhergeführt zu werden. Mit blumigen Worten beschreibt er, was er angeblich nie an den Mann bringen wird, aber auch nicht einfach leichten Herzens wegwerfen kann: Ein Unsterblichkeitselexir, das das Altern nicht verhindert. (Wäre vielleicht etwas für den größten Feind oder die Ehefrau, wenn man sicher sein will, im Alter noch gepflegt zu werden, meint der Antiquar mit einem zweideutigen Lächeln. Ich winke ab.) Eine Tarnkappe, die den Träger aber nur runter bis zu den Knien unsichtbar macht. (In hohem Gras könne sie vielleicht nützlich sein, meint der Antiquar versonnen. Ich winke ab.) Ein fliegender ^, der buchstäblich nur im Tempo einer Schnecke von der Stelle kommt. (Dafür steigt er aber auch nur ein paar Zentimeter hoch, maximal, meint der Antiquar und schürzt die Lippen. Ich winke ab.) Ein magischer Schlüssel, mit dem man zwar keine Türen aufbekommt, sie dafür aber für immer verschließen kann. (Er solle vielleicht mal bei der Atomindustrie anfragen, meint der Antiquar gespielt nachdenklich, als sei ihm diese Idee gerade erst gekommen. Ich winke ab.) Ein Fläschchen mit einer Wahrheitsdroge, die allerdings die Nebenwirkung hat, dass die Wahrheit in aller minutiösen Deutlichkeit erzählt wird und das Opfer sich heillos in Details verliert, ohne je zum entscheidenden Punkt zu kommen. (Manchmal habe er den Eindruck, der Sud werde bei gewissen Talkshows im Fernsehen eingesetzt, meint der Antiquar und lacht etwas gequält. Ich winke ab.) Die Bundeslade, die in Wirklichkeit ein quantenmechanisches Funkgerät ist, mittels dessen man mit Gott telefonieren kann. (Also mit dem biblischen Jehova, erklärt der Antiquar jovial und fügt an, dass dieser schon seit einiger Zeit den Hörer nicht mehr abnimmt. Er lächelt verschmitzt: kein AB. Ich winke ab.) Ein Liebestrank, der dazu führt, dass, wer ihn zu sich nimmt, in unsterblicher Liebe zu sich selbst entbrennt. (Wobei dies für viele von der Liebe Enttäuschte, meint der Antiquar mit einem Seitenblick zu mir, ja eigentlich nach der perfekten und nachhaltigen Lösung klinge. Ich winke ab.) Ein Buch, das sich, wenn man es aufschlägt, in diesem Moment selbst schreibt. (Es stünden aber immer nur kleine, verworrene Geschichten drin über jemanden, der Gänge oder Flure oder so betritt, nein, »Kolonnaden« heiße es da immer – jedenfalls könne mit dem Geschreibsel kein Mensch etwas anfangen, brummelt der Antiquar missmutig. Ich frage, wie viel er dafür haben will.)
46/398 46/398 26.12.11 Ich betrete den Korridor. Irgendwie glaube ich, dass mich die Inselbewohner loswerden wollen, und bin auf der Hut. Sie mögen meine großen Ohren nicht und die stämmigen Beine, meine Andersartigkeit, vermute ich. Schmucklose, grob verputzte Steinwände zu beiden Seiten, und da es kein Dach gibt, scheint die Sonne herein: Prüfend lasse ich meinen Blick umherschweifen. Erwartet mich eine Fallgrube? Werden Speere, ausgelöst durch meine Schritte, aus den Wänden schnellen, um mich zu durchbohren? Es riecht streng. Offenbar treiben die Insulaner sonst Ziegen in diesen Korridor. Behutsam setze ich Fuß vor Fuß. Plötzlich verdunkelt ein Schatten die Sonne. Ich blicke auf und sehe einen riesigen Vogel auf mich herabstürzen. In dem engen Korridor kann ich mich nicht schnell genug umdrehen. Und wo sollte ich auch hin? Ich werde ein leichtes Opfer für die ausgestreckten Krallen , jede von ihnen so groß wie ein ausgewachsener Leopard. Sie packen mich, und mit ein paar mächtigen Schwingenschlägen erhebt sich der majestätische Vogel wieder in die Luft. Anscheinend will er mich lebend. Unter mir haben sich, auf ihrem Platz vor dem Tempel des Wehrhaften Nacktmulls, die Inselbewohner versammelt; sie schwenken die Arme und tanzen, beschwingte Trommelmusik ertönt. Ich trompete protestierend. Der Riesenvogel hält auf einen Berghang zu. Ich erkenne ein immens großes Nest, aus dem sich vier gewaltige, aufgesperrte Schnäbel recken. Das hungrige Krächzen der Küken lässt mir das Blut in den Adern gefrieren.
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Bonuskorridor
Nachwort
Impressum neobooks
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Ich betrete den Korridor …
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»Ich betrete den Korridor …« Dieser unscheinbare Satz war am elften November 2011 der Startschuss für das in vielerlei Hinsicht außergewöhnliche literarische Blog Korridorium.de .
Von diesem Tag an veröffentlichte Cory d’Or Tag für Tag weitere Beiträge: Storys, Fabeln, Offenbarungen, Einwürfe, Glossen und miteinander verwobene Fortsetzungsgeschichten – alle mit dem gleichen Anfangssatz und begleitet von einem Soundtrack passender Länge, komponiert und produziert von Tychonian Soundworks.
Zum angekündigten Ende des Projekts am zwölften Dezember 2012 waren es insgesamt 398 Blogeinträge, darunter auch so ausgefallene wie ein QR-Code, eine Infografik und ein Filmnachspann.
Was anfangs wie eine wilde und genreübergreifende Mischung von Prosa-Miniaturen und Kurzgeschichten wirkt, entfaltet sich Tag für Tag, Kapitel für Kapitel, zu einem Kaleidoskop aus Themen, Figuren, Orten, popkulturellen und historischen Verweisen, Selbstbezüglichkeiten und Erzählperspektiven, dessen einzelne Facetten mit der Zeit verborgene Querverbindungen offenbaren und sich zu einer großen, »pluridimensionalen« Geschichte entfalten – durchsuchbar mit Hilfe einer Reihe von Kategorien und Keywords (wobei Tags wie »Nous« und »K.« in den eingebauten FAQs des Blogs näher erläutert wurden).
Passend zum vermeintlichen Untergang der Welt – der 21/12/12, das vorgebliche Ende des Maya-Kalenders, ist ein zentrales Datum im Korridorium – beschreibt eine der Geschichten den Untergang von Atlantis aus Sicht des jungen Atlanters Criph. Seine Abenteuer werden in einer Art Fortsetzungsgeschichte beschrieben, die am Ende mit einem anderen fantastischen Strang verschmilzt. Aber lesen Sie selbst!
Dieses E-Book präsentiert Ihnen – in einer handverlesenen Auswahl aus den 398 Kapiteln des Blogromans – die in das Korridorium eingebetteten Fantasy-Storys in chronologischer Reihenfolge: Fortsetzungsgeschichten und in sich geschlossene Kurzprosa.
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