Tabatha konnte nicht anders, sie begann laut zu lachen. Wenn sie vor ein paar Wochen an Jasons Stelle gewesen wäre, hätte sie dasselbe gedacht. âOh verdammtâ, rief sie.
âWem sagst du dasâ, meinte Jason kichernd. âJacob und ich haben Wetten darüber abgeschlossen, ob es SMS-Nachrichten geben wird, wenn sie das Vieh finden.â
âBist du sicher, dass du nicht eine von Kats Spezialitäten getrunken hast?â, fragte sie, noch immer lachend.
âIch trinke nicht in der Arbeitâ, rief Jason und Tabatha hörte Jacobs Lachen im Hintergrund. âAlso, wann kommst du wieder in die Arbeit?â
Tabatha zuckte die Schultern. âIch weià es noch nicht. Ich brauche noch ein paar Tage, und ich muss meine Urlaubstage aufbrauchen.â
âIn Ordnung, aber wir vermissen dich. Es ist einfach nicht dasselbe hier, wenn es kein hübsches Gesicht gibt, das das Büro ein wenig aufhellt. Jetzt habe ich nur Jacob und er ist nicht wirklich ein Blickfang.â
âIch habe euch auch vermisstâ, sagte Tabatha, und sie meinte es auch. âWir treffen uns mal, dieser Tage.â
Jason schwieg zwei Sekunden, und Tabatha wusste instinktiv, was kommen würde. âWie geht es Envy?â
âIhr geht es auch gut. So wie ich, hat sie einfach ein paar Tage Urlaub gebraucht.â Sie biss sich auf ihre Lippe, als mehrere Sekunden Stille folgten.
âIst es wahr?â, fragte Jason.
âIst was wahr?â, fragte Tabatha und versuchte, so zu klingen, als hätte sie keine Ahnung, wovon er sprach.
âIst Envy wirklich mit Devon Santos zusammen?â Jasons Knöchel wurden weiÃ, als er den Hörer ein wenig fester umklammerte.
Tabatha seufzte, sie wusste, dass dies Jason sehr wehtun würde, aber bis zu einem gewissen Grad, war es auch seine Schuld. Jemand, der so süà war, sollte sich nie in das Mädchen verlieben, das ihn als besten Freund und Bruder ansah.
âJa, es ist wahrâ, sagte Tabatha mit weicher Stimme. âIch weiÃ, dass sie dich nicht verletzen wollte. Sie mag dich wirklich sehr⦠du weiÃt schon.â
Jason atmete langsam aus und Tabatha hatte Mitleid mit ihm. Er war schon so lange hinter Envy her, dass sie die einzige Frau war, die er je angesehen hatte. Jetzt war sie auÃerhalb seiner Reichweite, aber das würde Tabatha ihm nicht erzählen. Das musste Envy selbst tun.
âIch weiÃ, dass sie das nicht wollteâ, sagte Jason schlieÃlich. âIch schätze, ich hätte es mir denken sollen, als sie nicht einmal bemerkt hat, dass ich mit ihr flirtete.â
âSie hat es bemerkt, Jasonâ, sagte Tabatha. âAber sie hatte Angst, dass es eurer Freundschaft schaden könnte.â
Jason schnaubte. âJa, ich nehme an, das hätte es, aber man kann es einem Mann nicht übelnehmen, dass er träumt, nicht wahr?â
âIch kann dir eine Menge Dinge übelnehmenâ, hörte Tabatha Jacob im Hintergrund sagen.
âHalt's Maul, verdammtâ, knurrte Jason gespielt wütend und Tabatha hörte, wie er die Stuhlbeine schwungvoll auf den Boden setzte. âTabatha, ich rufe dich später an. Das Kind hier hat beschlossen, Papierkugeln auf mich zu schieÃen.â
Tabatha kicherte und nickte. âOkay, wir reden später.â
Sie beendete den Anruf und saà einen Augenblick lang da, bevor sie das Telefon wieder in das Ladegerät steckte. Als sie sich nun wieder in der Wohnung umsah, fühlte sie sich nicht mehr ganz so einsam. Jason würde ihre Freundschaft jetzt mehr denn je brauchen, und gebraucht zu werden half ihr, sich besser zu fühlen.
Sie stand auf, streckte ihre Arme über ihren Kopf in die Luft und ging zurück zu ihrem Zimmer. Nachdem sie sich ausgezogen hatte, zog sie eine Männer-Boxershorts und ein ärmelloses Top an, bevor sie sich in die kühle, bekannte Weichheit ihres Bettes sinken lieÃ.
Dieses Mal versuchte sie nicht, die Szene aufzuhalten, die sich in ihrem Kopf abspielte, als sie einschlief. SchlieÃlich musste sie herausfinden, was sie bedeutete, und sie würde nicht weggehen, solange sie es nicht wusste⦠also wieso sollte sie dagegen ankämpfen? Sie versank in der Dunkelheit des Schlafs während sie noch immer durch die Kirche und in Kanes Augen starrte.
*****
Jewel ging in Stevens Schlafzimmer auf und ab. Ihre Arme vor ihrer Brust verschränkt hatte sie wieder begonnen, Nägel zu beiÃen, etwas, das sie seit ihrer Kindheit nicht mehr getan hatte.
âDies ist meine Schuldâ, sagte sie leise und versuchte, das Bild ihres Vaters, gekreuzigt über dem Altar derselben Kirche, die er den GroÃteil seines Lebens besucht hatte, abzuschütteln. Wie oft hatte er dort gebetet, direkt unter dem Ort, wo er gestorben war? Sie hatte gewusst, dass Anthony gemein war, aber dies war sadistisch.
Steven sah zu, wie die Frau auf und ab lief und konnte sogar sehen, wie sich ihre Lippen bewegten, als sie geräuschlos in ihrem Kopf Hasstiraden loslieÃ. Er streckte seine Hand aus und legte sie beschützend auf ihren Arm in der Hoffnung, sie zu beruhigen. âJewel, nichts davon ist deine Schuld.â
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen, als sie auf die Hand hinunter sah, dann schenkte sie ihm einen bösen Blick. âDu hast teilweise sogar recht. Es ist ebenso sehr deine Schuld, wie meine. Und jetzt, wo Papa tot ist, brauche ich Anthony nicht mehr zu heiraten und damit muss ich garantiert nicht mehr mit dir verheiratet bleiben.â
Jewel drehte sich von ihm weg, sodass seine Hand hinunterfiel. Das Letzte, was sie im Moment brauchte, war, von ihren Sünden reingewaschen zu werden⦠sie war schuldig wie der Teufel. Sie hatte Anthony die Nägel gegeben, mit denen er ihren eigenen Vater gekreuzigt hatte.
Steven würde es nicht zugeben, aber ihre Worte trafen ihn hart. Er antwortete auf die einzige Art, die er sich im Augenblick vorstellen konnte, nachdem sie offensichtlich keine ermutigenden oder liebevollen Worte hören wollte.
âMeinst du wirklich, dass Anthony dich nicht mehr verfolgen wird, nur weil er deinen Vater umgebracht hat?â, rief Steven. Er wusste, dass er recht hatte, und dass sie nicht eine verdammte Sekunde auf ihn hören würde.
âEr hat meinen Vater getötet⦠ich habe mit dem Teufel getanzt, weil ich wollte, dass mein Vater in Sicherheit und am Leben war. Wenn Anthony es jetzt wagt, in meine Nähe zu kommen, werde ich ihm seinen verdammten Kopf vom Hals schlagen.â Jewel fühlte sich so merkwürdig. Es war, als wäre sie nach auÃen hin völlig ruhig, während sie innerlich wie verrückt zitterte.
Sie hatte stundenlang geweint, aber ihre Wut hatte sie schlieÃlich wieder nüchtern gemacht. Sie hatte genug Tränen vergossen. Jetzt war es Zeit, ihr Leben wieder zurückzuholen. Sie hatte sich einen Plan überlegt, wie sie Anthony eine Falle stellen konnte, und sie hoffte, dass Steven recht hatte⦠dass Anthony sie holen kommen würde, denn sie würde dafür bereit sein.
âIch kann dich nicht gehen lassenâ, erklärte Steven. Wenn sie sich nicht selbst schützen würde, dann war es seine Pflicht als ihr Partner⦠es für sie zu tun. Er sah zu, wie ihre rot umrandeten Augen sich auf ihn richteten, und seinen Blick auffingen.
âDann bist du um nichts besser als Anthony und ich werde dich den Rest meines Lebens hassenâ, sagte sie stur. Sie wollte, dass Steven auf sie wütend wurde, sie hinauswarf und sich seine Hände von ihr wusch. Wenn er das machte⦠dann würde Anthony ihn vielleicht nicht ebenso töten wie ihren Vater. Sie wollte nicht die Schuld an noch mehr schrecklichen Morden haben, es sei denn, das Opfer war Anthony⦠sie würde mit Freude die Schuld daran auf sich nehmen.
Читать дальше