Greil Marcus - Lipstick Traces

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Der Klassiker der Kulturgeschichte erstmal asl E-book, mit komplett überarbeiteter und neu kommentierter Bibliografie und Diskografie
Greil Marcus begann seine Arbeit an »Lipstick Traces« aus Begeisterung für die Sex Pistols: jener Skandal-Band, die 1975 als radikales Statement erfunden wurde. »Ich bin ein Antichrist!«, schrie Johnny Rotten – wie kam eine solche Selbstbezichtigung in die Welt des Pops? Auf der Suche nach Antworten führt Marcus auf die dunklen Pfade der Gegengeschichte, eine Route voller Gotteslästerungen, Abenteuer und Überraschungen.
Und obwohl die Sex Pistols hier den Anfang und das Ende markieren, ist »Lipstick Traces« kein Buch über Punk. Es geht vielmehr um ein Aufbegehren, das sich in den unterschiedlichsten Momenten in der Geschichte beobachten lässt: Marcus erzählt u. a. von den Häretikern des Mittelalters, von den Dadaisten, die Totenmasken trugen und in Zungen sprachen; von einem Jugendlichen, der 1950 die Ostermesse in Notre-Dame stürmte, um den Tod Gottes zu verkünden, von den Situationisten, die prophetische Graffiti und die provokanteste Gesellschaftskritik der 1950er- und 1960er-Jahre produzierten; von den Student:innen und Arbeiter:innen im Mai 1968, die kryptische Parolen auf die Stadtmauern kritzelten und Frankreich zum Stillstand brachten, und natürlich von den Sex Pistols, die nicht weniger als »Anarchy in the UK« forderten.
Marcus arbeitet mit selten zitierten Aufsätzen, Manifesten und Filmen, mit Fotos, Dada-Gedichten, Punk-Songs und Klassikern von Marx bis Adorno und führt in eine verborgene Tradition ein, die fiktiv erscheinen würde, wenn sie nicht eine gemeinsame Haltung zur Welt einen würde: Utopie, Ablehnung, Aufbegehren … und plötzliches Verschwinden, wie die Spuren von Lippenstift auf einer Zigarette …

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Wegen Johnny Rottens lächerlicher Proklamation – wenn man so will, war er von seinem ersten auf Platte festgehaltenen Moment an ein heruntergekommener alter Mann im Regen, der seine irren Worte ausstoßen will (»I want to destroy passers-by«, krächzt der Antichrist und liest von seinem schmierigen Blatt Papier ab, »Ich will Passanten vernichten«; am besten macht man einen großen Bogen um den Penner) – kreischten Teenager Philosophie, verfassten Schläger Gedichte, entmystifizierten Frauen das Weibliche, benannte sich ein nettes jüdisches Mädchen namens Susan Whitby in Lora Logic um und erklomm die in einen Nebel von Gewalt und Chaos gehüllte Bühne im Roxy . Jeder schrie an der Melodie vorbei, dann am Reim, dann an den Harmonien, dann am Rhythmus, dann am Beat, bis der Schrei zum Grundprinzip, manchmal zum einzigen Prinzip der Sprache wurde. Alte Flüche wurden als Übermittler vergessener Verwünschungen, die wiederum verschüttete Wünsche enthielten, zu Plastikscheiben von sieben Zoll Durchmesser gepresst, in der Hoffnung, jemand würde die Codes knacken, von denen die Sprecher selbst nicht wussten, dass sie sie übermittelten.

Langsam fragte ich mich, woher diese Stimme kam. Zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich ab Ende 1975, fand an einem bestimmten Ort – erst London, dann überall in Großbritannien, dann hier und da auf der ganzen Welt – eine Negation aller gesellschaftlichen Fakten statt, die eine Behauptung beinhaltete, dass alles möglich war. »Ich sah die Sex Pistols«, sagte Bernard Sumner von Joy Division (später, nach dem Selbstmord ihres Sängers, New Order). »Sie waren schauderhaft. Ich fand sie großartig. Ich wollte aufstehen und auch schauderhaft sein.« Künstler machten sich zum Narren, zogen über ihre Vorfahren her und bespuckten ihr Publikum, das zurückspuckte. Ich fragte mich, woher diese Gesten kamen. Letztlich war es nichts anderes als ein künstlerisches Statement, doch solche Statements sind selten, in welcher Form auch immer sie übermittelt und rezipiert werden. Ich wusste eine Menge über Rock ’n’ Roll, aber darüber wusste ich nichts. Kamen die Stimme und die Gesten aus dem Nirgendwo, oder gab es eine Art Initialzündung? Und wenn sie gezündet wurden, wie und wodurch?

EIN ZWANZIGJÄHRIGER

steht vor einem Mikrofon, erklärt sich zu einem alles verzehrenden Dämon und macht dann alles um sich her nieder … legt es in Schutt und Asche. Den Ansprüchen der Gesellschaft verweigert er sich mit Gelächter, und mit einer Vokalverschiebung, so gewaltsam, dass sie pure Freude auslöst, zieht er seiner Gesellschaft die Geschichte unter den Füßen weg. Die Früchte westlicher Zivilisation reduziert er auf eine Reihe von Guerilla-Abkürzungen, die grüne und liebliche Insel England zu einem Häuserblock Sozialwohnungen. »Unsere Architektur ist so banal und destruktiv für den menschlichen Geist, dass einen bereits der Gang zur Arbeit in Depressionen stürzt. Die Straßen sind schäbig, eklig und müllbedeckt, der Beton fleckig vom Regen und graffitibeschmiert, die Treppenhäuser der Experimente sozialer Ingenieurskunst von Scheiße, Junkies und Graffiti übersät. Niemand verlässt sein Zimmer. Es gibt keinerlei Gemeinschaftsgefühl, weshalb alte Leute verzweifelt und einsam sterben. Die Lebensqualität ist gesunken« – das stammt nicht von Johnny Rotten aus der Zeit, als er 1976 »Anarchy in the U.K.« aufnahm, sondern von »Saint Bob« Geldof (der als Organisator einer Kampagne von Popmusikern gegen den Hunger in Afrika 1986 beinahe den Friedensnobelpreis bekommen hätte), der damit die Gesellschaftskritik von »Anarchy in the U.K.« 1985 wiederholte. Genau das sagte dieser Song, zu einem bissigen Eintopf zusammengekocht … bloß dass es nicht weinerlich klang, wenn ihn die Sex Pistols vortrugen, sondern sardonisch-vergnügt.

Is this the em pee el ay

Or is this the yew dee ay

Or is this the eye rrrrrr ay

I thought it was the yew kay

Or just

Another

Country

Another council tenancy!

Es war der Sound der einstürzenden Stadt. Aus dem wohlüberlegten, beabsichtigten Lärm, in dem die Worte sich so überschlugen, dass man sie kaum auseinanderhalten konnte, hörte man, wie gesellschaftliche Fakten zerfielen; wenn Johnny Rotten seine Rs rollte, klang es, als hätte er nadelspitz zurechtgefeilte Zähne. Dieser Code musste nicht entschlüsselt werden: Wer kannte schon die MPLA, und wen kümmerte es? Die Welt kurz und klein schlagen, das klang nach Spaß. Es hörte sich nach Freiheit an. Es war die Freiheit, zur Feier der Nachricht, in San Diego habe ein junges Mädchen namens Brenda Spencer in ihrer High-School um sich geschossen und drei Menschen getötet, weil sie keine Montage mochte, einen Song zu schreiben – wie es Bob Geldof tat.

»I Don’t Like Mondays« war ein Hit; in den USA hätte er die Nummer Eins werden können, wäre nicht Brenda Spencers Recht auf ein faires Gerichtsverfahren dazwischengekommen. Zu schade … stand ein Song wie »I Don’t Like Mondays« nicht für alles, was »Punk« ausmachte, wie man die von den Sex Pistols hervorgebrachte, vermutlich nihilistische Musik nennen sollte? Aber was machte sie aus? Im Verlauf eines Interviews klingt Geldofs Version von »Anarchy in the U.K.« ebenso wie die Erklärungen, die Johnny Rotten 1976 und 1977 für Interviewer parat hatte, völlig rational. Aber auf Schallplatte erinnern einen sowohl Fleischfresser Johnny als auch Saint Bob an die Worte des Surrealisten Luis Buñuel; der nannte, wie die Filmkritikerin Pauline Kael schreibt, »einmal diejenigen, die Un Chien andalou lobten, ›jenen Haufen Kretins, die den Film schön oder poetisch finden, obwohl er im Grunde genommen ein verzweifelter und leidenschaftlicher Aufruf zum Mord ist‹«.

Es geht um Nihilismus … doch »Anarchy in the U.K.« war, wie ein Fan gern glauben möchte, etwas anderes: eine Farce zum Zwecke der Negation. »›Anarchy in the U.K.‹ ist ein Ausdruck von Selbstbestimmung, von höchster Unabhängigkeit, von Die-Dinge-selbst-in-die-Hand-nehmen«, sagte Malcolm McLaren, der Manager der Sex Pistols, und was immer das heißen mochte ( was selbst in die Hand nehmen?), Nihilismus war es nicht. Nihilismus ist der Glaube an nichts und der Wunsch, nichts zu werden; das Vergessen ist seine Hauptleidenschaft. Seine beste Darstellung findet sich in Tulsa von Larry Clark, seinen fotografischen Memoiren über Jugendliche in den frühen sechziger Jahren, die sich lieber mit Speed zu Tode spritzen, als so zu werden, wie sie bereits aussahen: Charley Starkweathers und Caril Fugates aus Tulsa, Oklahoma. Nihilismus kann in der Kunst zwar eine Stimme, aber niemals Befriedigung finden. »Wir spielen hier nicht Theater, Larry«, sagte einer seiner Nadelkumpane zu ihm, als er einmal ein Foto zu viel geschossen hatte. »Das ist das beschissene echte Leben.« »Andere glaubten also, es sei kein Theater«, erinnerte sich Clark Jahre später, »ich schon« – obwohl er mitgemacht und einen Selbstauslöser benutzt hatte, um zu fotografieren, wie das Blut an seinem Arm runterlief.

Nihilismus bedeutet, die Welt in ihren eigenen selbstverzehrenden Impuls einzuschließen; die Negation als Tat macht jedem klar, dass die Welt nicht so ist, wie sie zu sein scheint … doch nur wenn diese Tat derart weitgreifend angelegt ist, dass sie die Möglichkeit offenlässt, die Welt könnte ein Nichts sein, Nihilismus wie Schöpfung könnten sich dieses plötzlich leeren Terrains bemächtigen. Ganz gleich wie viele Menschen der Nihilist (oder die Nihilistin) töten mag, sie bleiben immer Solipsisten: Keiner existiert außer dem Handelnden, und nur die Motive des Handelnden sind real. Wenn der Nihilist den Abzug betätigt, den Gashahn aufdreht, Feuer legt, die Ader trifft, endet die Welt. Negation ist immer politisch: Sie setzt die Existenz anderer Menschen voraus, ja ruft sie erst ins Leben. Dennoch sind die Werkzeuge, die zu benutzen der Negationist sich offenbar gezwungen sieht – echte oder symbolische Gewalt, Blasphemie, Ausschweifung, Verächtlichmachung, Verspottung – auch die des Nihilisten. Als Negation ließ sich »Anarchy in the U.K.« in Interviews rational übersetzen: Da er zu beweisen versucht, dass die Welt nicht so ist, wie sie zu sein scheint, erkennt der Negationist, dass die Welt für andere so ist, wie sie zu sein scheint. Doch als »Holidays in the Sun«, die vierte und letzte Single der Sex Pistols, im Oktober 1977 auf den Markt kam, wurden solche »Übersetzungen« weder angeboten, noch waren sie möglich.

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