Edgar Wallace - Der Derbysieger

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John Pentridge hat in einem Spielcasino in Monte Carlo unerwartetes Glück. Währenddessen geschieht in der Stadt ein Mord und John Pentridge reist überstürzt nach London ab, wo das große Derby in Epsom stattfindet. Ist hier ein Wettbetrüger am Werk? Detektiv Milton Sands will dem Scharlatan auf die Schliche kommen. Spannende Unterhaltung vom Großmeister der Kriminalliteratur.

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LUNATA

Der Derbysieger

Der Derbysieger

Kriminalroman

© 1918 by Edgar Wallace

Originaltitel Down under Donavan

Aus dem Englischen von Ravi Ravendro

© Lunata Berlin 2020

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

1

Verteufeltes Pech!«

Die lauten, barschen Worte übertönten die Unterhaltung an dem großen Tisch, und die Spieler sahen einen Moment auf. Je nach Temperament und Veranlagung schauten sie neugierig oder ärgerlich auf den älteren Mann, der sich eben erhoben hatte. Sein abstoßendes Gesicht mit den grauen Bartstoppeln zeigte eine fahle Blässe, als er wütend um sich blickte.

Er trug einen schäbigen Smoking, der wenig zu seiner vornehmen Umgebung paßte. Sein weißes Hemd war nicht ganz sauber und zerknittert, und als er vom Tisch zurücktrat, sah man seine ausgefransten Hosen und die geflickten Lackschuhe.

Mit zitternder Hand fuhr er sich durchs Haar. Seine Gesichtsmuskeln zuckten, und sein ganzes Benehmen ließ den Kenner darauf schließen, daß er rauschgiftsüchtig war.

»Dieses verdammte Monte Carlo!« rief er unbeherrscht. »Niemals habe ich in diesem entsetzlichen Nest Glück! Ich gehe nach Nizza – jawohl!«

Weder sein Verhalten noch seine äußere Erscheinung ließen sich mit seinen Tischnachbarn in Einklang bringen. John Pentridge war ein heruntergekommener, mittelloser Mann.

Einer der Kasinobeamten näherte sich ihm.

»Wäre es nicht besser, wenn sich Monsieur außerhalb des Spielsaals etwas erholen wollte?« fragte er leise und höflich.

Pentridge starrte ihn wild an.

»Ich bleibe hier!« brüllte er. »Erst haben Sie mich um mein Geld gebracht – was wollen Sie denn jetzt noch?«

»Sie stören die anderen Spieler«, erklärte der Angestellte ruhig. Zwei seiner Kollegen eilten ihm zu Hilfe.

»Ich bleibe hier – was fällt Ihnen ein! Wollen Sie wohl Ihre Hand von meinem Arm nehmen?«

Aber sie hatten ihn schon fest gepackt und führten ihn durch die großen Flügeltüren aus dem Spielsaal.

Er wollte sich zur Wehr setzen; der stahlharte Griff der beiden Leute überzeugte ihn jedoch davon, daß er nicht die geringste Aussicht hatte, etwas gegen sie auszurichten.

»Morgen komme ich wieder!« rief er, als sie ihn gerade durch die Tür schleppten. »Ich komme wieder, sage ich euch, ihr Lumpen. Und dann habe ich so viel Geld, daß ich das ganze Spielernest aufkaufen kann. Ihr Spitzbuben sollt einmal nach meiner Pfeife tanzen ...«

Als sie im Vorsaal waren und ihn an die frische Luft setzen wollten, wurde der widerspenstige Mensch plötzlich ruhig und schrak zurück.

Die Beamten glaubten, daß er ihnen erneut Widerstand leisten würde, und wollten gerade scharfe Maßnahmen gegen ihn anwenden.

»Nein – nicht dahin«, sagte er atemlos und entsetzt. »Sehen Sie die Frau da – der darf ich nicht begegnen. Lassen Sie mich auf einem anderen Weg hinaus.«

Die letzten Worte hatte er schnell in Französisch gesprochen. Die Kasino-Angestellten folgten seinen Blicken und bemerkten eine junge Dame, die gerade auf sie zukam.

Sie war ungewöhnlich schön und elegant, wenn auch unauffällig gekleidet. Abweichend von den üblichen farbenfreudigen Abendtoiletten trug sie ein enganliegendes schwarzes Kleid und einen kleinen schwarzen Hut. Sie war anscheinend eben erst mit dem Auto angekommen, denn sie hatte einen dunklen Staubmantel über dem Arm. Ein schlanker, grauhaariger Herr begleitete sie. Offenbar wollten sie in den Spielsaal gehen.

»Schnell einen anderen Weg«, stöhnte der Gefangene. Er zeigte nicht mehr die geringste Aufsässigkeit, nur Schrecken und Angst prägten sich in seinen Zügen aus.

»Rechts«, sagte der Kasinobeamte, der Mitleid mit dem Alten zu haben schien.

Sie brachten den unliebsamen Gast durch eine Seitentür in einen kleineren Salon und führten ihn von hier aus auf eine Terrasse.

»Monsieur«, erklärte der Beamte mit vollendeter Höflichkeit, »im Namen der Direktion muß ich Ihnen den Rat geben, die Spielsäle des Kasinos nicht wieder zu betreten.«

John Pentridge wischte sich die Stirn mit einem schmutzigen Taschentuch.

»Woher kommt sie bloß?« fragte er, ohne sich um seine Begleiter zu kümmern. »Das ist das Ende. Ich muß das Geschäft noch heute Abend abschließen.« Die letzten Worte hatte er in Englisch gesprochen. »Wie ein Hund muß man leben, überall herumgehetzt, von einer Stadt zur anderen, von einem Land zum anderen –«

Plötzlich wandte er sich wieder den Kasinoleuten zu.

»Für heute Abend habt ihr mich erledigt«, sagte er höhnisch. »Aber morgen komme ich wieder! Dann kaufe ich mir das ganze Kasino! Und die ganze Rasselbande dazu!«

Nach dieser Drohung verließ er die Terrasse mit unsicheren Schritten, erreichte die große Freitreppe vor dem prachtvollen Gebäude des Spielklubs und verschwand in der Menge.

Aber er war beobachtet worden. Ein ungefähr gleichaltriger und ebenso schlechtgekleideter Mann folgte ihm auf der breiten Straße.

Pentridge wandte sich wütend um, als er eine Hand auf seinem Arm fühlte.

»Hallo, Penty«, sagte der Fremde freundlich, fast unterwürfig. »Du wirst doch deinen alten Kameraden nicht im Stich lassen. Kennst du den alten Chummy nicht mehr? Wir haben doch mehr als ein Ding miteinander gedreht.«

Pentridge sah ihn ärgerlich an.

»Ach so, du bist es«, versetzte er böse. »Was willst du denn von mir?«

»Meinen Anteil will ich haben, Penty.«

Sie kamen gerade unter einer elektrischen Bogenlampe vorüber, und das Licht enthüllte erbarmungslos die tiefen Furchen in seinem Gesicht. Seine kleinen Augen blitzten feindlich auf.

»Haben wir nicht seit Jahren zusammengearbeitet?« fragte er mit brüchiger Stimme. »Haben wir uns nicht miteinander durch die ganze Welt geschlagen? Penty, denkst du noch an die alten Tage in Melbourne? Ich wünschte, wir wären wieder in Australien. Weißt du noch, wie Carbine damals in Flemington das große Rennen machte?«

»Hör mal zu, Chummy«, erwiderte Pentridge aufgebracht. »Weil wir uns zufällig früher mal im Gefängnis kennengelernt haben und nun beide auf der Straße liegen, habe ich noch lange keine Ursache, für dich zu sorgen. Du hast stets deinen Anteil bekommen.«

»Aber nicht von der großen Sache«, widersprach Chummy. »Ich meine die große Entdeckung. Darauf habe ich nämlich schon all die Jahre gewartet, daß wir die zu Geld machen könnten. Hier in Monte Carlo ist ein reicher Kerl, ein Rumäne. Er hat schon überall von der Erfindung erzählt, die er jetzt kaufen will, und so habe ich auch davon gehört. Ich bin doch daran beteiligt, denn ich habe dir geholfen, die Pläne zu klauen. Und wenn du nicht mit mir teilen willst, kann ich ja heute Abend noch zu einer gewissen jungen Dame gehen, die gerade mit dem Auto nach Monte gekommen ist.« Seine Stimme klang drohend. »In einer Stunde fährt sie nach Marseille zurück. Wenn ich der sage, daß ...«

»Halt das Maul«, zischte Pentridge. Er war so erregt, daß seine Lippen zuckten. »Komm mit, wir wollen die Sache in aller Ruhe besprechen. Geh aber nicht neben mir, sondern bleibe in einiger Entfernung – ich will nicht, daß man uns hier zusammen sieht.«

Er ging durch die belebten Straßen Monte Carlos zu dem vornehmen Villenviertel der reichen Leute, das abseits des regen Verkehrs lag, und bog schließlich in den Torweg eines großen Hauses ein.

»Wohin gehst du denn?« fragte Chummy und blieb argwöhnisch stehen.

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