Du bist der Mittelpunkt, wo sich alles begegnet. Du erstreckst Dich über alle Dinge und ziehst alles hin zu Dir. Ich liebe Dich, denn Du gibst Dich mit Deinem Leib und Deiner Seele in die ganze Schöpfung, das Leben und die Materie.
Jesus, Du bist sanft wie ein gütiges Herz, glühend wie eine unbändige Kraft, innig wie das Leben. Dir gebe ich mich hin. Du leitest und befreist mich. Ich liebe Dich wie die Welt, die mich verführt hatte. Jetzt sehe ich’s: Du bist es, den die Menschen, meine Brüder und Schwestern, durch die Magie des großen Kosmos fühlen und aufsuchen, sogar jene, die nicht glauben.
Du bist das Zentrum, Jesus, auf das hin sich alles zu–bewegt. Bitte räume uns, wenn möglich, einen kleinen Platz ein unter den auserwählten vollkommenen Monaden, die Du sorgfältig eine nach der anderen aus dem gegenwärtigen Chaos herauslösest und allmählich in der Einheit der Neuen Erde in Dir zusammenführst.
Amen
2 Die Essenz von Teilhards Entwicklungsvision
1. Je komplexer, desto bewusster
Im Lauf der Erdgeschichte entstanden immer komplexere Formen: Atome, Moleküle, Zellen, Mehrzeller. Indem sich so die Materie immer stärker verdichtete, zeitigte sie immer höhere Formen bewussten Seins. Die ganze Evolution ist geprägt durch ein kontinuierliches Streben nach ‚Mehr-Sein‘, gemäß der Formel: je komplexer, desto bewusster.
2. Selbstbewusstsein als vorläufiger Höhepunkt
Mit dem menschlichen Gehirn erreichte die Komplexität der Materie ihren vorläufigen Höhepunkt. Sie ermöglichte ein Bewusstsein, das sich selber bewusst ist, das über sich selber reflektieren kann.
3. Die Evolution geht weiter
Physisch scheint die Evolution mit dem homo sapiens sapiens abgeschlossen zu sein. Aber sie geht in einer anderen Weise weiter, nämlich auf der seelisch-geistigen, kulturellen und sozialen Ebene des Menschen.
4. Eine Geistsphäre rund um die Erde
Während einer längeren Expansionsperiode besiedelte der Mensch sämtliche Kontinente und Landstriche, selbst die unwirtlichsten. So entstand allmählich, zusätzlich zur Biosphäre, eine ‚Geistsphäre‘ rund um die Erde.
5. Ansteigen der psychischen Temperatur durch Verdichtung
Durch die ständige Zunahme der Weltbevölkerung (gegenwärtig 80 Millionen jährlich) wird es wegen der gekrümmten, nicht ausdehnbaren Erdoberfläche immer enger auf der Erde. Es kommt zu einer neuen Art Verdichtung, diesmal der Menschen untereinander. Dadurch erhöht sich die ‚psychische Temperatur‘ der Menschheit. Das führt zu großen Spannungen und Konflikten.
6. Verstärkung des globalen Bewusstseinsfeldes
Diese ungemütliche Situation ist ein notwendiges Durchgangsstadium, denn die obige Formel gilt auch hier: je komplexer, desto bewusster. Durch die Verdichtung verstärkt sich auch das globale Bewusstseinsfeld. Die Menschen werden einsichtiger, die Wissenschaft erkennt immer größere Zusammenhänge. So wird uns allmählich bewusst, dass im Universum alles mit allem zusammenhängt, dass die Zukunft offen und gestaltbar ist, und dass das Potenzial und die Verantwortung für die Weiterentwicklung bei uns liegen.
7. Die Menschheit ist ein Organismus
Daraus erwächst die Einsicht , dass die Menschheit nur überleben kann, wenn sie sich als ganzheitlichen Organismus organisiert. Diese Einsicht führt zu globalem Denken und zu einem Gefühl der Zusammengehörigkeit.
8. Der Sinn fürs Ganze
Die ganze kosmische Entwicklung muss sinnvoll, irreversibel und unvergänglich sein, sonst würden die Menschen nicht nach ‚Mehr Sein‘ streben und ihr Engagement für eine gemeinsame Zukunft würde rasch erlahmen. Mit dem Bewusstsein, eine spezialisierte Zelle im Menschheitskörper zu sein, wächst in immer mehr Menschen ein ‚Sinn fürs Ganze‘, das Bedürfnis, diesem Ganzen zu dienen und Mitverantwortung zu übernehmen. Das kosmische Streben nach ‚Mehr sein‘ drückt sich im Menschen aus als Glaube an etwas Ganzes, Vollkommenes. Dahinter stecken die Ur-Sehnsucht nach Vereinigung und das Verlangen, selber ganz zu werden.
9. Die Entwicklung ist konvergent
Die kosmischen Entwicklungen sind konvergent; alles tendiert dazu, zusammenzustreben. Die Menschheit macht da keine Ausnahme; sie strebt zu einem konvergenten Zielpunkt: Omega. Das heißt, das Drängen von unten und eine Anziehungskraft von oben zieht und treibt die Menschheit in einem sich verjüngenden Spiralengang auf ein höchstes Zentrum hin zu ihrer Vollendung.
10. Gemeinsame Ganzwerdung
Individuelle Vervollkommnungsversuche führen in die Vereinzelung. Nur das Bemühen um die gemeinsame Ganzwerdung bringt uns weiter. Doch der einzelne Mensch wird nicht untergehen in diesem Ganzen, sondern darin aufgehen; er wird darin aufgehoben sein, aber nicht damit verschmelzen, sondern sich darin sogar weiter differenzieren.
11. Ein personales Über-Menschliches
Sich hingeben kann der Mensch nur einem Größeren als er selbst, einem Über-Menschlichen. Aber dieses Größere kann nicht ein Etwas sein, sondern muss ein Jemand, also personhaft im Sinn von höchst-bewusst sein.
12. Das personhafte Göttliche
Dieses Personhafte kann man als göttlich bezeichnen; es offenbart sich im Menschen, und so kann er zu ihm in Beziehung treten. Für Christen ist es der ‚kosmische Christus‘ als Kraftquelle und Anziehungskraft zugleich.
Naturwissenschaftliche Entwicklungstheorie und christliche Heilslehre sind so gesehen nur zwei verschiedene Ansichten desselben Prozesses.
13. Vollendung durch Liebe
Dadurch findet der Mensch zu einer neuen Form der Liebe, zu wahrer Nächstenliebe. Seine egozentrischen Bedürfnisse vermindern sich allmählich. Das ist ein ebenso schmerzlicher wie freudiger Prozess. So fügt sich der Mensch immer mehr dem mystischen Leib Christi ein, und durch diese Eingliederung wird er vollendet. Denn im Verlauf dieses Prozesses verwandelt sich sein ganzes Wesen.
14. Die Wiederkunft Christi
Durch die liebevolle Vereinigung einer zunehmender Zahl verwandelter Menschen verstärkt sich die Anziehungskraft des über-menschlichen Brennpunkts immer mehr, bis in einem kosmischen Moment ein gewaltiger Impuls alle Menschen guten Willens blitzartig erfasst (= die Wiederkunft Christi) und sie als Einheit in eine neue, göttliche Dimension durchbrechen.
PGB 2010
Angeregt durch die spirituelle Entwicklungstheorie und die Zukunftsvision von Pierre Teilhard de Chardin , hat Pia Gyger zusammen mit Maria-Christina Eggers einen christlichen Einweihungsweg für unsere Zeit konzipiert (siehe Literatur am Schluss). Er besteht aus vierzehn Schritten, die dem traditionellen Kreuzweg entsprechen. Der Weg Jesu wird so zum eigenen Weg, einem aktiven Aufsteigen ins geistige Licht.
Die vierzehn Stationen
1. Mache dich auf den Heimweg
2. Umarme die Macht des Wortes
3. Richte dich auf die Freude aus
4. Erwache zur Macht der Liebe
5. Entfalte Mut zum Sein
6. Öffne deine Sinne für Schönheit und Würde
7. Befreie die Ohnmacht
8. Wende dich der Tiefe des Herzens zu
9. Wirke mit am Erwachen der Menschheit
10. Entfalte die neue Frau, den neue Mann
11. Sprich das Licht im Dunkel unserer Zeit an
12. Feiere das Leben
13. Segne, was tot ist in deinem Herzen
14. Bist du bereit?
Die ersten sieben Stationen dienen der eigenen Entfaltung und Selbsterkenntnis. Sie bewirken ein höheres Bewusstsein. Die achte Station bildet den Wendepunkt und die Umkehr. Die weiteren Stationen sind dem Umgang mit dem Licht und der Wandlung zum ‚neuen Menschen‘ gewidmet. Auf der 14. Station geschieht die Weihe zur Priesterin, zum Priester der ‚kosmischen Wandlung‘.
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