Als sie als Kind einmal die Schlafzimmertür der Eltern nachts öffnete, weil sie sich im Dunkeln in der Badetür geirrt hatte, sah sie ihren Vater über der Mutter in dieser Stellung, bei der die Mutter wollüstig schnaufte. Das hatte bei ihr einen Schock ausgelöst, den sie tagelang nicht mehr loswurde. Sie aß damals nicht, sie weinte nur. Kinder verstehen nicht die Lust der Erwachsenen, für sie ist das befremdend und erinnert sie an brünstige Tiere, wie Hunde oder Hühner, die sie schon im Kindesalter beobachtete.
„Lass` das sofort“, donnert sie ihn an, „bring` mich sofort nach Hause!“
Adrian, der jetzt sehr in Fahrt gekommen ist, sein Geschlechtsteil steht, und er kann nicht mehr zurück, schnellt vor und reißt sie wieder herunter zu sich und schiebt ihn in ihre feucht gewordene Muschel.
„Warum wehrst du dich, du willst es doch auch“, flüstert er erregt. Warum wehrt sie sich bei der schönsten Sache der Welt, denkt er erschüttert. Ist sie überhaupt orgasmusfähig oder ist sie eine taube Nuss. Das wird noch viel Arbeit, - aber ich kriege sie, noch nie hat ihn eine Frau so gereizt, sein Jagdtrieb ist jetzt voll erwacht...
Zu Hause angekommen, schleicht sich Yasmin in ihr Zimmer, jedenfalls hat sie das vor. Da hat sie jedoch die Rechnung ohne den Stiefvater gemacht, der steht schon im Flur, anscheinend hat er auf sie gewartet.
„Schön, dass du auch schon kommst“, sagt er gedehnt mit ironischem Unterton.
„Du kannst gleich deine Sachen packen und wieder da hin gehen, wo du sehr ausgedehnt, die Nacht verbracht hast, es ist bereits neun Uhr morgens“, schimpft er eisig.
Zuerst will Yasmin die Mutter sprechen, erhofft sich von ihr Absolution, immerhin ist sie zweiundzwanzig und erwachsen. Die Mutter umarmt sie, sieht alles, was vorgefallen ist, sie kennt ihre Tochter. Sie glaubt, die hat einen Reinfall erlebt, sie vermutet eine Penetration durch den dubiosen Typen, den sie zwar irgendwie sympathisch findet, möglich, weil er so charmant lächelte, um sie beim Treffen für sich zu gewinnen, und sie bei nächster Gelegenheit um den Finger wickeln zu können.
„Was hast du denn bloß gemacht, Mädel“, jammert sie, „das ist doch kein Umgang für dich, vermutlich arbeitet er im horizontalen Gewerbe“, ahnt sie. Der Stiefvater solle genauso denken, erklärt die Mutter.
Yasmin hört gar nicht zu, die ganze Langspielplatte der Familie kennt sie schon. Bei der Gelegenheit denkt Yasmin an das, was sie von der Mutter weiß. Ihr Stiefvater wäre das ganze Gegenteil seines Bruders, jedenfalls im Bett.
Ihr Vater war ein lebenslustiger Mann, der dem Alkohol in späten Jahren immer mehr zugetan gewesen wäre. Mutter hat ihn geliebt trotz seiner Macken, oft launenhaft bis bösartig gewesen zu sein. Die Tochter hatte das oft ausbaden müssen.
Den Bruder heiratete sie nach dem Ableben des Vaters mehr aus geschäftlichen Gründen. In der Liebe im Bett, erzählte die Mutter mehrmals, sei der ein Stockfisch, kein Vergleich mit den Sex-Praktiken des Vaters.
„Du bist ja nun erwachsen“, meinte sie, eigentlich war ihr diese Offenbarung bei einer Feier und einem Glas Wein nur so herausgerutscht. Verlegen versiegte damals Weiteres.
Yasmin solle erst einmal auf ihr Zimmer gehen, sie habe jetzt Stubenarrest, murmelt die Mutter und verschwindet.
„Ich bin zweiundzwanzig! schreit sie hinter ihr her, „was soll das?“
Da erscheint der Stiefvater nochmals und brüllt sie an, sie vernachlässige ihr Studium, das sei der Grund für den Arrest. Yasmins Teufel im Kopf tobt, er rät ihr, Widerstand zu leisten, – und spontan ruft sie Adrian an und bittet ihn, sie abzuholen, sie sei zu Hause 'rausgeflogen'.
„Nichts lieber als das“, freut er sich, „allerdings bei mir wohnen kannst du zur Zeit nicht, hab` aber eine weitere Wohnung, in der ich dich unterbringen kann. Sollten deine Alten weiter meckern, kannst du da wohnen bleiben und wir melden dich um.“
In ihrer momentanen Verzweiflung stimmt sie zu, es wird sich alles schon wieder zum Guten wenden. In der vorrigen Nacht war er zuletzt ganz lieb und sie hatte Ruhe.
Vielleicht ist das eben ein so heißer Mann, der sich wenig beherrschen kann, er scheint verrückt nach mir zu sein, sonnt sich ihre Eitelkeit und ihr Ego in seinem Interesse... Vielleicht sollte ich nicht so zickig sein. Ich sage ihm demnächst, was ich will und was nicht. Durcheinander im Hirn kann sie keine echten Entschlüsse fassen. Dass sie eigentlich nicht vorhatte, ihn wieder zu treffen, scheint sie jetzt vergessen zu haben...
Yasmin hat einen Albtraum, der sie noch am nächsten Morgen in der zweiten Wohnung von Adrian verfolgt.
Sie lässt Teile davon noch einmal Revue passieren:
Das übergroße, schwarz-schillernde Auge eines Kraken (Traum)
Aus der Tiefe des Meeres glänzt der Frau etwas entgegen und scheint sie zu beobachten. Gefahr ist im Anzug.
Das Traumauge scheint; angesiedelt im Auge des ungeliebten Mannes an ihrer Seite im Bett, schon mal zu prüfen, ob die Fangarme zum Angriff ausgefahren werden können, um die Frau neben sich, das Objekt seiner Begierde, umschlingen zu können, um jetzt Sex zu machen und das Glied auszufahren.
Schnell macht die Frau, das Objekt seiner Begierde, ihre Augen zu, bloß nicht zeigen, dass sie wach ist.
Eine Amour fu ist es schon längst nicht mehr, das ist zwanzig Jahre her, als sie beide jung genug waren, um die Sexualität noch zu genießen. Schön war die Zeit, als es beide noch wollten, – fast immer ohne Ausnahme zur gleichen Zeit, miteinander zu schlafen. Das ist lange her, jetzt herrscht die Traurigkeit des Alterns, das jeden Überlebenden in der sexuellen Liebe einmal irgendwann später oder früher erreicht. Männer früher als Frauen. Bei dieser Frau ist es eben umgekehrt. Wenn sie nicht will, dass er fremdgeht, muss sie sich hinhalten...
Das Fegefeuer des Mannes und seine Strafe für ihn wegen verletzter, zurückgesetzter Frauen in seinem Leben, war nach seinem Tod nicht in der Hölle zu suchen, er erlebt sein eigenes Fegefeuer, wenn er noch lebendige Männer sieht, die gerade Frauen genießen, was ihm nun tot, in der Hölle versagt bleibt, dann setzen die Qualen und die Strafe ein...
Yasmin ist entsetzt über den skurrilen Traum, hoffentlich geht es mir später auch einmal nicht so, hofft sie und hakt ihn ab unter verrückt.
Adrian hat ihr einen bunten Blumenstrauß mitgebracht, sie freut sich sehr.
„Komm` lass` uns einkaufen gehen - und Lebensmittel brauchst du ja auch“, lacht er sie an.
Sie versteht poppen und ist gleich wieder auf Krawall eingestellt. Erst bei dem Wort Lebensmittel merkt sie, sie hat sich verhört und wird wieder freundlicher.
Die anschließende Frage, warum sie hier allein wohnen soll ohne ihn, überhört er. Begründen tut er das später damit, er wolle ihr damit Sicherheit geben, sich ohne sein permanentes Drängen zu entspannen.
Anfassen wolle er sie vorläufig nicht mehr, sagt er, aber nicht die Gründe dafür. Er hat seine triebgesteuerten Freundinnen, die nur auf einen Besuch warten.
Yasmin wird sowieso nach einer gewissen Zeit unruhig werden, das wäre ganz normal in dem Alter. In einem gewissen Zyklus braucht auch sie wegen der Hormone körperliche Liebe oder Sex. Vielleicht masturbiert sie, das könnte eine Erklärung sein, - warum sie bei ihm nicht 'kommen' könne, das werde ich herausfinden.
Unsicher ist Yasmin, soll sie sich freuen? Erst, als er ihr unterwegs seine schlüssige Begründung gibt, sie wegen der Ruhe allein zu lassen, beruhigt sie das und sie kann wieder lachen. Was wäre sie doch für ein schönes Geschöpf, wenn sie freundlich ist; zu sein scheint, denkt er. Ich werde auch alles daran setzen, sie zu einer vollwertigen Geliebten zu machen – und mehr. Möglich, dass ich niemanden an sie heranlassen will, aber, das wäre das erste Mal bei einer Frau.
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