ZEIT ONLINE - Prag

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Finden Sie sich mit unserem City Guide Prag an den schönsten Orten der Stadt wieder. Lauschen Sie mit uns der Moldau, wie sie um die Kampa fließt und zum weltverbessern anstiftet. Lassen Sie sich von uns an den Ort führen wo schon vor langer Zeit Romane spielten. Von der Tram aus blicken wir gemeinsam auf prächtige Fassaden und hinter diesen Gemäuern speisen und feiern wir das Leben.

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung Einleitung Prag ist schön, alt und ziemlich schräg. Wir fahren Straßenbahn mit dem Schriftsteller Jaroslav Rudiš, essen feinen Schinken, tanzen in Gewölben und streicheln, wenn keiner hinschaut, den heiligen Nepomuk. Lassen Sie sich bezaubern wenn sich die Nebelschwaden über der Moldau lichten und wir einen Blick auf und hinter die prächtigen Fassaden dieser in Schönheit gestorbenen Metropole werfen. Hier finden Sie eine Übersicht der ZEIT City Guides sowie weitere E-Books von ZEIT ONLINE www.zeit.de/ebooks .

Als hätte man auf uns gewartetIn Prag lauert der Zauber hinter jeder Ecke. Eine Tramfahrt vom Hradschin bis in die Bierkaschemme.

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Impressum

Einleitung

Prag ist schön, alt und ziemlich schräg. Wir fahren Straßenbahn mit dem Schriftsteller Jaroslav Rudiš, essen feinen Schinken, tanzen in Gewölben und streicheln, wenn keiner hinschaut, den heiligen Nepomuk.

Lassen Sie sich bezaubern wenn sich die Nebelschwaden über der Moldau lichten und wir einen Blick auf und hinter die prächtigen Fassaden dieser in Schönheit gestorbenen Metropole werfen.

Hier finden Sie eine Übersicht der ZEIT City Guides sowie weitere EBooks von - фото 1

Hier finden Sie eine Übersicht der ZEIT City Guides sowie weitere E-Books von ZEIT ONLINE www.zeit.de/ebooks.

Als hätte man auf uns gewartet

In Prag lauert der Zauber hinter jeder Ecke. Eine Tramfahrt vom Hradschin bis in die Bierkaschemme.

VON STEFANIE FLAMM

Was sind das für Menschen die behaupten Prag sei die Magie abhandengekommen - фото 2

Was sind das für Menschen, die behaupten, Prag sei die Magie abhandengekommen? Sind sie blind oder blöd oder einfach so verliebt in die alten Schwarz-Weiß-Fotos von der zerbröckelnden Stadt, dass sie gar nicht merken, was da unter den Gerüsten zum Vorschein kam?

Die lebensgroße Steinmutter, die auf einer Säule an der Spálená-Straße mit entblößter Brust ein Still-in veranstaltet, könnte man noch als frivole Entgleisung abtun. Doch was ist mit dem heiligen Hubertus, der drüben auf der Malá Strana, der Kleinseite, so comichaft seinen Hirsch anbetet, dass es schon an Blasphemie grenzt? Mit den Totenköpfen auf dem Jugendstilhaus in Vinohrady, den riesenhaften Stuckbabys, die wohlgenährt auf einem Fassadenvorsprung in der Národní třída herumtanzen?

Jugendstil, klar, bombastisches Ornament dito, Kafka, Golem, spitze Türme und alte Friedhöfe, das erwartet man von der Stadt, die sich seit Jahren erfolgreich als in Schönheit gestorbene Metropole vermarktet. Doch irgendwie scheint da noch was hinter den prächtigen Fassaden zu lauern, angenehm verrückt, ein leises Augenzwinkern, das einem zu verstehen gibt, dass das alles so ernst nun auch nicht gemeint ist.

Am großen, in Zeiten von easyJet viel zu großen Prager Hauptbahnhof treffe ich Jaroslav Rudiš, den Mitteleuropäer unter den jüngeren Prager Schriftstellern. Er liebt es, in das versunkene Universum Österreich-Ungarns einzutauchen, um zu schauen, was davon heute noch Bestand hat. Vielleicht kann er mir erklären, was mit dieser Stadt los ist? Rudiš schlägt vor, eine Runde mit der Straßenbahn zu fahren.

Er ist ein leidenschaftlicher Nutzer des öffentlichen Personenverkehrs. Die meisten seiner Romane spielen in Bussen und Bahnen. »Meine Welt ist ein riesiges Schienennetzwerk, in dem alles mit allem verbunden ist, obwohl es längst nicht mehr richtig zusammenpasst«, sagt er, während wir unter der Bahnhofsrotunde stehen, die jeder Kirche Ehre machen würden.

Jugendstil klettert die Säulen hinauf, Licht fällt durch schmale Fensterspalten hinab. In dem Lokal an der Stirnseite trifft der Held aus seiner auch auf Deutsch erschienenen Graphic Novel Alois Nebel (Zeichnungen: Jaromir 99) die Liebe seines Lebens. Leider ist es geschlossen. Bewirtschaftungswechsel. Egal, wir wollen sowieso los.

Zwischen dem Nationaltheater und dem Haus mit den Riesenbabys steigen wir in die Linie 22. Zwischen Hostivař und Bílá Hora, dem ganz neuen und dem ganz alten Prag, verkehren noch immer die alten roten Bahnen aus den sechziger Jahren; die Stadt scheint zu wissen, wie sehr wir Touristen das mögen.

Drinnen zieht Rudiš sich erst mal den Mantel aus. Unter jedem der rot-grauen Schalensitze gibt es eine kleine Heizung, die es nicht kümmert, dass der Sommer zurückgekehrt ist. Über die Moldau schippern noch die letzten Tretboote. Dann taucht die Bahn auch schon ein in das Gassengewirr der Kleinseite. Oft beschrieben, oft verhöhnt, diese Mischung aus Klimbim und Kitsch und Knödeln. Doch als sich dann die zackige Silhouette des Hradschin vorm Horizont aufbaut, versuche auch ich, ein Foto zu machen. Vergeblich. Die größte zusammenhängende Burganlage Europas sprengt jedes Display.

In der ehemaligen Schaltzentrale des Heiligen Römischen Reiches kamen schon andere auf dumme Gedanken. Gold im Reagenzglas züchten, kaiserliche Beamte aus dem Fenster stürzen und so weiter. Der aktuelle Bewohner der Prager Burg, Präsident Klaus, hat nach seinem Einzug erst mal die Europaflagge einholen lassen, um der Welt zu zeigen, dass Brüssel einem Prager Burgherrn gestohlen bleiben kann.

Die letzten Touristen verlassen die Bahn, doch Rudiš und ich wollen weiter hinaus. Nach der nächsten Schleife können wir dem tschechischen Präsidenten fast aufs Dach gucken. Das ganze Ausmaß der goldenen Herrlichkeit wird einem hier erst so richtig klar. Und ein bisschen kann ich verstehen, dass man selbstherrlich wird, wenn man jeden Tag so ein Panorama hat.

Rudiš ist da strenger. Wie Tschechen, die sehr jung waren, als die Freiheit kam, ist er noch ein Bewunderer von Václav Havel. Dem, wie er sagt »einzigen Rock ’n’ Roller, der je ein Staatsamt bekleidet hat«. Als Havel Anfang der neunziger Jahre die Rolling Stones zu sich einlud, hatte Rudiš das Gefühl, endlich angeschlossen zu sein an die globale Popkultur, die er so lange nur aus der Ferne beobachtet hatte. In die Keller Prags zogen Clubs und Kneipen, die alten Cafés wurde restauriert. Und wenn man Rudiš so reden hört, bekommt man den Eindruck, als habe die Stadt eine lange, rauschhafte Party gefeiert; die Gäste kamen aus aller Welt, darunter viele Amerikaner. »Weil Prag so schön war, so alt – und so billig.«

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