„Wie kommt denn ein so schönes Mädchen hier in dieses Etablissement“, stellt der Fremde neben ihr ohne Fragestellung einfach fest. Die Musik nervt laut. Yasmin sieht nur seine Lippenbewegung, ohne zu verstehen, was der Mann redet. Eigentlich möchte sie hier schnell weg, jedoch hatte sie sich noch eine Piccolo bestellt, die sie nun überstürzt austrinkt. Die Frage des aufdringlichen Menschen, ihr einen Cocktail zu spendieren, überhört sie.
Ihr fängt sich alles an zu drehen, so richtig weiß sie nicht mehr wo sie ist, der nun doch angenommene Cocktail wirkt.
Als sie nach längerer Zeit wieder etwas klarer wird, findet sie sich in einem Wagen und wundert sich, wie sie da hingekommen ist. Dann dämmert ihr, der Alte hat sie mit in seinen Wagen genommen und flüstert jetzt leise, er habe ihr helfen wollen, sie sei plötzlich zusammengeklappt, da habe er sie mitgenommen, das leuchtet irgendwie ein. Sie liegt auf dem nach hinten geklappten Sitz, ihm völlig preisgegeben, wie es scheint...
Yasmin ist müde und betrunken, sie nickt wieder ein, der viele Alkohol. Als sie nach einer Weile wieder zu sich kommt, sieht sie, wie der Mann ihr T-Shirt hochgezogen hat und mit einem verklärt-lüsternen Blick ihre festen schönen Brüste betrachtet. Dabei masturbiert er erst langsam, dann immer schneller werdend und dabei verhalten schnaufend sein Geschlechtsteil, wozu er zuvor den Reißverschluss seiner Hose heruntergezogen hat, um es bloßzulegen.
Schreiend reißt Yasmin die Tür auf und stürzt hinaus, stürzt auf den Asphalt der Straße. Sie kreischt so laut sie kann, Passanten kommen herbei und helfen ihr auf die Beine. Im allgemeinen Gedränge merkt niemand, der Wagen ist verschwunden, keiner hat sich das Kennzeichen notiert. Zunächst bringt man Yasmin zurück in das Lokal, und die Polizei nimmt den Vorfall auf.
Ihre diffusen Beschreibungen reichen anschließend nicht, den Mann noch ermitteln zu können. Die Barkeeper meinen, den Mann noch nie hier in der Bar gesehen zu haben.
„Der weiß genau, bei solch einer Frau hat er keine Chance“, meint einer von denen, „sicher hat er der Kleinen KO-Tropfen eingeflößt, um sich zumindest im Auto ein bisschen an ihr zu verlustieren.“
„Vielleicht wollte der auch nur die Kohle für eine Käufliche sparen“, sagt ein anderer mit süffisantem Grinsen.
Yasmin wird im Polizeiauto nach Hause gebracht, wo sie eine Ecke vorher aussteigt, um nicht von den Eltern in dem Zustand und unter den merkwürdigen Umständen gesehen und angetroffen zu werden. Der Rock ist gerissen und schmutzig, sie ist nicht nüchtern, wie sollte sie das erklären.
Trotz ihrer zweiundzwanzig Jahre würde sie sicher vom Stiefvater Hausarrest aufgebrummt bekommen.
Nie wieder will sie so unbedarft in dieses Lokal gehen..
Was sie nicht ahnt, sie wird keinen Hausarrest aufgebrummt bekommen, weil man den neuen Freund akzeptieren wird. Warum? Ganz ohne Anmeldung steht der schöne BO vor ihr, er hat sich sozusagen selbst eingeladen. Weil Yasmin rausfliegen wird, wenn sie noch einmal morgens nach Hause kommt.
„Mein Name ist Adrian Laster“, stellt er sich der Mutter vor, die gerade im Garten die Rosen gießt und die nicht ahnt, wie passend der angenommene falsche Name ist.
Sie scheint angetan von dem Mann, raunt aber ihrer Tochter zu, der sei ganz schön alt. Ahnt sie es, es wird wohl der Mensch sein, weswegen ihre Tochter schon mehrmals nachts oder am Morgen nach Hause gekommen ist.
Dass ihre Tochter die Berührungen beim Sex mit Liebe verwechselt, weil sie als Mutter sie nie in den Arm genommen hat, ist beiden nicht bewusst. Manch ein solcher Fehler führt in späteren Jahren zu psychischen Störungen und Fehlentscheidungen in der Lebensführung. Langsam wird die Tochter ihre eigenen Erfahrungen machen. Hoffentlich findet sie einen anständigen, guten Mann, denkt die Mutter obenhin.
Yasmin sonnt sich am Pool, um die Blässe loszuwerden, die sie nicht attraktiv findet. Bräune ist heute 'IN', und in diesem Alter ist die Sonne auch noch nicht so hautschädigend, wenn man es nicht nicht bis zum Hautkrebs übertreibt, weiß sie.
Die altmodische Mutter ist für ihre Tochter peinlich berührt:
„Zieh dir mal etwas über“, raunt sie, denn es sei nicht schicklich, sich hier vor einem Fremden so zu zeigen. Erschrocken greift Yasmin zum Badehandtuch, sie verliert fast die Fassung, ohne Vorwarnung überfallen worden zu sein. Heimlich müssen sie und ihr Unterbewusstsein lächeln. Wenn die Mutter wüsste, dieser Mann hat sie schon in ganz anderen Situationen und Posen gesehen, würde sie ihn hinauswerfen. Beide lächeln sich an, sehen aber nicht, die Mutter hat so ihre Gedanken zu dem gut aussehenden Mann, ganz schön verlebt sieht er aus, findet sie.
Adrian hat ganz schnell Yasmin das Handtuch umgelegt, so nebenbei seinen Körper an sie gedrückt, was ihr einen Schauer über den Rücken jagt.
Zum Glück schneidet ihr Mutter nun die Rosen und hat das nicht gesehen.
„Wir leben nicht im siebzehnten Jahrhundert, wo man sich nicht nähern durfte, geschweige denn Frauen mit den Augen ausziehen“, flüstert Adrian amüsiert über Yasmins züchtig nach unten gerichteten Blick, der anscheinend der Beobachtung ihrer Mutter gezollt ist.
„Unsere Familie und der ganze anhängende Clan ist noch aus der alten Zopfzeit“, meint Yasmin, „wenn die wüssten, was ich so mache...“
„Du meinst, was du so treibst?!“
„Was treibe ich denn, das ist doch ganz normal, auszugehen“, sagt sie ausweichend.
„Wie sieht es heute Abend aus, kannst du weg, oder musst du erst deinen Familienclan daten “, fragt Adrian ironisch.
Sie verabreden sich zu zehn Uhr abends, Adrian holt sie dann auch pünktlich ab und ist befremdet über ihr Outfit. Um die Bräune besser zur Geltung zu bringen, hat Yasmin ein weit ausgeschnittenes Shirt angezogen, jedoch ist sie mehr krebsrot als braun und die Bluse auch rot. Das sehe schrecklich aus, moniert Adrian und überhaupt...
„Du bist viel zu stark geschminkt, deine Augen brauchen keine Schwarzumrandung, gehe sofort und wische dir das ab!“
Yasmin ist wie vom Donner getroffen, so kann BO nicht mit ihr umgehen. Sie weiß nicht, er will sie heute seinen Freunden vorführen – und sie sieht jetzt schon aus wie eine Käufliche, obgleich er geschwärmt hat, eine süßes unbescholtenes Mädchen getroffen zu haben, das man sich noch ganz nach seinen Wünschen und Vorstellungen zurechtbiegen könne. Die dicke Wimperntusche verläuft unter ihren Tränen bereits, als sie sich umdreht und zurück im Haus verschwindet. Als sie nach einer Viertelstunde nicht wieder erscheint, ruft er ihr Handy an.
Abgestellt. Aha, die junge Dame schmollt. Also klingelt er an der Haustür, die geöffnet wird von anscheinend Yasmins Vater. Groß und imposant mit reichlich angegrauten Haaren und ziemlich unfreundlicher Miene fragt der, zu wem er wolle. Auch er mustert sein Gegenüber und ist nicht gerade von dessen Erscheinungsbild angetan. Was will denn dieser Mensch von Yasmin, das kann doch nur eine Verwechslung sein. Ehe er noch viel fragen kann, erscheint Yasmin in einem rosa Röckchen der Görli-Generation mit Stiefelchen und züchtigem Pulli.
Sie eilt am Stiefvater vorbei – fast ungeschminkt:
„Hi, Papa“, - schon ist sie an ihm vorbei und an Adrians Lincoln , einem Ami-Schlitten. Reißt selbst die schwere Tür auf und dreht sich auch nicht mehr um.
Verblüfft grüßt BO kurz zum Vater hin und folgt ihr.
„Was war denn das jetzt für eine Aktion“, wundert er sich.
Schweigend fahren sie zu der verabredeten Bar, und Adrian muss sie nun so akzeptieren, wie sie sich zurechtgemacht hat. In seinem Ärger hatte er eigentlich vor, zu sich zu fahren und sie mit neuen Sachen nach seinem Geschmack anzuziehen. Um sie zu besänftigen, holt er jetzt gleich den Schmuck aus der Tasche. Sie freut sich tatsächlich ziemlich, obgleich sie von Hause aus besseren von der Großmutter geerbt hat. Adrian wollte ihr den Schmuck erst nachts geben, wenn sie bei ihm zu Hause sein würden, aber, nun gut, spielt ja keine Rolle.
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