Ulli Schwan - Mord im Zeppelin

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Geister, Séancen, verschwundene Juwelen, gestohlene Croissants und dann auch noch Mord? Miro und Rebeka Berlioz sind sich einig: an Bord des Zeppelins Demetrio geht es nicht mit rechten Dingen zu.
Ist es Zufall, dass die Cabes, Geisterjäger und berühmte Autoren, an Bord sind? Wird das Luftschiff wirklich von einem Geist heimgesucht oder nutzt jemand nur die gute Gelegenheit, um die abscheuliche Gräfin von Brauntroet zum Schweigen zu bringen? Verdächtig ist fast jeder an Bord, denn alle hätten einen guten Grund für einen Mord: die beiden französischen Militärs, der schottische Lord, die schweigsame Zofe, das mysteriöse Medium, der abenteuerlustige Pilot oder der deutsche Industrielle.
Zwischen San Francisco und Berlin, hoch über den Wolken, haben die Hobbydetektivin und der Bühnenmagier nur drei Tage Zeit, um mit Köpfchen und Finesse den Fall zu lösen – und weitere Tote zu verhindern!
"Mord im Zeppelin" von Natalie Masche und Ulli Schwan ist eine humorvolle Hommage an die bekannten und unbekannteren Detektive aus Landhaus- und Noir-Krimis. Im historischen Ambiente der goldenen Zwanziger ermitteln die beiden Amateur-Detektive Miro und Becky wie einst Nick und Nora mit Esprit und Cocktails nicht nur den Mörder, sondern auch das ein oder andere Geheimnis ihrer Mitreisenden.

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Warum soll der Tisch nicht rücken Der Klügere gibt - фото 1 Warum soll der Tisch nicht rücken Der Klügere gibt nach aus Dr Mabuse - фото 2

Warum soll der Tisch nicht rücken Der Klügere gibt nach aus Dr Mabuse - фото 3

Warum soll der Tisch nicht rücken? – Der Klügere gibt nach! (aus »Dr. Mabuse, der Spieler«)

In den Straßen von San Francisco

Samstag, 21. April 1923, San Francisco, Amerika

Mit einem forschen Hüftschwung warf Rebeka Berlioz die Tür des Taxis zu, was die Federn an ihrem Hut zum Schwingen brachte. Voller Tatendrang hakte sie sich bei ihrem Mann unter, der gerade den Taxifahrer bezahlte und durch die Aktion aus dem Gleichgewicht geriet.

»Stimmt so!«, rief er noch, bevor sie ihn herumzog, fort von dem Auto. Das Abendkleid aus rauchblauer Seide hatte die gleiche Farbe wie ihre Augen. Blondes, zu einer Wasserwellenfrisur gelegtes Haar wurde von einer silbernen Spange gehalten. Mit schnellen Schritten ging sie über die schmale Straße, hin zu ihrem Hotel, das sich zwischen die imposant hinaufragenden Gebäude schmiegte.

»Warum hast du es so eilig?«, fragte der untergehakte Miroslav Berlioz. Er war schlank gewachsen und von dunklem Teint, die schwarzen Haare perfekt frisiert. Braune Augen, in denen kindlicher Schalk schimmerte, blickten die Frau an seiner Seite neugierig an.

Alle Einwände die den Abend betrafen, waren verschenkt, das wusste Miro, denn Becky war heute nicht dazu aufgelegt, sich in irgendeiner Weise zurückzuhalten. Und warum sollte sie auch? Diese Nacht war ihre letzte in San Francisco und sie genoss es, Feste zu feiern.

Mit einem strahlenden Lächeln in Richtung des erschreckten Gentlemen, der gerade aus dem hell erleuchteten Eingang des Hotels Excelsior trat, drängte sie sich an ihm vorbei und – Miro im Schlepptau – in die Lobby.

Es war eine Vorhalle, die eher eine noble Klientel ansprach und sich dabei bemühte einzigartig zu sein, aus all den unzähligen Hotels hervorzustechen, die so gleich wirkten. Trotz seines geschulten Auges und den jahrelangen Reisen rund um die Welt konnte Miro jedoch nicht den Finger darauf legen, was diesem Haus fehlte und andere seiner Art dagegen aus der Masse hervorhob. Jedem Hotel waren die gleichen Ingredienzien eigen: Empfangstheke, Aufenthaltsraum mit bequemen aber stilvoll teuren Möbeln, geschäftige Hintergrundgeräusche von gedämpften Besprechungen, Schuhen und Gepäckkarren, wie hier bereichert vom hellen Klingeln der Aufzüge und dem leisen Klimpern des Pianospielers.

Doch manchmal war da mehr, eine Atmosphäre des Nach-Hause-Kommens oder des Besonderen eben. In diesem Hotel fehlte sie, obwohl es weder an der Einrichtung noch am Service etwas auszusetzen gab, wie er in den letzten Wochen hatte erfahren können.

Miro sah seine Frau an. »Hier endet dann also unser Abend. Ein würdiger Abschluss für …«

Bevor er den Satz beenden konnte, unterbrach ihn Becky lächelnd. »Aber nein, mein Lieber, du denkst doch nicht, dass ich nicht noch eine letzte Überraschung für dich hätte?« Ihre Augen glitzerten, als sie das sagte.

Sie drehte sich um und zog ihn mit Schwung in Richtung der drei Aufzüge im hinteren Bereich des Foyers. Vorbei an der fast deckenhohen Palme in der Mitte und den beiden mit rotem Samt bezogenen Chaiselongues daneben. Vor dem mittleren Aufzug blieb sie stehen.

Neben ihnen ging mit einem leisen Quietschen die Messingschiebetür des anderen Aufzugs auf und Miro warf einen Blick zur offenen Tür.

»Warte«, sagte Becky und grinste lausbübisch. »Wir müssen diesen Aufzug hier nehmen.«

Der im gleichen Moment auch mit einem leisen Surren vor ihnen hielt. Miro wurde mit einer kleinen Handbewegung in die Kabine gewunken, während sich Becky noch einmal verschwörerisch umsah, bevor auch sie in den Aufzug trat. »Hallo Eddie, die Ananas bitte«, sagte sie zu dem Aufzugführer und zwinkerte ihm dabei zu.

»Alles klar, Misses Berlioz, wird sofort gemacht.« Eddie, der Liftboy, drückte auf eine Taste mit einem großen »P«, grinste dann und steckte die Daumen in die Taschen seiner Pagenuniform. Der Aufzug fuhr sacht hinauf.

Miro sah seine Frau mit einer hochgezogenen Augenbraue an. Er wusste, dass sie heute mit dem Direktor des Hotels zu Mittag gegessen hatte, um eine mögliche Investition in sein Haus zu besprechen. Das war ihr Auftrag auf dieser Reise gewesen: Während er im Westen der USA eine Reihe von Zaubershows abgehalten hatte, mit überragendem Erfolg, wohlgemerkt, hatte Becky im Namen ihrer Familie mit einigen Hotels verhandelt, um das Auslandsgeschäft der Hoteliers Rose zu erweitern.

Eine große Aufgabe, in die sie bravurös hineingewachsen war, wie er zugeben musste.Sie hatte ein Talent dafür, das Außergewöhnliche zu finden. Als er sie kennengelernt hatte, war sie eine der üblichen Damen der guten Gesellschaft gewesen, ihre Tage hatten aus Kaffeekränzchen, Spendengalas, Lokaleröffnungen, Abendessen, Revuen und ungezählten Umtrünken bestanden. Ein Leben mit Klatsch und Tratsch, hun­derten Bekannten und wenigen Freunden.

Als dann vor fast einem Jahr, kurz nach ihrer schicksalhaften Begegnung in Marienbad, Beckys Vater gestorben war, änderte sich das alles grundlegend. Das leichte Leben einer reichen jungen Dame aus guter Gesellschaft war beendet, stattdessen begann sie, ihren älteren Bruder tatkräftig bei der Führung der Hotels zu unterstützen, aus denen die Familie ihren Reichtum bezog.

Plötzlich waren nicht mehr Gesellschaften Beckys Lebensmittelpunkt, sondern Gewinnmaximierung, Umsatz, Steuern und Verantwortung für hunderte Angestellte. Miro war überrascht gewesen von dieser Rebeka Rose, die sich den Gerüchten zum Trotz pragmatisch und ohne zu zögern in ihre neue Rolle eingefunden hatte.

In einem Punkt hatte sich Becky aber nicht verändert: Sie genoß das Leben – und damit auch das Feiern – immer noch in vollen Zügen. Vielleicht gerade wegen der Verluste in ihrer Familie. Er war also gespannt, was sie für den heutigen Abend arrangiert hatte.

»Ich wusste gar nicht, dass das Hotel ein Penthouse hat«, sagte er neugierig. »Und man kann es nur mit diesem Lift erreichen?«

Das stolze Grinsen des Liftboys strahlte mit den frisch polierten Knöpfen seiner Uniform um die Wette. »Is' nur für besondere Gäste, das Stockwerk da.«

Mit einem leisen Glockenschlag hielt der Aufzug – vor einer Wand aus roten Ziegeln.

Miro lächelte, denn er hatte eine ganz bestimmte Idee. »Kein Stromausfall, vermute ich«, sagte er leichthin, »eher eine Geheimtür, nicht wahr?«

Becky nickte anerkennend. »Eddie, wenn ich bitten darf.«

»Klar, Misses Berlioz.« Der Liftboy zog die Messinggitter beiseite, drückte auf einen der Ziegelsteine, und ging dann wieder einen Schritt zurück in seine übliche Position neben den schimmernden Hebeln und Knöpfen der Bedienelemente. »Viel Vergnügen!«, gab er ihnen noch mit auf den Weg.

Im Mauerwerk waren jetzt die Umrisse einer Tür zu erkennen, die sich schwungvoll öffnete. Stimmengewirr, Rauch und Charleston-Musik quollen durch die Öffnung in den Aufzug. Miro gab Becky einen flüchtigen Kuss; das hier war ganz gewiss etwas nach ihrer beider Geschmack. Eine Flüsterkneipe, ein Speakeasy, in dem man tanzen und trinken konnte.

Er sah sich um, sog lächelnd die übermütige Freude und Begeisterung der Menschen in diesem Raum ein, die sich mit dem Duft teurer Parfüms und billigen Alkohols vermischten und folgte seiner Frau in das lebhafte Gedränge.

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