Letztlich kommen auf dieser ‚Ausgabenseite’ noch hinzu die Kosten für ambulante & stationäre Reha-Maßnahmen, für stationäre Behandlungen und aber auch für Frühverrentungen und weitere Sozialleistungen.
Zwei Grundbedingungen (Paradigmen) sind seitens der Behandler m.M.n. stringent einzuhalten:
1) Jeder Patient, der über seit längerer Zeit bestehende Schmerzen klagt, muss einer individuellen, ganzheitlichen Diagnostik zugeführt werden (zuerst einmal muss er mit seinem Anliegen „ernst genommen“ werden und es sollten so auch vor dem Diagnostik-Ergebnis „Behandlungsversuche“ unterlassen bleiben!) und dann …
2) Steht die Diagnose, liegt also die Ursache der Schmerzen zutage, dann sollte nicht länger gezögert werden und mit einem auf den Patienten ausgerichteten – quasi „personalisierten“ – ganzheitlichen multi-modalen Therapie-Konzept begonnen werden nach dem Motto (abgewandelter Ausspruch des 5. Jesuiten-Generals Andrea Aqua-viva): „Fortiter in re, suaviter in modo!“ (frei übersetzt: kräftig in der Sache, vorsichtig in der An-wendung). D.h.:
Einem integrativem Behandlungskonzept i.S.e. synergistischen Symbiose bzw. eines symbiotischen Synergismus aus Möglichkeiten der wissenschaftlichen (Schul-)Medizin und denen der seriösen Biologisch-naturheilkundlichen Medizin.
Eindeutiges Primat kommt dabei der Schulmedizin zu; komplementär dazu Optionen der biologischen Medizin.
Ein solches Gesamtkonzept muss/sollte sich zusammensetzen aus folgenden „Bausteinen“:
a) Eigenleistungen des Schmerzpatienten (Schmerzmanagement/
Schmerz-Handling mit Selbstcontrolling, Compliance, körperliche Aktivitäten, Schmerz-Bewältigungs-Strategien, Entspannungsverfahren u.a.) +
b) arzneiliche Therapie(optionen) +
c) nicht-arzneiliche Behandlungsmaßnahmen .
Was die arzneilichen & nicht-arzneilichen Optionen angeht, so – bitte ins Gedächtnis zurückrufen: Wir sprechen hier von/über chronische Schmerz-Kranke und nicht über einen akuten Sachmerz-Zustand! – dazu die treffende Aussage von Dr. Gerhard H.H. Schwefele (Leiter des Schmerzzentrums DSG Göppingen & Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V.) [wenngleich eine solche Einrichtung nicht überall gleich um’s Eck zu finden ist / allerdings sind diese Zentren inzwischen hierzulande in zumutbarer Entfernung zu finden!]: …
„Optimal wäre eine Behandlung in einer „qualifizierten Schmerz-Ambulanz, einem Schmerz-Zentrum“, denn die dort tätigen Fach-Ärzte (Orthopäden, Chirurgen, Neurologen, Internisten, Psychologen/Psychiater) wissen, was gegen chron. Schmerzen getan werden kann …“.
Und er fuhr fort: … „Leider nehmen viele Schmerzpatienten diese Möglichkeit nicht wahr, bzw. sie werden nicht dorthin zugewiesen!“
Fazit:
Also muss für die Mehrzahl der chron. Schmerzpatienten dann das Bestmögliche (und das ist zumeist m.M.n. nur das Suboptimale!) aus Ihrer Situation gemacht werden.
Aktiv gegen den Schmerz:
Das ist das Paradigma für ein
„ multi-modales ganzheitliches Behandlungs-Konzept“ .
Aktiv von Seiten des Betroffenen und aktiv von Seiten des/der Behandler/-s.
Uneingeschränkt gilt für den chronischen Schmerz (so eine Aussage von Dr. G. Müller-Schwefele, die ich ergänzt habe): … „der unbehandelte bzw. der nicht adäquat behandelte Schmerz ist letzten Endes am teuersten“ …
Schmerzen: Definition
Vorweg:
Nach Prof. Dr. Hartmut Göbel (Leiter der Schmerzklinik Kiel der Uni Kiel und ausgewiesener und weltweit anerkannter Schmerz-Experte) muss bei Schmerzen unterschieden werden zwischen akuten & chronischen Schmerzen.
Akute Schmerzen – etwa beim Berühren der heißen Herdplatte – warnen meist vor möglichen/drohenden Schädigungen (eine Ausnahme: fehlendes Wärmeempfinden bei progredienter Polyneuropathie); sie motivieren uns, etwas für den eigenen Schutz bzw. die Heilung zu unternehmen.
Chronische Schmerzen oder chronische Schmerz-Krankheit: hier erfolgt keine Warnung, der Schmerz ist „einfach vorhanden“!
Und man kann ihn nicht einfach durch Behandeln der ‚Ursache’ heilen.
Fakt ist:
Die Krankheit ist der Schmerz selbst!
Der dauert über Wochen, Monate, Jahre.
Das Schlimme: man gewöhnt sich nicht daran .
Im Gegenteil: das Nerven-System wird immer schmerzempfindlicher! Der Übergang von einem akuten Schmerz(zustand) in einen chronischen bzw. chronifizierten ist vielmals fließend.
Fakt ist:
„Schmerzen, die länger als 3 bis 6 Monate anhalten, verlieren die Warnfunktion eines akuten Schmerzes und gehen über in die chronische Form!“, so Prof. Wolfgang Koppert (Direktor Anaesthesiolog. Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover & Präsident der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes - DSSG) und weiter …
„Sobald ein Schmerz chronifiziert/chronisch wird, ist er kein Symptom mehr, sondern eine ‚eigenständige Krankheit’ und sollte/muss als eine solche erkannt und behandelt werden!“
Ein veralteter Begriff ist Pein.
Medizinische Fachausdrücke sind Dolor (lat.) und Algesie (Gegenteil: Analgesie), in Wortverbindungen die -algie, die -algesie (alles von griechischalgos „Schmerz“) oder die -odynie (von griechisch „Schmerz“).
Die Sinnes wahrnehmungdes Schmerzes wird auch als Nozizeption bezeichnet.
Was ist „Schmerz“?
Heute wird nach der International Association for the Study of Pain Schmerz definiert als „ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder potentieller Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so beschrieben & empfunden wird, als wäre die Gewebeschädigung die Ursache für den Schmerz“. Die Empfindung Schmerz wird als komplexe Wechselwirkungenzwischen biologischen, psychischenund sozialen Faktoren angenommen ( bio-psycho-soziales Schmerz-Konzept).
Schmerz ist eine subjektive Wahrnehmung, die nicht alleine von den neuronalen Signalenaus den Schmerznervenfasern an das Gehirn be-stimmt wird.
Vielmehr sorgen Filterprozesse unseres ZNS (Zentralnervensystem) dafür, dass eine körperliche Schädigung nicht zwangsläufig zu Schmerz führt ( Stressanalgesie; z. B. werden Verletzungen während eines Verkehrsunfalls, Wettkampfes, im Gefechtoder beim Geschlechtsverkehroft nicht bemerkt) und umgekehrt Schmerzen auch ohne körperliche Schädigung bestehen können (z. B. Phantom-Schmerz).
Schmerz ist demnach das, was der Patientals solchen empfindet und ‚erlebt’ (Schmerzerleben) und in welchem Ausmaß er vom Schmerz in seinen Aktionen tangiert ist/wird (Schmerzbeeinträchtigung/Schmerz-Leidensdruck).
Dabei kann es zu Verständigungsschwierigkeit zwischen ihm und dem Behandelnden über das Leiden kommen, weil es sich um eine stark subjektiv gefärbte Wahrnehmung handelt. Unabhängig von der persönlichen Fähigkeit, sie verständlich und eindeutig dem Behandelnden mitzuteilen.
Zusammengefasst:
Nach einer weitverbreiteten Definition spricht man von chronischem Schmerz, wenn er länger als sechs Monate andauert .
Mit zunehmender Dauer wirken sich Schmerzen beeinträchtigend auf die Psyche, aber auch auf Familie, Freundeskreis und die berufliche Situation aus. Chronischer Schmerz kann sich also zu einem eigenständigen psycho-sozialen Krankheitsbild, der Schmerz-Krankheit, entwickeln.
Schmerzgedächtnis, Schmerzerleben,
Schmerz-Beeinträchtigung &
Schmerz-Kontroll-System
Im Zentrum der Schmerz-C hronifizierungsteht das Schmerz-Gedächtnis.
Die sensiblen Nervenzellen sind genauso lernfähig wie das Groß-hirn. Wenn sie immer wieder Schmerzimpulsen ausgesetzt sind, verändern sie ihre Aktivität. Jetzt reicht schon ein leichter, sensibler Reiz, wie eine Berührung, Wärme oder Dehnung aus, um als Schmerz-Impuls registriert und als unangenehm empfunden zu werden.
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