Es kann aber noch bedeutend schlimmer kommen.
Es folgt dann irgendwann ganz sicher der erste stundenlange Ausflug bei –30 Grad Celsius und einem Schlitten mit dem „Sohni“ darauf. Bis zur völligen Erschöpfung geht es dann immer wieder den Rodelberg, mit dem Schlitten und dem fast schon 15-2o kg schweren Nachwuchs darauf, hinauf und dann mit ihm freudestrahlend wieder in rasender, fast tödlicher Fahrt den steilen Berg hinunter. Die an der tropfenden Nase des „starken“ Vaters immer wieder hängenden Eiszapfen werden mit einem Lächeln auf den blau gefrorenen Lippen kurzerhand mit seiner geschundenen Schlittenzughand abgeschlagen = Vorbildwirkung.
Die nächste Steigerung der auf Grund der Vaterschaft auferlegten Belastungstests ist dann der Besuch des städtischen Freibades im darauf folgenden Hochsommer.
Wassertemperatur im Planschbecken von 18-20 Grad Celsius und Vati „muss“ mit dem Sohn fast bis zu den Knien in der Kälte stehend hinein und auch noch Himmel hoch jauchzen. Wenn dann die Lippen des Erzeugers auf Grund des etwas untertemperierten Badewassers nach zwei Stunden Fußbad alles Blut verloren haben, dann heißt es durchhalten. Der kleine Kerl hat zwar auch schon die gleiche Lippenfarbe, aber er will absolut noch nicht aus dem feuchten Element. Also eine Sommergrippe unter die strapazierfähige Vaterhaut gezogen und es wird schon wieder werden.
Aber dann eines schönen Tages kommt er an die Grenzen seiner Möglichkeiten und er dankt irgend einem Gott, wenn der „Sohni“ endlich seine Volljährigkeit erreicht hat und der Papa noch am Leben ist.
Ich spreche hier immer noch aus diversen eigenen Erfahrungen und kann mehrere Eide auf was auch immer leisten.
Der „Sohni“ wird Sohn und etwas älter und natürlich wird es zwangsweise auch der gestresste Vater.
Kein Vater dieser Welt kann mit Bestimmtheit vorhersagen, was er sich im Laufe der Vater-Sohn-Beziehung auf Grund der niemals versinken dürfenden Autorität alles antun muss.
So erging es letztendlich auch mir.
Ich hatte mittlerweile die Schallmauer der 50 Lebensjahre sicher überstanden und auf Grund verworrener Lebenssituationen meinen 14-jährigen Sohn an meiner starken Vaterseite.
Es kam dann, wie es bestimmt nicht nur bei mir kommt und es war nicht zu verhindern (nicht was Sie gerade denken!).
Der Urlaub von mir und die Ferien des pubertierenden jungen Mannes fielen in den gleichen Zeitraum. Freizeitpark war vom Sohn angesagt und was war da naheliegender, als sich mal die z.Zt. höchste Achterbahn Europas näher anzuschauen.
Ich betone – anzusehen!
O.K. – Sohn ins Auto geladen, Freund vom Sohn dazu und die liebste Lebensgefährtin auch noch gut verstaut. Frohen Mutes und im Morgengrauen in Richtung „Hollyday-Park“. Hollyday heißt, wenn ich richtig informiert bin – glücklicher Tag oder so ähnlich.
Wir trafen im Viererpack fast als eine der ersten glücklichen Tagesgestalter am Haupteingang der Volksbelustigung ein. Schon von Weitem konnten wir das imposante Bauwerk der Achterbahn erspähen.
„Da fahren wir unbedingt Mal mit!“ ,hörte ich es hinter mir noch im Auto aus zwei tapferen Knabenkehlen. Mir lief es sofort eiskalt den Rücken hinunter – Autorität!
Viele Möglichkeiten hatte ich leider nicht. Nicht mitzufahren bedeutete auf Lebenszeit gezeichnet zu sein und mitzufahren vielleicht den ersten Herzinfarkt. Nun mit 52 Lenzen hat man im allgemeinen schon reichlich gelebt und andere sind schon viel früher von dieser Erde verschwunden. Also mein Gesicht wahren und dem Tod „mutig“ ins Angesicht sehen.
Ich weiß nicht, ob schon sehr viele meiner Leser 62 Meter hoch irgendwo an einer Kante gestanden und dann in die tödliche Tiefe geschaut haben – ich jedenfalls bis zu diesem Tag noch nicht.
Die Tore des Freudenparkes öffneten sich pünktlich und ich erkundigte mich im Namen der beiden jungen Männer mit einer leichten Blässe im Gesicht nach dem kürzesten Weg zu dieser Todesfahrt. Auf Grund meiner stattlichen Allgemeinbildung war mir voll bewusst, auf was ich mich da einlassen würde, was man von den beiden jungen Draufgängern ganz bestimmt nicht behaupten konnte.
Aber es gab wirklich kaum eine Alternative und binnen weniger, fast schon gerannter Schritte standen wir alle vier vor dem Monster von einer Achterbahn. Beim Blick zur Spitze dieses Eisenriesen habe ich mir fast noch das Genick verbogen und hätte somit eine Change gehabt, davon Abstand nehmen zu können. Aber eben nur f a s t.
Jetzt hieß es instinktiv nur noch, nicht mehr nachdenken, sondern schnellstens die Sache hinter sich bringen. Die allererste Achterbahnfahrt des Tages gehörte uns drei „Männern“, denn was meine allerbeste Lebensgefährtin war, so konnte diese zwar Kinder gebären, aber nicht mit der Achterbahn fahren. Mein Verhängnis war wahrscheinlich auch noch, dass wir die erste Fahrt an diesem Tag waren und somit bisher noch keine andere live vor uns beobachten konnten. Ich also hinter den beiden Supermännern Platz genommen, von einem Sicherheitsbügel auf alle Zeit fest eingeklemmt und dann unaufhaltsam in Richtung blauem Himmel gerollt.
Höhe hat mir eigentlich bisher noch nie etwas bedeutendes ausgemacht – zumindestens nicht daheim auf einer Malerleiter.
Aber wenn es immer höher geht und rechts und links keine Mauer mehr ist, sondern es in tödliche Tiefe geht – dann ist das sicher etwas ganz anderes. Fast oben angekommen, hatte sich meine unten zurückgebliebene allerbeste Lebensgefährtin auf Hosentaschengröße verkleinert und ich sah in weiter Ferne gerade noch ihr freundliches Winken.
Dann folgte das Grauen in Person.
62 Meter hoch und dann ging es schlagartig 82 Grad (nicht Celsius, sondern im Winkel von) fast senkrecht nach unten. Ein zu diesem Zeitpunkt an mir angeschlossenes EKG-Gerät hätte höchstwahrscheinlich komplett seinen Geist aufgegeben. Die erlebte Situation ist nur noch mit dem Blick in den weit geöffneten Rachen eines sehr hungrigen Löwen zu vergleichen. Nach ca. 2-3 Minuten war der Höllenritt nach weiteren Extremen endlich vorbei und alle drei Männer wieder am Boden der Tatsache angekommen. Wie auch immer ich äußerlich ausgesehen habe, die beiden jungen Einzelkämpfer waren auch noch einige Zeit danach recht sprachlos zu hören.
Ich kann jedem Vater eines Sohnes oder auch einer Tochter nur raten, diese Achterbahn wenigstens einmal zu fahren. Die dadurch errungene Achtung des Nachwuchses jeglichen Alters vor dem Herkules von einem Vater kann gleich mal einige Jahre bestand haben.
Bloß ich weiß eines mit Bestimmtheit von mir persönlich sagen zu können – noch einmal tue ich mir diese Tortour ganz bestimmt nicht an und wenn sich mein Junior für alle Zeit von mir lossagen wird.
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