Wer ist der Beste?
Michèle Darby
© Michèle Darby, 2021
ISBN 978-5-0055-0928-4
Erstellt mithilfe des Intelligenten Verlagssystems Ridero
Es war Sommer, Mitte Juni. Der Tag war heiß. Die Sonne schien hell. Inmitten von dichten Wäldern, grünen Feldern und Wiesen versteckte sich ein kleines Dorf namens Lichtenberg vor dem Lärm der Stadt. Was sich dort einst ereignet hat, darum geht es hier in dieser Geschichte.
In diesem Dorf wohnte jahrelang ein fleißiger Mann namens Clemens, etwa um die dreißig und ein bisschen. Er hatte eine angenehme Erscheinung, seine Augen waren blau, sein glattes blondes Haar fiel ihm auf die Schultern und sein Bart hatte einen roten Schimmer. Er war gütig und wollte eine Familie gründen, aber zu dieser Zeit hatte er noch keine Frau gefunden, die ihm ebenbürtig war.
Clemens liebte Tiere und wusste, wie man sich richtig um sie kümmert. Aus diesem Grund erwarb er den größten Bauernhof im Dorf und baute sich darauf ein schönes geräumiges Haus mit großen Fenstern, mit Blick auf das Feld und den Garten, wo Obstbäume und Blumen wuchsen.
Am Anfang holte er zu sich nach Hause einen roten Kater namens Amadeus und einen schwarzen Straßen Hund namens Barclay. Alsbald brachte er auf den Hof zwei Kühe namens Martha und Bertha sowie zwanzig Schafe, die einander so ähnlich sahen, dass sie niemand auseinanderhalten konnte. Sechs Schweine ließen sich ebenfalls auf dem Hof nieder. Sie hatten auch Namen, aber sie zu unterscheiden, war auch kein leichtes. Sie suhlten sich so gerne im Dreck, dass manchmal ihre Flecken nicht erkennbar waren. Der Hof war voller Hühner, die vom Hahn namens Onkel angeführt wurden. Dort lebte auch ein alter Esel, der auf den Namen Name Casimir hörte.
Es war ruhig auf dem Bauernhof. Einst gab Martha, die Kuh, so viel Milch, dass ihr Besitzer sie in höchsten Tönen lobte. Daraufhin kam die Kuh zu dem Schluss, dass sie besser als andere Tiere war. Am Morgen, als sie auf die Weide ging, kam sie an der verglasten Veranda des Bauernhauses vorbei und bewunderte ihr Spiegelbild. Sie mochte ihre glatte Gangart, die anmutig gebogenen Hörner, ihre großen ausdrucksvollen Augen und das samtweiche Euter. Nein, Berthas Fell könnte da nicht mithalten. Es war glanzlos und einfach nur hellbraun. Marthas Fell war hingegen weiß, mit großen und kleinen schwarzen Flecken geschmückt. Bertha dachte auch, dass Martha schön war und versuchte nicht einmal, sich mit ihr darüber zu streiten. Aus diesem Grund hielt Martha Bertha für eine Gleichgesinnte und im Gegensatz zu anderen Tieren, für ein Individuum besonderer Art. Martha behielt die Gedanken zu ihrer Schönheit und Nützlichkeit zunächst nur für sich.
Im Sommer jenes Jahres, im Juni, als am Abend alle Tiere auf dem Hof versammelt waren, teilte die Kuh Martha den anderen ihre Gedanken über ihre eigene Vollkommenheit mit. Ihr überheblicher Blick wanderte über die Schafe in der Nähe des Zauns, die friedlich Heu kauten, über die vielen Hühner, die auf dem Hof herumhuschten bis hin zum Hahn, der zwischen ihnen Regenwürmer aus dem Boden lockte. Die Schweine drehten sich im Schlamm von einer Seite auf die andere und Quickborn zufrieden. Der Hund nagte an einem Knochen und die Katze beobachtete ihn dabei. Der Esel tat wie immer nichts.
Martha, die Kuh ging zweimal um den Hof. Niemand achtete auf sie. Martha schaute angewidert.
«Hey, ihr», sagte sie zu den Schafen, «Seid ihr eigentlich nicht von euch selbst gelangweilt?» – «Ihr seht alle gleich aus!»
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